idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
13.10.2010 11:48

Wann ist eine Tierart eine Tierart?

Sonja von Brethorst Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

    TiHo-Forscher stellen Konzept zur Arterkennung vor

    Privatdozentin Dr. Heike Hadrys aus dem Institut für Tierökologie und Zellbiologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover hat mit ihrer Arbeitsgruppe ein Konzept entwickelt, das eine objektive Einordnung neuer Tierarten ermöglicht. Sie stellen die Methode im Fachmagazin „Molecular Ecology“ (September 2010, Vol. 19, Heft 18) beispielhaft an zwei neu entdeckten Libellenarten vor.

    Fast täglich entdecken und beschreiben Wissenschaftler neue Tierarten, das heißt, die Anzahl der bekannten und benannten Arten auf der Erde nimmt ständig zu. Die Unterschiede zwischen Tieren können mit genetischen Untersuchungsmethoden viel schneller und präziser aufgedeckt werden als mit traditionellen morphologischen Methoden. Aber wie groß müssen genetische Unterschiede zwischen Tieren sein, damit sie als getrennte Arten akzeptiert werden können? Der neue Ansatz schlägt vor, dass genetische Daten alleine nicht ausreichen. Dr. Heike Hadrys erklärt ihr Konzept, den „Taxonomischen Zirkel“: „Grundlage unseres Konzeptes ist, dass mindestens zwei Merkmalsbereiche der untersuchten Tiere klare Unterschiede zeigen. Das können beispielsweise Genetik und Morphologie oder Genetik und Ökologie sein. Damit wird der Streit um das Ausmaß der genetischen Distanz, die eine Art definiert, hinfällig.“

    Gemeinsam mit Dr. Sandra Damm hat Hadrys den „Taxonomischen Zirkel“ getestet. Über sechs Jahre haben sie an 14 Orten in sieben afrikanischen Staaten unter anderem Proben der Segellibelle Trithemis stictica gesammelt. Während dieser Arbeiten konnten sie zwei neue Libellenarten entdecken, die ihnen als Modellorganismen für den „Taxonomischen Zirkel“ dienen. Bisher wurden alle bekannten Populationen, die in Südafrika, Kenia, Tansania, Botswana, Sambia und Namibia vorkommen, einer Art, nämlich Trithemis stictica, zugeordnet. Hadrys berichtet: „Zu unserer großen Überraschung müssen diese wunderschönen Tiere, obwohl sie äußerlich alle gleich aussehen, jetzt in mindestens drei Arten aufgeteilt werden.“ Die TiHo-Forscherinnen haben zahlreiche genetische, phylogenetische, morphologische und ökologische Daten ausgewertet und konnten für die zwei neuen Arten signifikante genetische und ökologische Unterschiede nachweisen. Äußerlich sehen die drei Arten gleich aus. Mit der Beschreibung der zwei neuen Segellibellen-Arten ist es erstmals gelungen, ein objektives und standardisierbares Konzept zu erarbeiten, das Tierarten auch dann als neue Arten erkennt, wenn morphologisch keine Unterschiede bestehen.

    In fast allen Tiergruppen gibt es Arten, die kryptisch sind, also morphologisch unscheinbar oder verborgen (sogenannte „kryptische Arten“). Dieses neue Konzept könnte also für die zukünftige Erfassung von Biodiversitäten und die Erkennung von schützenswerten Einheiten im Arten- und Naturschutz zu einem unersetzbaren Instrument werden. Eine große Herausforderung für die Wissenschaftler aber bleibt: Wenn „kryptische Arten“ äußerlich nicht erkennbar sind, müssen zukünftig schnelle DNA-Sequenziergeräte im Taschenformat entwickelt werden, um im Freiland Fernglas und Lupe zu ersetzen.

    Fotos der neu entdeckten Arten finden Sie unter
    http://www.tiho-hannover.de/aktuelles-presse/

    Für weitere Informationen stehen Ihnen gern zur Verfügung:

    PD Dr. Heike Hadrys
    Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
    Institut für Tierökologie und Zellbiologie
    Tel.: +49 511 953-8487
    E-Mail: heike.hadrys@ecolevol.de

    Dr. Sandra Damm
    Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
    Institut für Tierökologie und Zellbiologie
    Tel.: +49 511 953-8485
    E-Mail: sandra.damm@ecolevol.de


    Bilder

    Männliches Individuum der neu entdeckten Libellen-Art Trithemis morrissoni. Aufgenommen am Sambesi Fluss in Sambia.
    Männliches Individuum der neu entdeckten Libellen-Art Trithemis morrissoni. Aufgenommen am Sambesi F ...
    J. Kipping, TiHo
    None

    Weibchen der neu entdeckten Libellen-Art Trithemis palustris. Aufgenommen im Okavango-Delta in Botswana.
    Weibchen der neu entdeckten Libellen-Art Trithemis palustris. Aufgenommen im Okavango-Delta in Botsw ...
    J. Kipping, TiHo
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Tier / Land / Forst
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Männliches Individuum der neu entdeckten Libellen-Art Trithemis morrissoni. Aufgenommen am Sambesi Fluss in Sambia.


    Zum Download

    x

    Weibchen der neu entdeckten Libellen-Art Trithemis palustris. Aufgenommen im Okavango-Delta in Botswana.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).