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04.02.2011 12:20

Wandelbare Wasserflöhe – Das „ökologisch-responsive“ Genom von Daphnia ist entschlüsselt

Luise Dirscherl Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    Wasserflöhe sind Anpassungskünstler, die schnell auf veränderte Umweltbedingungen reagieren können. Eine im internationalen Daphnia Genomics Consortium zusammen-geschlossenen Gruppe von Wissenschaftlern, der auch der LMU-Biologe Professor Christian Laforsch sowie die LMU-Biochemiker Dr. Georg J. Arnold und Dr. Thomas Fröhlich, Genzentrum-LAFUGA, angehören, hat nun das Genom des Wasserflohs Daphnia pulex vollständig entschlüsselt. Dabei zeigte sich, dass Wasserflöhe mehr Gene besitzen als alle anderen Tiere, deren Genom bisher sequenziert wurde.

    Während etwa auch der Mensch nur auf ungefähr 23.000 Gene kommt, verfügt Daphnia pulex über etwa 31.000 Gene. Diese hohe Zahl erklärt sich daraus, dass während der Evolution der Wasserflöhe deren Gene häufiger dupliziert wurden als bei anderen Wirbellosen. Unter bestimmten Umweltbedingungen standen sie dann für die Entwicklung neuer Funktionen zur Verfügung und verleihen den Tieren auch ihre außergewöhnliche Anpassungsfähigkeit. Immerhin ein Drittel der Gene erwies sich als komplett neu und – wie die Untersuchungen der LMU-Forscher zeigten – als besonders aktiv bei ökologischem Stress. (Science online, 4. Februar 2011)

    Für die nun vorliegende Entschlüsselung des Daphnia-Genoms unter der Leitung von Dr. John Colbourne, Indiana University Bloomington, USA, untersuchten die LMU-Wissenschaftler Professor Christian Laforsch vom Department Biologie II sowie Dr. Georg J. Arnold und Dr. Thomas Fröhlich vom Laboratorium für funktionale Genomanalyse (LAFUGA) am Genzentrum der LMU die genetische Aktivität von Daphnia pulex.

    Mit Hilfe fortgeschrittener massenspektrometrischer Verfahren der Proteinanalyse konnten sie die Produkte aktiver Gene nachweisen und identifizieren. Sogenannte Transkriptionsanalysen, die unter Mitwirkung von Laforsch durchgeführt wurden, wiesen dann nach, dass die neuen Gene besonders aktiv sind, wenn die Wasserflöhe umweltbedingtem Stress ausgesetzt sind: Sie spielen also vermutlich eine wichtige Funktion bei der Anpassung an wechselnde Umweltbedingungen.

    „Als zentraler Baustein der Nahrungskette ist der Wasserfloh eine Schlüsselspezies in Süßwasserökosystemen“, sagt Laforsch. „Er reagiert aber auch so sensitiv auf Giftstoffe in der Umwelt, dass er als Indikator für Auswirkungen von Umweltveränderungen gilt. Da zudem über Wasserflöhe eine Fülle von ökologischen und evolutionsbiologischen Erkenntnissen vorliegen, bietet sich Daphnia als idealer Modellorganismus an, um die genetischen Grundlagen der Anpassung an diverse Umweltfaktoren zu analysieren.“

    In dieser Funktion könnte sich der Wasserfloh in den gesamten Lebenswissenschaften etablieren, weil das Genom dank der Entschlüsselung nun der Wissenschaft für detaillierte Untersuchungen zur Verfügung steht. So kann unter anderem analysiert werden, welche Genfunktionen mit welchen Merkmalen verbunden sind und welche Rolle die Gene bei der Anpassung an wechselnde Umweltbedingungen – etwa den Klimawandel – spielen. (göd)

    Publikation:
    The Ecoresponsive Genome of Daphnia pulex;
    Colbourne, J.K., M.E. Pfrender, D. Gilbert, W.K. Thomas, A. Tucker, T.H. Oakley, S. Tokishita, A. Aerts, G.J. Arnold, M. Kumar Basu, D.J. Bauer, C.E. Cáceres, L. Carmel, C. Casola, J.-H. Choi, C. Detter, Q. Dong, S. Dusheyko, B.D. Eads, T. Fröhlich, K.A. Geiler-Samerotte, D. Gerlach, P. Hatcher, S. Jogdeo, J. Krijgsveld, E.V. Kriventseva, D. Kültz, C. Laforsch, E. Lindquist, J. Lopez, J.R. Manak, J. Muller, J. Pangilinan, R.P. Patwardhan, S. Pitluck, E.J. Pritham, A. Rechtsteiner, M. Rho, I.B. Rogozin, O. Sakarya, A. Salamov, S. Schaack, H. Shapiro, Y. Shiga, C. Skalitzky, Z. Smith, A. Souvorov, W. Sung, Z. Tang, D. Tsuchiya, H. Tu, H. Vos, M. Wang, Y.I. Wolf, H. Yamagata, T. Yamada, Y. Ye, J.R. Shaw, J. Andrews, T.J. Crease, H. Tang, S.M. Lucas, H.M. Robertson, P. Bork, E.V. Koonin, E.M. Zdobnov, I. Grigoriev, M. Lynch and J.L. Boore;
    Science online, 4. Februar 2011

    Ansprechpartner:
    Professor Dr. Christian Laforsch
    Department Biologie II der LMU
    Tel.: 089 / 2180 - 74252
    Fax: 089 / 2180 - 74204
    E-Mail: laforsch@zi.biologie.uni-muenchen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Medizin, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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