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17.06.1997 00:00

Akzeptanz verfassungsgerichtlicher Entscheidungen

Brigitte Nussbaum Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Westfaelische Wilhelms-Universität Münster

    upm-Pressemitteilung der Universitaet Muenster 195/97 - 17. Juni 1997

    Akzeptanz verfassungsgerichtlicher Entscheidungen

    Universitaet Muenster veroeffentlicht Vortrag der Praesidentin des Bundesverfassungsgerichts

    Ob Kruzifix-, Soldaten- oder Sitzblockadenbeschluss - einige Urteile des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) haben das hoechste deutsche Gericht in der vergangenen Zeit immer wieder in die Schlagzeilen und Kommentarspalten gebracht. In der Schriftenreihe der Westfaelischen Wilhelms-Universitaet Muenster ist nun ein Vortrag von Prof. Dr. Jutta Limbach, der Praesidentin des Bundesverfassungsgerichtes, erschienen, der sich mit der "Akzeptanz verfassungsgerichtlicher Entscheidungen" auseinandersetzt.

    UEber die Einzelfaelle hinaus stellt Limbach UEberlegungen allgemeinerer Natur an: Wie kann das gesellschaftliche Denken und Meinen Einfluss auf das Bundesverfassungsgericht nehmen und inwieweit ist dies ueberhaupt zulaessig? Viele der rechtsgelehrten Kritiker seien der Meinung, dass sich das BVerfG weit von der Wertordnung der Mehrheit der Bevoelkerung entfernt habe. Um sich mit diesen Kritkern auseinandersetzen zu koennen, definiert Limbach zunaechst den Begriff der Akzeptanz im jurististischen und soziologischen Sinn. Selbst wenn die Geltung von Normen oder Richterspruechen nicht von der Akzeptanz durch die Buerger und Buergerinnen abhaengig sei, so koenne doch deren Einstellung zu Recht und Gesetz nicht gleichgueltig sein: "Wo das Rechtsverstaendnis der Bevoelkerung verloren geht, weil es von vornherein nicht angestrebt wird, stellt sich allmaehlich Distanz oder Fremdheit gegenueber dem Recht ein", so Limbach. Und je mehr sich diese Haltung verbreite, um so mehr werde dadurch auch die Funktionsfaehigkeit und schliesslich die Verbindlichkeit des Rechts in Mitleidenschaft gezogen.

    Auf der anderen Seite aber ist das Verfassungsgericht an das Grundgesetz gebunden - so muss es gegebenfalls dem mehrheitlichen Willen der Bevoelkerung trotzen, sobald verfassungsrechtliche Garantien auf dem Spiel stehen. Gleichwohl muessen sich die Richter vergewissern, welche Werte in der Gesellschaft gepflegt werden. Als alleiniges Mittel zum Zweck lehnt Limbach dabei Meinungsumfragen ebenso ab wie den Konsens der im juristischen Sprachgebrauch gern zitierten aller "billig und gerecht Denkenden".

    Angesichts kontroverser Entscheidungen werde haeufig die Zerrissenheit des Richterkollegiums beklagt. Doch Limbach macht sich fuer das pluralistische Prinzip und die damit verbundenen Minderheitenvoten gerade auch auf der Richterbank stark. Die Chance, dass alle Meinungen und Interessen Gehoer finden, sei dann am groessten, wenn Menschen unterschiedlicher Herkunft, Glaubens, Weltanschauung, und nicht zu vergessen, Geschlechts gemeinsam an einem Richtertisch beieinander saessen. Der oeffentlichen Kritik kommt dabei laut Limbach eine wichtige Funktion zu: "Nicht obgleich, sondern weil das Bundesverfassungsgericht in Fragen der Interpretation des Grundgesetzes das letzte Wort hat, ist es auf das kritische Mitdenken sowohl der OEffentlichkeit als auch der juristischen Zunft angewiesen."

    Jutta Limbach "Die Akzeptanz verfassungsgerichtlicher Entscheidungen", Schriftenreihe der Westfaelischen Wilhelms- Universitaet Muenster, Band 14, Regensberg Verlag, Muenster 1997, 28 Seiten, acht Mark

    Mit freundlichen Gruessen

    Brigitte Nussbaum


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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