idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
09.12.2010 11:56

In Cancún geht es um zwei Grad Erderwärmung – schon 1,5 Grad hätten Folgen für Jahrhunderte

Jonas Viering Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

    Sogar eine Erderwärmung um nur 1,5 Grad Celsius hätte Folgen für Jahrhunderte. Die Ozeane speichern die höheren Temperaturen länger als bislang gedacht, weil der normale Wärmeaustausch gestört wird, fanden Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) heraus. Wärme in tieferen Wasserschichten wird hierbei durch eine Abkühlung der obersten Wasserschichten gleichsam gefangen gehalten, heißt es in der Studie, die demnächst in der Zeitschrift Earth System Dynamics veröffentlicht wird. Selbst wenn es gelingen sollte, den Planeten wieder abzukühlen, indem man Kohlendioxid aus der Atmosphäre extrahiert, würde diese Abkühlung daher rund zehnmal länger dauern als zuvor das Aufheizen durch Treibhausgase, so die Berechnungen. Folge wäre, dass der globale Meerespiegel trotz der Abkühlung der Erdoberfläche noch für weitere 200 Jahre anstiege.

    Beim Klimagipfel im mexikanischen Cancún wird darüber gestritten, ob und wie ein Klimawandel von mehr als zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter verhindert werden soll. Die bisher freiwillig abgegebenen Versprechen vieler Staaten, ihren Ausstoß von CO2 zu verringern, würden jedoch zu einem Temperaturanstieg von etwa drei bis vier Grad führen. Ein Jahr zuvor in Kopenhagen war auf Drängen vor allem kleiner Inselstaaten beschlossen worden, auch ein ambitioniertes Szenario der Emissionsreduktion mit einem Ziel von 1,5 Grad Erderwärmung prüfen zu lassen. Hierzu gibt es erst wenig Forschung. Die PIK-Wissenschaftler haben nun eine ganze Reihe von Szenarien mit Hochleistungsrechnern simuliert.

    „Die gute Nachricht ist, dass eine Begrenzung der Erderwärmung auf rund 1,5 Grad tatsächlich erreichbar ist, wenn die Emissionen ab dem Jahr 2015 sinken und ab 2070 sogar CO2 wieder aus der Atmosphäre herausgeholt wird“, erklärt der Leitautor Jacob Schewe. Hierfür sei allerdings vermutlich ein massiver Ersatz fossiler Brennstoffe durch Biomasse in Verbindung mit dem Verpressen des CO2 im Boden nötig (CCS). Beides birgt Risiken. Die schlechte Nachricht aber sei: „Schon ein Temperaturanstieg von weniger als zwei Grad hätte weitreichende Folgen – wenn auch weniger tiefgreifende als bei einer noch stärkeren Erderwärmung.“

    So würde im 1,5-Grad-Szenario der allein durch die thermische Ausdehnung der Wassermassen verursachte Meerespiegelanstieg im Jahr 2250 durchschnittlich rund 30 Zentimeter betragen. „Dies hätte bereits ernstzunehmende Folgen für viele Küstenregionen weltweit“, sagt Anders Levermann, Koautor und Professor für die Dynamik des Klimasystems. „Stoßen wir einfach weiter wie bisher Treibhausgase aus, würde der Meereespiegel selbst im Jahr 2500 nicht aufhören zu steigen, und nur allein durch die Ausdehnung des Meerwassers bekämen wir 200 Zentimeter globalen Anstieg.“ Hinzu kämen noch die Beiträge aus dem Schmelzen der Eiskappen. Auch bei den Monsunregen etwa in Asien müsste bereits bei 1,5 Grad globaler Erwärmung mit deutlichen Veränderungen gerechnet werden. Dies alles ist bedeutsam für Maßnahmen der Anpassung an den Klimawandel, die auch in Cancún Thema sind.

    Am weitesten gehen die Veränderungen der Temperaturen im Meer, wie die Simulation der PIK-Forscher zeigt. Beispielsweise im Nordatlantik könnte auch die Tiefsee aufgrund des nun entdeckten und über die üblichen Trägheiten hinausweisenden Mechanismus’ – Abkühlung an der Wasseroberfläche und hierdurch beeinträchtigter Wärmeaustausch der Ozeane – lange Zeit anormal erwärmt bleiben. Dies könnte die Ökosysteme des Meeres stören. Die Eisschelfe der Antarktis könnten schmelzen. Und gefrorene Methanhydrate könnten sich vom Meeresboden lösen, was zusätzliche Treibhausgase in die Atmosphäre brächte.

    Artikel: Schewe, J., Levermann, A., Meinshausen, M.: Climate change under a scenario near 1.5 C under a scenario of global warming: Monsoon intensification, ocean warming and steric sea level rise. Earth System Dynamics Discussions 1 (2010), 297-324 [doi:10.5194/esdd-1-297-2010]
    Link: http://www.pik-potsdam.de/~anders/publications/schewe_levermann10b.pdf

    Mehr zu ähnlichen Themen:

    http://www.pik-potsdam.de/aktuelles/pressemitteilungen/wirtschaftlichkeit-des-zw... - Wirtschaftlichkeit des Zwei-Grad-Ziels hängt von Technologien ab

    http://www.pik-potsdam.de/aktuelles/pressemitteilungen/2-grad-ziel-erfordert-meh... - Auf dem Weg zum Einstellen der Emissionen: Zwei-Grad-Ziel erfordert mehr als 50 Prozent Reduzierung bis 2050

    Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die PIK-Pressestelle:

    Telefon: +49 (0) 331 288 2507
    E-Mail: presse@pik-potsdam.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geowissenschaften, Meer / Klima
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).