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20.07.2010 15:49

Mädchen haben häufiger psychische Probleme

Dr. Annette Tuffs Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Heidelberg

    Heidelberger Wissenschaftler präsentieren erste Ergebnisse der europaweiten Schulstudie SEYLE / Prävention von selbstschädigendem Verhalten bei Jugendlichen

    Ein Drittel aller Schülerinnen zwischen 14 und 16 Jahren im Rhein-Neckar-Kreis hat sich schon einmal absichtlich eine Schnittverletzung zugefügt; rund 18 Prozent der Schülerinnen und 8 Prozent der Schüler tun dies häufiger. Dies sind die ersten Ergebnisse einer großen Schulstudie, die die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Heidelberg im Januar 2010 in Kooperation mit zehn weiteren Zentren anderer EU-Staaten und Israel gestartet hat. Ziel der Studie ist es, psychische Probleme von Jugendlichen zu erkennen und mit gezielten Präventionsmaßnahmen selbstschädigendem Verhalten wie u.a. dem oben genannten Ritzen, Internetsucht, Drogen- oder Alkoholkonsum vorzubeugen.

    Die Ergebnisse der deutschen Teilstudie haben die Heidelberger Wissenschaftler erstmals bei einer Pressekonferenz am 19. Juni 2010 in Heidelberg präsentiert. Die Studie mit dem Titel „Saving and Empowering Young Lives in Europe (SEYLE)“ wird mit rund drei Millionen Euro von der Europäischen Union gefördert und läuft noch bis Januar 2011. Die Federführung liegt beim Karolinska-Institut in Stockholm.

    Rund 1.400 Schüler an 26 Schulen nahmen teil

    In welchem Ausmaß Schüler zwischen 14 und 16 Jahren unter psychischen Problemen leiden und wie häufig riskante und selbstschädigende Verhaltensweisen auftreten, haben die Wissenschaftler im ersten, bereits abgeschlossenen Teil der Studie untersucht: Dazu wurden in der Rhein-Neckar-Region 1.411 Schüler an insgesamt 26 Schulen – Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien – mittels Fragebogen befragt.

    Es zeigte sich, dass besonders Mädchen unter psychischen Problemen leiden: Rund ein Drittel berichtet von Depressivität, 15 Prozent hegen nach eigenen Angaben Selbstmordpläne, acht Prozent haben bereits versucht, sich umzubringen. „1,2 Prozent der befragten Mädchen gaben an, in den vergangen zwei Wochen einen Suizidversuch unternommen zu haben“, sagte der Heidelberger Studienkoordinator Dr. Michael Kaess der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Heidelberg. „Suizid ist die zweithäufigste Todesursache bei Jugendlichen in Europa“, berichtete Professor Dr. Franz Resch, Ärztlicher Direktor der Heidelberger Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie.

    Junge Männer liegen bei Drogen und Alkohol vorn: Zwölf Prozent trinken wöchentlich oder häufiger Alkohol, 15 Prozent haben schon Erfahrungen mit Drogen gemacht. Leichtsinniges Verhalten ist dagegen geschlechterübergreifend: 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler sind schon bei einem betrunkenen Fahrer mitgefahren.

    Vier verschiedene Präventionsmaßnahmen auf dem Prüfstand

    Im zweiten Schritt wurden vier konkrete Präventionsprogramme an den teilnehmenden Schulen auf ihre Wirksamkeit überprüft: In einem speziellen Training („Gatekeeper-Training“) erlernten Lehrer, gefährdete Schüler zu erkennen, anzusprechen und zu helfen. Die Schüler wurden u.a. in Rollenspielen („Awareness-Programm“) für die eigenen Gefühle sowie die Probleme der Mitschüler sensibilisiert und lernten, richtig damit umzugehen. Im „Professional Screening“ kontaktierten die Heidelberger Psychologen gefährdete Schüler telefonisch und luden sie zum Beratungsgespräch ein. Die „Minimal Intervention“ bestand lediglich aus Postern und Kontaktinformationen.

