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21.08.2013 11:00

Funktionieren osteuropäische Agrarmärkte? Vorsicht vor staatlich verordneten Markteingriffen!

Daniela Schimming Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa

    IAMO Policy Brief 11 stellt neuste Forschungsergebnisse zum Thema vor

    Halle (Saale), 21. August 2013 – Einigen osteuropäischen Ländern, insbesondere den großen Getreidenationen der Schwarzmeerregion wie Russland, der Ukraine und Kasachstan, wird eine erhebliche Bedeutung bei der Lösung des „Welternährungsproblems“ zugesprochen. Voraussetzung dafür ist, dass eine weitere Mobilisierung ihrer Markt- und Exportpotenziale durch gut funktionierende Agrarmärkte und Handelsstrukturen stattfindet. In der Debatte um die Sicherung der weltweiten Nahrungsmittelversorgung ist jedoch umstritten, ob und mit welchen Maßnahmen der Staat dabei in das Wirtschaftssystem eingreifen sollte. Auf Basis der Ergebnisse verschiedener gemeinsamer Forschungsprojekte zur Funktionsfähigkeit osteuropäischer Getreide-, Milch- und Fleischmärkte plädieren Agrarökonomen des IAMO und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel nachdrücklich, sich mit agrarmarktregulierenden Maßnahmen zurückzuhalten.

    Durch Instabilitäten auf den Finanzmärkten und bestimmten Phänomenen auf den internationalen Agrarrohstoffmärkten werden seit Ende des letzten Jahrzehnts verstärkt staatliche Markteingriffe gefordert. Eine besondere Bedeutung kommt dabei den osteuropäischen Transformationsländern mit einem eingeschränkt funktionierenden institutionellen Regelwerk zu. Einerseits ist es unstrittig, dass ein eingeschränktes Funktionieren von Märkten bzw. Marktversagen notwendige staatliche Markteingriffe rechtfertigen kann. Auf der anderen Seite besteht durch nicht-marktkonforme Eingriffe des Staates in die Preisbildung und Ausübung von Marktmacht die erhebliche Gefahr, dass Agrarmärkte nicht besser sondern schlechter funktionieren.

    Anhand der Ergebnisse mehrerer wissenschaftlicher Untersuchungen hat sich gezeigt, dass politisch verordnete Markteingriffe in die Weizenmärkte Russlands, der Ukraine und Serbiens ineffizient sind und aus gesamtwirtschaftlicher Sicht zu hohen ökonomischen Kosten führen. Auf den Agrarmärkten in Serbien und Russland wurde das Ziel einer Verbraucherpreisstabilisierung gänzlich verfehlt. Vielmehr wurde der Ernährungsindustrie durch eine geschickte Lagerhaltungs- und Fehlinformationspolitik die Möglichkeiten eröffnet, sich zu Lasten der Verbraucher zusätzliche Profite anzueignen. Des Weiteren wurde festgestellt, dass in einigen Regionen der Ukraine die Milchindustrie ihre günstige Marktposition ausnutzt, um gegenüber den landwirtschaftlichen Rohmilchproduzenten Preisdumping auszuüben. Hier könnten ein Abbau von administrativen Handelsbarrieren, der Ausbau von Transportinfrastruktur und das Bemühen um alternative Vermarktungskanäle der Situation entgegenwirken. Anders als im Milchsektor konnte jedoch für die fleischverarbeitende Industrie der Ukraine kein Preisdumping gegenüber den Fleischerzeugern festgestellt werden.

    Insgesamt wurde durch die empirischen Studien herausgefunden, dass staatliche Eingriffe in die Märkte zur Behebung vermeintlicher Fehlallokationen diese strukturellen Probleme gerade begünstigen. Die Gefahr, dass Marktregulierungen des Staates zu nachhaltigen Störungen der Marktfunktion mit entsprechenden Konsequenzen für den Agrar- und Ernährungssektor und die Verbraucher sowie die globale Ernährungssicherung führen können, muss stets berücksichtigt werden. Deshalb empfiehl IAMO-Direktor Thomas Glauben: „Agrarmarktpolitik sollte sich, gerade in Ländern der wirtschaftlichen Transformation, auf wettbewerbsfördernde Rahmenbedingungen sowie direkte ernährungssichernde Maßnahmen bei ärmeren Haushalten konzentrieren.“

    Text: 3.647 Zeichen (mit Leerzeichen)

    Weiterführende Informationen

    IAMO Policy Brief 11 „Funktionieren osteuropäische Agrarmärkte? Vorsicht vor staatlich verordneten Markteingriffen!“: www.iamo.de/publikation/policybrief-11

    IAMO Policy Briefs

    In der Publikationsreihe IAMO Policy Brief werden in loser Folge gesellschaftlich relevante Forschungsergebnisse des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO) kurz und allgemeinverständlich aufbereitet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Zielgruppe sind insbesondere Entscheidungsträger der Politik, Medienvertreter und die breite Öffentlichkeit.

    Über das IAMO

    Das Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO) widmet sich der Analyse von wirtschaftlichen, sozialen und politischen Veränderungsprozessen in der Agrar- und Ernährungswirtschaft sowie in den ländlichen Räumen. Sein Untersuchungsgebiet erstreckt sich von der sich erweiternden EU über die Transformationsregionen Mittel-, Ost- und Südosteuropas bis nach Zentral- und Ostasien. Das IAMO leistet dabei einen Beitrag zum besseren Verständnis des institutionellen, strukturellen und technologischen Wandels. Darüber hinaus untersucht es die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Agrar- und Ernährungssektor sowie die Lebensumstände der ländlichen Bevölkerung. Für deren Bewältigung werden Strategien und Optionen für Unternehmen, Agrarmärkte und Politik abgeleitet und analysiert. Seit seiner Gründung im Jahr 1994 gehört das IAMO als außeruniversitäre Forschungseinrichtung der Leibniz-Gemeinschaft an.

    Ansprechpartnerin für die Medien

    Daniela Schimming
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO)
    Tel. +49 (0)345 2928-330
    Fax +49 (0)345 2928-499
    E-Mail presse@iamo.de
    www.iamo.de


    Bilder

    Anhang
    attachment icon PM Policy Brief 11_21 08 2013

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Tier / Land / Forst, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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