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18.10.2010 13:35

Akuter Schmerz: (Zu) viele leiden unnötig - Global Year against Acute Pain beginnt

Meike Drießen Pressestelle
Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS)

    Schmerzen sind in der Natur überlebenswichtig – akute Schmerzen im Krankenhaus in den meisten Fällen dagegen nicht: Hier verlangsamen sie zum Beispiel den Heilungsprozess nach einer Operation, verursachen Komplikationen und werden nicht selten chronisch, wenn sie unzureichend behandelt werden. Die Internationale Schmerzgesellschaft IASP (deutsche Sektion ist die DGSS) widmet daher das nächste „Global Year against Pain“, das am 18. Oktober beginnt, dem Kampf gegen akute Schmerzen.

    Internationale Studien haben gezeigt, dass die Therapie von akuten Schmerzen noch weit hinter dem zurückliegt, was wünschenswert wäre. Obwohl ein ausreichendes Schmerzmanagement im Krankenhaus machbar ist, wird es in den meisten Fällen noch nicht umgesetzt.

    Patienten liegen länger flach

    Mehr als 80 Prozent der Patienten in deutschen Krankenhäusern erleiden unnötig starke Schmerzen. Das hat eine Befragung bei über 4.000 Patienten durch das Team des Projekts „Schmerzfreies Krankenhaus“ 2004 bis 2006 ergeben. Sowohl auf konservativen als auch auf chirurgischen Stationen gaben mehr als die Hälfte der Patienten an, unerträgliche Schmerzen zu haben. Das Zähne-zusammenbeißen hat Folgen: Wer Schmerzen hat, atmet flach – Lungenentzündungen können die Folge sein. Wenn jede Bewegung schmerzt, liegen Patienten länger „flach“, erholen sich langsamer, werden schlapp. Nicht zuletzt liegen chronischen Schmerzen oft mangelhaft behandelte akute Schmerzen zugrunde. Ist der Schmerz erst einmal chronisch geworden, durchleiden Patienten oft jahrelange Leidensgeschichten und verursachen hohe Kosten für die Sozialkassen.

    Bessere Versorgung

    Die internationalen Schmerzexperten fordern daher eine bessere Therapie akuter Schmerzen in Notaufnahmen, im Krankenhaus, nach Operationen und an der Schnittstelle zwischen Krankenhaus und hausärztlicher Versorgung. Sie fordern u.a. mehr Studien zum Akutschmerzmanagement, die unter realistischen Bedingungen durchgeführt werden (auch mit älteren Patienten, die an mehreren Krankheiten leiden) und Kosten-Nutzen-Faktoren einbeziehen.

    Verständliche Leitlinien

    Leitlinien zum Schmerzmanagement sollen in einer Sprache verfasst sein, die für alle Mitglieder medizinischer Teams verständlich ist, und vor Ort verfügbar sein. Stetige Evaluation und Anpassung sollten selbstverständlich sein. Patienten, Angehörige und die Öffentlichkeit sollten informiert sein und zusätzliche Möglichkeiten der Schmerzlinderung kennen.

    Bessere Bezahlung

    Neben der Umsetzung ist – auch in Deutschland – die Bezahlung der Akutschmerztherapie in Krankenhäusern ein weiteres Problem, da zusätzliche Erlöse für eine komplexe Akutschmerztherapie nicht vorgesehen sind. So fehlen in vielen Kliniken auch finanzielle Möglichkeiten für die Akutschmerzbehandlung, die somit immer noch auf das Engagement einzelner Personen und klinikinterner Absprachen angewiesen ist. Ähnliches gilt in vielen Ländern auch für die Ausbildung der an der Behandlung von Schmerzpatienten; Akutschmerzmanagement soll deshalb laut Experten Pflichtbestandteil der Ausbildung für Mediziner und Pflegepersonal werden.

    Aktivitäten in Deutschland

    In Deutschland sind alle diese Probleme im Zusammenhang der Akutschmerztherapie nicht unbekannt. Wissenschaftliche und klinische Akutschmerzexperten u.a. aus der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS), der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) arbeiten deshalb schon seit Jahren an neuen und effektiven Therapiemöglichkeiten und geeigneten Umsetzungsstrategien im Rahmen der Akutschmerztherapie. Der Arbeitskreis Akutschmerz der DGSS führt seit mehreren Jahren bundesweit einen Intensivkurs „Akutschmerztherapie“ durch. Projekte wie das „Schmerzfreie Krankenhaus“, die „Initiative Schmerzfreie Klinik“ und das Benchmarkprojekt „QUIPS“ (Qualitätsverbesserung in der postoperativen Schmerztherapie) sind für Patienten ein Hinweis, dass die teilnehmenden Klinken sich besonders intensiv um eine Qualitätsverbesserung der Akutschmerztherapie bemühen.

    Chirurgen und Anästhesisten ziehen an einem Strang

    Klinisch ziehen seit einigen Jahren Chirurgen und Anästhesisten gemeinsam an einem Strang, um die Therapie akuter postoperativer Schmerzen voranzutreiben; offizielles Organ hierfür ist ein vor einigen Jahren gegründeter gemeinsamer Arbeitskreis postoperativer Schmerzen der DGAI und DGCH mit ihren Berufsverbänden. Die DGSS stellt darüber hinaus allen Medizinfakultäten ein 14-stündiges Kerncurriculum Schmerztherapie zur Verfügung, das von vielen schon eingesetzt wird.

    Geplante Aktionen

    Trotz allem gibt es noch sehr viel zu tun. Die DGSS plant im Global Year against Acute Pain folgende Veranstaltungen und Aktionen:

    • Tag des Akutschmerzes: Ein Aktionstag für Patienten und ihre Angehörigen
    • Spezielles Symposium zum Globalen Jahr des Akutschmerzes im Mai/Juni 2011 in Berlin
    • Lokale Aktionen an Kliniken in Deutschland

    Mehr Informationen: Link auf DGSS-Webseite: http://www.dgss.org
    und: http://www.iasp-pain.org

    Informationen zum Projekt „Schmerzfreies Krankenhaus“: http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&id=78168

    Informationen zu „Initiative Schmerzfreie Klinik
    http://www.tuv.com/de/vorgehensweise_initiative_schmerzfreie_klinik.html

    Informationen zur Quips:
    http://www.quips-projekt.de

    Ansprechpartner

    Prof. Dr. Rolf-Detlef Treede, Präsident der DGSS, Lehrstuhl für Neurophysiologie, Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg, Ludolf-Krehl-Str.13-17, 68167 Mannheim, Tel.: 0621-383-9926, rolf-detlef.treede@medma.uni-heidelberg.de

    Prof. Dr. Esther Pogatzki-Zahn, Taskforce DGSS Global Year against Acute Pain, Universitätsklinikum Münster Klinik u.Poliklinik f.Anästhesiologie u.operative Intensivmedizin, Albert-Schweitzer-Str. 33, 48149 Münster, Tel. 0251/83-47261 oder 01734026684, pogatzki@anit.uni-muenster.de

    Prof. Dr. Edmund Neugebauer, Taskforce IASP Global Year against Acute Pain, IFOM - Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Private Universität Witten/Herdecke gGmbh, Ostmerheimer Str. 200 , 51109 Köln ,Tel. 0221 98957-0, ifom-neugebauer-sek@uni-wh.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Medizin
    überregional
    Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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