München, 02. August 2010. Schnell, gezielt und direkt – Forschern des Helmholtz Zentrums München ist es gelungen, ausgewählte Gene in Mäuseembryonen gezielt zu verändern. Dank sogenannter Zinkfinger-Nukleasen* werden Mutationen ohne den Umweg über Stammzellen etabliert. Langfristig können dadurch zeitsparend und vor allem universell Genveränderungen in Säugetieren untersucht werden. Diese Ergebnisse stellen die Wissenschaftler heute online in der Early Edition der Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) vor.
Um Gene und ihre Funktionen bei Säugetieren zu verstehen, setzten Wissenschaftler bisher vor allem auf das Modellsystem Maus. Dafür erzeugen sie Mutationen in Stammzellen. Diese Veränderungen müssen anschließend in Chimären und dann in Embryonen etabliert werden. Am Helmholtz Zentrum München haben Prof. Dr. Wolfgang Wurst und sein Forscherteam einen schnelleren Weg gefunden. Ihnen ist es gelungen, mittels Zinkfinger-Nukleasen* und ausgewählter Genfragmente gezielte Veränderungen – direkt in befruchteten Eizellen der Maus – vorzunehmen. Vorteil der Methode: Neben der Zeitersparnis und dem höheren Grad an Effizienz ist vor allem die Anwendbarkeit auf andere Säugetierzellen zukunftsweisend.
Werkzeuge für die Umsetzung sind künstlich hergestellte Zinkfinger-Nukleasen*. Die Enzyme erlauben es, die DNS an genau der gewünschten Stelle aufzuschneiden. Zusammen mit Genstücken, die die zu untersuchenden Veränderungen enthalten, werden die Enzyme direkt in einzellige Mäuseembryonen injiziert. Das zelleigene Reparatursystem baut mit einer Häufigkeit von 1,7 bis 4,5 Prozent Häufigkeit das gewünschte Genfragment in die Mäuse-DNS ein. So haben die Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München bereits vitale Mäuse mit gezielt ausgetauschten Genen gezüchtet.
Jetzt arbeiten die Forscher daran, die Wirksamkeit der Methode zu verbessern. Sie untersuchen außerdem die Anwendbarkeit auf andere Organismen, damit den Wissenschaftlern neben Mäusen weitere Modellsysteme zur Verfügung stehen. Gleichzeitig verheißt die Methode auch neue Ansatzmöglichkeiten für Therapeutika. „Denn“, so Professor Wurst, „langfristig ist denkbar, dass so nicht nur neue Gene eingebracht, sondern auch Defekte gegen Gesunde ausgetauscht werden können.“
Weitere Informationen
*Hintergrund
Zinkfinger-Nukleasen: Enzyme, die Zinkfinger-Proteine schneiden und damit DNS-Brüche induzieren. Zinkfinger-Proteine lagern sich sehr spezifisch an bestimmte Stellen der DNS an.
Originalveröffentlichung: Melanie Meyer, Martin Hrabé de Angelis, Wolfgang Wurst und Ralf Kühn (2010): Gene targeting by homologous recombination in mouse zygotes mediated by zinc-finger nucleases. Proceedings of the National Academy of Sciences; Early Edition, online am 02.08.2010
Das Institut für Entwicklungsgenetik beschäftigt sich mit der funktionellen Analyse des Säugetiergenoms, vor allem der Entwicklung von Tiermodellen, die zum Studium der Patho-genese von Erkrankungen eingesetzt werden können, sowie der Entwicklung von Methoden zur Analyse der Genfunktion in Säugetieren und Fischen. Zentrales Ziel ist es, genetisch determinierte Krankheiten des zentralen Nervensystems, des Auges und des Skeletts zu erforschen und die molekularen Mechanismen zu erkennen, welche die Embryonalentwick-lung steuern.
Das Helmholtz Zentrum München ist das deutsche Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt. Als führendes Zentrum mit der Ausrichtung auf Environmental Health erforscht es chronische und komplexe Krankheiten, die aus dem Zusammenwirken von Umweltfaktoren und individueller genetischer Disposition entstehen. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 1700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens auf einem 50 Hektar großen Forschungscampus. Das Helmholtz Zentrum München gehört der größten deutschen Wissenschaftsorganisation, der Helmholtz-Gemeinschaft an, in der sich 16 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit insgesamt 30.000 Beschäftigten zusammengeschlossen haben. www.helmholtz-muenchen.de
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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