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19.04.2012 18:13

Zum "Tag der Erde" am 22. April: Geographische Zusammenhänge besser erkennen

Dr. Eberhard Schallhorn Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Geographie (DGfG)

    Am 22. April eines jeden Jahres ist der internationale „Tag der Erde“, an dem auf den aktuellen Zustand der natürlichen Grundlagen der Erde hingewiesen werden soll. Luft, Wasser, Boden und Raum werden durch Verschmutzung, Veränderung, Verbrauch oder Belastung zu immer knapperen Gütern. Lebensnotwendige Ressourcen werden zunehmend ökonomisiert, ohne die natürlichen und sozialen Folgen zu beachten.

    In Teilen der Welt können die Menschen den Preis für sauberes Wasser, anbaufähigen Boden und bewohnbaren Raum kaum noch bezahlen. Sie müssen sich gewaltsam nehmen, was sie dringend benötigen, und provozieren damit soziale und politische Unruhen, was ihre Lebensbedingungen weiter verschlimmert. An manchen Orten ist heute selbst die Luft zum Atmen durch die Emissionen von Industrie und Verkehr eher die Gesundheit schädigend denn Leben erhaltend. Um die Ressourcen entwickelt sich ein globaler Verteilungswettkampf, bei dem derjenige zu gewinnen scheint, der wirtschaftlich am stärksten ist. Das Gesetz der Wirtschaft und das Diktat der Besitzenden benachteiligt die, die Grundstoffe produzieren oder bereitstellen, und schafft Vorteile für die, die handeln, fertige Produkte verkaufen und Dienste leisten.

    Die wachsende globale Ungleichheit der Lebensbedingungen für die Menschen auf dieser doch „Einen Erde“ ist das Ergebnis. Das durchschnittliche Bruttonationaleinkommen je Einwohner in den zehn reichsten Staaten der Erde ist etwa 200 Mal höher als das in den zehn ärmsten. Von den ca. 7 Mrd. Menschen auf der Welt leben 1,2 Mrd. unterhalb der Armutsgrenze, d.h. ihnen stehen täglich weniger als 1,25 US-$ pro Tag zur Verfügung, noch nicht einmal ein Euro. Die alle Ersparnisse verschlingende, immer waghalsige und oft mit dem Tode zur See oder in der Trockenheit der Wüsten endende Flucht aus dem unverschuldeten Elend in die reichere, vermeintlich bessere Welt führt zu Heimatlosigkeit und Ausnutzung, das Ausharren am Ort in letztem Selbstbehauptungswillen letztlich doch zu Apathie, Verzweiflung oder Kriminalität. Die Besitzenden der Welt umgeben derweil ihre Villen mit realen oder mentalen, immer aber hohen Zäunen und wenden sich von der Armut bedauernd ab, die ihnen im Fernsehen gezeigt wird.

    Das Bewusstsein der indianischen Ureinwohner der Anden, dass die Erde als „Pachamama“ Grundlage für jegliches Leben ist, ist den Menschen in den industrialisierten und reichen Staaten der Welt weitgehend unbekannt. Im Jahr 2009 wurde auf Vorschlag der bolivianischen Regierung der seit 1970 zunächst in den USA, dann weltweit am 22. April begangene „Tag der Erde“ von der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum jährlichen „Internationalen Tag der Mutter Erde“ umbenannt.

    Nach Erhebungen der Vereinten Nationen gehören Klimaveränderung, Raubbau an natürlichen Ressourcen, die zunehmende Verstädterung sowie Bevölkerungszunahme und -wanderung zu den wichtigen Zukunftsproblemen der Menschheit – und sie sind vorrangige Themen interdisziplinärer Forschungsgruppen mit maßgeblicher Beteiligung von Geographen. „Ihre Ergebnisse müssen schon im Geographieunterricht der Schulen kontinuierlich vermittelt werden, um den Schülern das komplexe Zusammenspiel von natürlichen und humanwissenschaftlichen Faktoren und Kräften bewusst zu machen“, fordert der Kieler Geograph Professor Dr. Hans-Rudolf Bork, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Geographie erneut anlässlich des „Tages der Erde“. Es sei im „Zeitalter der Globalisierung“ für die zukünftigen Bürger unumgänglich, um die Zusammenhänge zwischen den natürlichen, sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten der Erde zu wissen.

    Wer beispielsweise die natürlichen, sozialen und ökonomischen Gründe für die internationalen Migrationen nicht kenne, werde den Zuwanderern hier wenig Verständnis entgegen bringen und nicht selten radikalen Parolen ausgeliefert sein, befürchtet Bork. Unsere Nahrungsmittelversorgung werde auch durch häufig nicht angepasste landwirtschaftliche Produktion außerhalb Europas gewährleistet. Doch dramatische Umweltprobleme wie die Zerstörung der Böden durch Erosion und Versalzung sind die Folgen. Viele Menschen nicht nur in Afrika sind dankbar, wenn sie aus Europa importierte, von der EU subventionierte und deswegen billige Lebensmittel kaufen können, die ihrerseits jedoch die Existenz der einheimischen Subsistenzbauern massiv bedrohen.

    Dieser fatale Kreislauf müsse von jedem erkannt werden und könne dann nach Ansicht Borks durch eine grundlegende Veränderung unseres ökonomischen und politischen Verhaltens beeinflusst werden. Voraussetzung dafür sind ein kontinuierlicher Geographieunterricht an den Schulen und umfassende, interdisziplinäre geographische Forschungen an den Hochschulen sowie im Ergebnis ein weitaus besseres Verständnis in der Bevölkerung für raumbedingte natürliche, ökonomische und soziale, also geographische Zusammenhänge.

    Die Deutsche Gesellschaft für Geographie ist der Dachverband der geographischen Verbände in Deutschland. In ihr sind Geographinnen und Geographen aus Schule und Hochschule vereint sowie diejenigen, die als Geographen in den verschiedensten Berufen tätig sind.


    Weitere Informationen:

    http://www.geographie.de
    http://www.erdkunde.com


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    jedermann
    Geowissenschaften, Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Politik, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Kooperationen, Schule und Wissenschaft
    Deutsch


     

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