Diskussionen über den Inhalt von Artikeln in der Internet-Enzyklopädie Wikipedia können als Indikator für die politische Instabilität eines Landes dienen. Aussagen darüber beruhen auf einem von Forschern der Universität Heidelberg entwickelten „Disputeindex“: Dieser zeigt an, wie oft von einem umstrittenen Wikipedia-Beitrag aus auf die Hauptseite eines Landes im Internet verlinkt wird. Die Rangfolge der meistverlinkten Länder besitzt eine ähnlich große Aussagekraft wie andere, sehr viel komplexere Kennzahlen etwa zur Staatsführung oder zur Wirtschaft von Staaten.
Pressemitteilung
Heidelberg, 8. Juli 2011
Diskussionen über Wikipedia-Artikel spiegeln geopolitische Instabilität eines Landes wider
Heidelberger Forscher haben Erkenntnisse der biologischen Netzwerk-Forschung auf das Internet übertragen
Diskussionen über den Inhalt von Artikeln in der Internet-Enzyklopädie Wikipedia können als Indikator für die politische Instabilität eines Landes dienen. Aussagen darüber beruhen auf einem von Forschern der Universität Heidelberg entwickelten „Disputeindex“: Dieser zeigt an, wie oft von einem umstrittenen Wikipedia-Beitrag aus auf die Hauptseite eines Landes im Internet verlinkt wird. Die Rangfolge der meistverlinkten Länder besitzt eine ähnlich große Aussagekraft wie andere, sehr viel komplexere Kennzahlen etwa zur Staatsführung oder zur Wirtschaft von Staaten. Die Analysemethoden beruhen dabei auf Erkenntnissen aus biologischen Netzwerken, die auf die vernetzten Informationen in Wikipedia übertragen wurden.
„Unsere Untersuchungen zeigen, dass die Analyse von vernetzten Informationen aus Quellen wie Wikipedia auf interessante, nützliche und neuartige Weise Indikatoren ergänzen können, die in anderen Bereichen sehr viel aufwendiger erstellt werden müssen“, betont Prof. Dr. Robert Russell vom Exzellenzcluster CellNetworks der Ruperto Carola. Um dynamische Netzwerke analysieren zu können, kommen Methoden aus unterschiedlichen Disziplinen wie der Biologie, der Physik oder den Sozialwissenschaften zum Einsatz. So kann zum Beispiel die Auswertung bestimmter Suchbegriffe im Internet den Ausbruch einer Grippewelle anzeigen, wie der Heidelberger Wissenschaftler erläutert.
Die Internet-Enzyklopädie Wikipedia umfasst untereinander vernetzte Artikel, die jederzeit von Jedem bearbeitet werden können. Beiträge, deren Neutralität umstritten ist, werden entsprechend gekennzeichnet. Anhand der Diskussionen zwischen den Wikipedia-Autoren hat das Forscherteam um Prof. Russell quantitativ erfasst, wie oft ein Land im Zusammenhang mit einem umstrittenen Wikipedia-Artikel auftaucht. Den größten Anteil an diesem „Disputeindex“ haben tendenziell Debatten über aktuelle oder historische Ereignisse und Personen, deren Einschätzung vom politischen Standpunkt der Autoren abhängt. Dennoch gibt es auch weniger direkte Faktoren, wie zum Beispiel die Diskussion um den Beitrag zum Thema Ehebruch.
„Die Auswertung unserer Rangfolge der meistverlinkten Länder legt nahe, dass Diskussionen in Wikipedia mit regionalen Instabilitäten weltweit korrelieren“, erläutert Prof. Russell. „Unser Disputeindex stimmt dabei auch weitgehend überein mit sehr viel aufwendiger ermittelten Indikatoren, die in der Regel auf einer Kombination von unterschiedlichen politischen und ökonomischen Metriken beruhen. Der Index ist nicht frei von Subjektivität, aber er lässt sich leicht errechnen und ist unabhängig von einer komplexen Datenerfassung oder der Befragung von Experten.“
Nach Angaben von Prof. Russell lagen zu insgesamt 138 Ländern oder Regionen ausreichend Daten vor, um den neu entwickelten geopolitischen Indikator berechnen zu können. Die aktuellen Heidelberger Forschungsergebnisse wurden in „PLoS ONE“ veröffentlicht. Die Wissenschaftler haben außerdem eine Webseite entworfen, die es erlaubt, die Veränderungen der Ranglistenwerte über einen bestimmten Zeitraum hinweg auszuwerten. Sie ist unter der Adresse http://www.disputeindex.org abrufbar.
Originalveröffentlichung:
G. Apic, M.J. Betts & R.B. Russell: Content disputes in Wikipedia reflect geopolitical instability, PLoS ONE 6(6): e20902. doi:10.1371/journal.pone.0020902
Kontakt:
Prof. Dr. Robert B. Russell
Exzellenzcluster CellNetworks
BioQuant-Zentrum
Telefon (06221) 54-51362
robert.russell@bioquant.uni-heidelberg.de
Kommunikation und Marketing
Pressestelle, Telefon (06221) 54-2311
presse@rektorat.uni-heidelberg.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Gesellschaft, Informationstechnik
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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