Niedersächsisches Wissenschaftsministerium und Sparda-Bank Hannover-Stiftung unterstützen Projekt am Institut für Sportwissenschaft der Leibniz Universität
Die Bilder vom Abstiegsspiel gegen die Bayern sind noch im Kopf: Radikale Fans des 1. FC Köln zünden Rauchbomben und stürmen den Platz. Die Polizei drängt die Ultras zurück. Von Deeskalation, von Verständigung keine Spur.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Sportwissenschaft an der Leibniz Universität Hannover wollen die verhärteten Fronten zwischen Ultras, Vereinen und Polizei aufbrechen und helfen, die Eskalation von Fangewalt zu verhindern. „KoFaS“ – dieses Kürzel steht seit heute offiziell für die „Kompetenzgruppe Fankulturen und Sport bezogene Soziale Arbeit“, die unter der Leitung des renommierten Fanforschers und Sportsoziologen Prof. Gunter A. Pilz ihre Arbeit aufgenommen hat.
Am heutigen Mittwoch hat die Gruppe ihre Ziele während einer Pressekonferenz in Hannover in Anwesenheit der Niedersächsischen Wissenschaftsministerin Prof. Johanna Wanka und des Niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann präsentiert. Vorgestellt wurden auch die beiden prominenten Botschafter des Projekts: der langjährige Fußball-Bundesligatrainer Ewald Lienen und die ehemalige Bundesliga-Spielerin Tanja Walther-Ahrens.
Die KoFaS ist bundesweit die erste Einrichtung an einer Universität, die sich mit den Problemen von Fangewalt und Ausschreitungen im Sport beschäftigt. Die Gruppe will nicht nur durch Kommunikationsangebote und Konfliktmanagement mithelfen, die Eskalation von Fangewalt in den Stadien und drum herum einzudämmen: „Wir wollen, dass der Begriff ‚Fankulturen‘ positiv besetzt wird, und meinen damit nicht nur das Zuschauerverhalten im Fußball, sondern im gesamten Sport“, sagt Prof. Gunter A. Pilz, der schon bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) mit der Evaluation des Fan- und Besucherprogramms beauftragt war.
Die Kompetenzgruppe will durch Projekte, Fort- und Weiterbildungs- sowie Beratungsangebote dazu beitragen, dass die gewaltpräventiven Potenziale des Sports zur Geltung kommen. Zum anderen gilt es, durch Kommunikations- und Konfliktmanagementangebote den Eskalationsprozess der Gewalt im Fanbereich zu unterbrechen und durch entsprechende Maßnahmen zur Entfaltung von bunten, kreativen Fankulturen beizutragen.
Zum Aufbau der Kompetenzgruppe hat das Ministerium für Wissenschaft und Kultur des Landes Niedersachsen eine Anschubfinanzierung mit vierjähriger Laufzeit in Höhe von 250.000 Euro zur Verfügung gestellt. „Die Fankultur ist ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft. Viel zu oft jedoch trübt die Angst vor Gewalt und Diskriminierung die Freude vieler Menschen auf Sportveranstaltungen. Um diesem Missstand entgegenzutreten, ist die Erforschung von Gewalt unter Beteiligung der Fans ein wichtiger Schritt. Die Kompetenzgruppe ‚Fankultur und Sport bezogene Soziale Arbeit‘ unter der Leitung von Herrn Prof. Pilz findet daher meine volle Unterstützung. Sportveranstaltungen dürfen nicht missbraucht werden, und Gewalt und Hass gehören endgültig ins gesellschaftliche Abseits gestellt“, sagt Wissenschaftsministerin Prof. Johanna Wanka.
Als erster Projektpartner ist die Sparda-Bank Hannover-Stiftung an die KoFaS herangetreten, um Projekte zur Gewaltprävention im und durch Sport evaluieren zu lassen. Dafür hat die Stiftung für die nächsten drei Jahre insgesamt 120.000 Euro gewährt. Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball Liga (DFL) wollen mit der KoFaS kooperieren. Die Kompetenzgruppe soll außerdem für den 1. FC Köln in Kürze ein Konzept entwickeln, um die derzeit bestehenden Konflikte zwischen Verein und Fangruppen zu lösen. Durch weitere Anschubfinanzierung liegt die Fördersumme aktuell bei knapp 400.000 Euro. „Unser Ziel ist es, dass sich die KoFaS durch weitere Drittmittelgeber irgendwann finanziell selbst trägt und aus der Kompetenzgruppe langfristig ein Kompetenzzentrum mit einer Stiftungsprofessur entsteht“, sagt Prof. Detlef Kuhlmann, Aufbaubeauftragter der KoFaS am Institut für Sportwissenschaft der Leibniz Universität Hannover.
