Auf der am 11. Mai beginnenden Frühjahrstagung der Forschungsvereinigung für Verbrennungskraftmaschinen (FVV) diskutieren Wissenschaftler und Motorenentwickler, wie moderne Fahrzeugantriebe noch effizienter werden können. Dass weiterhin erhebliches Potenzial besteht, zeigt ein kürzlich abgeschlossenes Projekt des Karlsruher Instituts für Technologie. Künftig soll der Ladedruck deutlich gesteigert werden, ohne dass die Dauerhaltbarkeit des Motors leidet.
Moderne Benzinmotoren könnten um bis zu 30 Prozent effizienter arbeiten, wenn sich der Kraftstoff bei hoher Belastung nicht schon vor der regulären Fremdzündung durch die Zündkerze unkontrolliert selbst entzünden würde. Dieses Phänomen, „Vorentflammung“ genannt, ist für den Motor höchst gefährlich. Im Extremfall steigen dadurch der Druck und die Temperatur im Zylinder so stark, dass sich vor Beendigung der Verbrennung eine extrem stark klopfende Verbrennung mit sehr hohen Druckspitzen ergibt, durch die der Motor zerstört wird. Besonders ausgeprägt ist die Vorentflammung bei High-Tech-Ottomotoren, die dank Aufladung und Direkteinspritzung hohe Leistungen aus kleinen Hubräumen holen. Zwar treten solche Ereignisse sehr selten auf, um sie aber sicher ausschließen zu können, muss bei Serienmotoren der maximale Ladedruck niedriger gehalten werden, als es für eine optimale Verbrennung notwendig wäre.
Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben im Auftrag der Forschungsvereinigung für Verbrennungskraftmaschinen (FVV) untersucht, unter welchen Bedingungen sich das Benzin im Motor selbst entzündet. Innerhalb von mehreren hundert Millionen Verbrennungsvorgängen wurden einzelne Vorentflammungen – Brandherde sozusagen – ermittelt und untersucht. Indem der Verbrennungsablauf im Versuchsmotor über Lichtwellenleiter in einer Zündkerze und einem speziellen Lichtfaser-Endoskop mittels Hochgeschwindigkeitskamera beobachtet wurde, konnte genau nachvollzogen werden, wo die Vorentflammungen auftraten.
In dem gerade abgeschlossenen Forschungsvorhaben zeigte sich, dass Vorentflammungen meist in der Nähe des Kolbenbodens oder der Zylinderwände auftreten. So erhärtete sich der bereits bestehende Verdacht, dass Vorentflammungen hauptsächlich auf die Interaktion von direkt eingespritzten Kraftstofftropfen mit der Zylinderwand und dem sich darauf befindenden Schmierfilm zurückzuführen sind.
Die Untersuchungen am KIT zeigen auch, dass es eine ganze Reihe wirksamer Gegenmaßnahmen gibt, um die Häufigkeit von Vorentflammungen signifikant zu vermindern. So kann eine gezielte Beschleunigung der in den Motor strömenden Luft – etwa über elektrisch verstellbare Klappen in der Ansauganlage – zu einer besseren Durchmischung des Luft-Kraftstoff-Gemisches im Zylinder führen. Die Rate, mit der Vorentflammungen auftraten, reduzierte sich beim Einsatz eines solchen Systems deutlich.
Eine besonders entscheidende Rolle spielt das Einspritzsystem selbst. So konnte durch die Umstellung von Einloch-Einspritzdüsen auf Einspritzdüsen mit sechs Löchern die Anzahl der Vorentflammungen reduziert werden. Mit solchen Einspritzdüsen kann der Kraftstoff nämlich im Zylinder gleichmäßiger verteilt werden, ein geringerer Anteil des Kraftstoffs landet auf der Zylinderwand. Positiv wirkt es sich außerdem aus, wenn der Kraftstoff nicht auf einmal, sondern in mehreren Portionen eingespritzt wird. „Generell sollte der Kraftstoff nicht in flüssiger Form an die Zylinderwand gelangen“, erläutert Prof. Dr. Ulrich Spicher, der das Vorhaben verantwortete.
Auch die Eigenschaften des eingesetzten Kraftstoffs und des Motoröls haben einen Einfluss auf die Häufigkeit von Vorentflammungen. Erfolgt die vollständige Verdampfung des Kraftstoffs erst bei höheren Temperaturen, so kann der Einspritzstrahl tiefer in den Brennraum eindringen – und benetzt dabei mit höherer Wahrscheinlichkeit die Zylinderwand. Beim Öl scheinen dem Öl beigemischte Additive ebenfalls einen Einfluss auf die Entzündungswahrscheinlichkeit zu haben.
Mit den im FVV-Vorhaben gewonnenen Erkenntnissen sollen Motorenentwickler künftige Antriebe so auslegen können, dass der effektive Mitteldruck von derzeit maximal 20 bis 24 bar auf bis zu 30 bar angehoben wird. Der effektive Mitteldruck ist ein Maß für die auf den Hubraum des Motors bezogene mechanische Arbeit, die für den Fahrzeugantrieb zur Verfügung steht. „Dies ist besonders interessant, wenn man bei niedrigen Drehzahlen beschleunigt“, so Spicher. „Künftige Motoren könnten mehr Drehmoment und damit bessere Beschleunigung bieten – und trotzdem weniger verbrauchen.“
Vorentflammungen im Brennraum eines Ottomotors mit Direkteinspritzung
Stefan Palaveev, IFKM am KIT
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Chemie, Maschinenbau, Umwelt / Ökologie, Verkehr / Transport
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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