    Die ersten Erfahrungen sind positiv: Bei den Lehrern war das Interesse und der Wunsch nach weiteren Schulungen groß, die Schüler brachten sich beim „Awareness-Programm“ mit eigenen Themenvorschlägen aktiv ein. Im „Professional Screening“ identifizierten die Wissenschaftler 293 von 417 Schülern dieser Interventionsgruppe als gefährdet. 91 Jugendliche nahmen das Angebot zum Gespräch an.

    Regionale Hilfsangebote und Versorgungsstrukturen nutzen

    Welche Maßnahme effektiv zur Prävention von selbstschädigendem Verhalten der Jugendlichen beiträgt bzw. ihre psychische Gesundheit am besten fördert, soll im dritten Schritt der Studie eine weitere Fragebogenerhebung klären. Die Erhebung fand im Juni 2010 statt, ist allerdings noch nicht ausgewertet. Dass bei einer erhöhten Zahl von Jugendlichen derzeit ein Bedarf an psychotherapeutischer Behandlung vorhanden ist, berichtete Günter Wottke, stellvertretender Leiter des Jugendamtes in Heidelberg. Eine weitere Erhebung im Januar 2011 soll abschließend die Ergebnisse überprüfen.

    Alle Präventionsmaßnahmen werden in enger Zusammenarbeit mit den ambulanten, regionalen Versorgungssystemen sowie Therapeuten vorgenommen und sollen Jugendliche mit riskanten und selbstschädigenden Verhaltensweisen, deren Auftreten laut Professor Dr. Romuald Brunner, Leitender Oberarzt der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Heidelberg „oft mit einem schwierigen sozialen Umfeld verknüpft ist“, an diese regionalen Hilfsangebote und Versorgungsstrukturen heranführen. Längerfristig wird die Etablierung von effektiven Präventionsmaßnahmen für alle Schulen als fester Bestandteil der präventiven Gesundheitsförderung in Deutschland und anderen Ländern angestrebt.

    Weitere Informationen im Internet:
    Über die SEYLE-Studie:
    www.klinikum.uni-heidelberg.de/Seyle.114370.0.html
    www.klinikum.uni-heidelberg.de/ShowSingleNews.176.0.html?&no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D=4830&cHash=a832ea32e2

    Über die Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Heidelberg:
    www.klinikum.uni-heidelberg.de/Klinik-fuer-Kinder-und-Jugendpsychiatrie.106706.0.html

    Ansprechpartner:
    Dr. Michael Kaess (Projektkoordinator)
    Dipl. Psych. Katja Klug
    Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Heidelberg
    Blumenstraße 8
    69115 Heidelberg
    Telefon: 06221 / 56 36937 oder 56 36768
    E-Mail : Seyle@med.uni-heidelberg.de

    Professor Dr. Romuald Brunner
    Studienleiter und leitender Oberarzt
    Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie
    Blumenstraße 8
    69115 Heidelberg
    Tel.: 06221 / 56 6918 (Sekr.)

    Professor Dr. Franz Resch
    Ärztlicher Direktor
    Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie
    Blumenstraße 8
    69115 Heidelberg
    Tel.: 06221 / 56 6918 (Sekr.)

    Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
    Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
    Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 7.600 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 40 Kliniken und Fachabteilungen mit ca. 2.000 Betten werden jährlich rund 550.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.400 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland.

    www.klinikum.uni-heidelberg.de

    Bei Rückfragen von Journalisten:
    Dr. Annette Tuffs
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
    und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
    Im Neuenheimer Feld 672
    69120 Heidelberg
    Tel.: 06221 / 56 45 36
    Fax: 06221 / 56 45 44
    E-Mail: annette.tuffs(at)med.uni-heidelberg.de

    Diese Pressemitteilung ist auch online verfügbar unter
    www.klinikum.uni-heidelberg.de/presse

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Kooperationen
    Deutsch


     

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