„Wir sind als Universität bestrebt, als Partner in gesellschaftspolitischen Prozessen zur Seite zu stehen und wissenschaftlich basierte Ergebnisse für die Umsetzung in der Gesellschaft nutzbar zu machen, also als Berater zu fungieren und Konzepte zu entwickeln, die den Menschen nützen und ihnen Hilfestellung an die Hand geben“, so Prof. Klaus Hulek, Vizepräsident für Forschung der Leibniz Universität. „Daher begrüßt das Präsidium außerordentlich die Initiative von Herrn Prof. Pilz und den weiteren Akteuren, eine Kompetenzgruppe zu ‚Fankulturen und Sport bezogener Sozialer Arbeit‘ an unserer Universität ins Leben zu rufen.“
Zusätzlich zur Beratung und Expertise bei Gewaltausschreitungen im Sport wird die Kompetenzgruppe eigene Forschungsvorhaben entwickeln und Maßnahmen in „Brennpunkten“ des Sports wissenschaftlich begleiten. Geplant sind Fachtagungen zum Wissenstransfer über Fankulturen und Sport bezogene Soziale Arbeit und die Weiterqualifizierung von ehren- und hauptamtlichem Personal. In Workshops mit Verantwortlichen aus Sportvereinen und Trägern der Sozialarbeit sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie der Sport als Medium Sozialer Arbeit gewaltpräventiv genutzt werden kann.
Zum Team der KoFaS gehören derzeit Sport- und Sozialwissenschaftler: Dipl.-Soz.Wiss. Gerd Dembowski (Fankulturen: Diskriminierung, soziale Inklusion), Dipl.-Pol. Jonas Gabler (Fankulturen: Ultras, Rechtsextremismus), M. A. Sportwissenschaft/Soziologie Daniel Kirchhammer (Sport und Integration; KoFaS-Koordination), Prof. Detlef Kuhlmann (Aufbaubeauftragter der KoFaS), Prof. Gunter A. Pilz (Leiter der KoFaS), M. A. Sportwissenschaft Franciska Wölki-Schumacher (Fankulturen: Konfliktmanagement, Sexismus), Dipl.-Soz.Päd. Olaf Zajonc (Sport bezogene Soziale Arbeit: Gewaltprävention).
Die beiden KoFaS-Botschafter Ewald Lienen (Mönchengladbach) und Tanja Walther-Ahrens (Berlin) werden die Arbeit der Kompetenzgruppe ideell und möglicherweise auch vor Ort im Dialog mit den Projektpartnern beziehungsweise Fangruppen unterstützen. Ewald Lienen ist langjähriger Fußball-Bundesligatrainer (unter anderem bei Hannover 96 und dem 1. FC Köln) und war selbst als Spieler aktiv (unter anderem bei Borussia Mönchengladbach und Arminia Bielefeld). Tanja Walther-Ahrens spielte in der Frauen-Bundesliga (unter anderem bei Tennis Borussia Berlin und Turbine Potsdam) und ist auch bekannt geworden durch ihr großes Engagement gegen Homophobie im Fußball. Die Sportwissenschaftlerin arbeitet hauptberuflich als Lehrerin im Schuldienst. Zudem ist sie DFB-Beauftragte für Bildung.
Hinweis an die Redaktion:
Für weitere Informationen steht Ihnen Prof. Detlef Kuhlmann vom Institut für Sportwissenschaft der Leibniz Universität Hannover unter Telefon +49 511 762 19442 oder per E-Mail unter detlef.kuhlmann@sportwiss.uni-hannover.de gern zur Verfügung. Den Kontakt zu Ansprechpartnern einzelner Projekte innerhalb der KoFaS finden Sie unter http://www.sportwiss.uni-hannover.de/kofas im Internet.
http://www.sportwiss.uni-hannover.de/kofas
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
Gesellschaft, Sportwissenschaft
überregional
Forschungsprojekte, Kooperationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).