Die aktuelle Wirtschaftslage hat einen beachtlichen Einfluss auf die Wahlabsicht, dieser wird aber häufig überschätzt. Vor allem die langfristige Parteien-Bindung entscheidet immer noch sehr stark darüber mit, wo die Wähler in Deutschland ihr Kreuzchen machen und wo nicht. Zu diesem Schluss kommt eine an der Leuphana Universität Lüneburg entstandene Studie.
Gute Wirtschaftsdaten steigern die Beliebtheit von Regierungen. Ein solches Popularitäts-Plus schlägt sich aber nur zum Teil in der Wahlabsicht nieder. Das zeigen die Untersuchungen des Lüneburger Ökonomen Sören Enkelmann. Für seine Studie hat der Wissenschaftler Daten der so genannten ALLBUS-Umfrage ausgewertet. Das Akronym steht für „Allgemeine Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften“. Alle zwei Jahre werden darin gut 3.000 Bundesbürger zu ihren Einstellungen und Verhaltensweisen interviewt. Unter anderem sollen sie die Wirtschaftslage einschätzen und angeben, wie zufrieden sie mit der aktuellen Bundesregierung sind. Außerdem enthält der Interview-Bogen die Sonntagsfrage: „Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, welche Partei würden Sie dann mit Ihrer Zweitstimme wählen?“
Die Resultate zeigen einerseits, wie wichtig die Wirtschaft für das Ansehen der Regierung ist: Je besser die Befragten die ökonomische Lage einschätzten, desto zufriedener zeigten sie sich mit den Leistungen ihrer politischen Führung. Im Ergebnis der Sonntagsfrage schlug sich das aber nur zum Teil nieder: Wer die nationale Wirtschaftslage als schlecht einstuft, kreuzt im Schnitt 13 Prozent seltener an, mit der Regierung zufrieden zu sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass er am kommenden Sonntag eine der Regierungsparteien wählt, sinkt aber nur um fünf Prozent.
„Die Popularität der Regierung und die Wahlentscheidung hängen zwar zusammen, können aber nicht gleichgesetzt werden“, betont Sören Enkelmann. „Wer mit der Regierung unzufrieden ist, wählt beim nächsten Mal keineswegs zwangsläufig die Opposition. In der Wahlkabine zählt nämlich auch die langfristige Parteien-Bindung.“ Anders ausgedrückt: Ein traditioneller CDU- oder SPD-Wähler lässt sich auch durch schlechte Wirtschaftsdaten nicht unbedingt davon abbringen, sein Kreuzchen an der gewohnten Stelle zu machen.
„Allerdings haben die Parteien heute sehr viel weniger Stammwähler als noch vor zehn oder zwanzig Jahren“, erläutert Enkelmann. „Sollte sich dieser Trend fortsetzen, könnte die Wirtschaftslage in Zukunft für die Wahlentscheidung an Bedeutung gewinnen.“ Noch findet sich dieser Effekt nicht in den Daten, die aus den Jahren 1991 bis 2008 stammen.
Mit Wahlversprechen zum Stimmungs-Hoch
Die Arbeit zeigt zudem, dass für die Stimmung nicht nur harte Fakten zählen: Auch mit Wahlversprechen können Parteien ihre Popularitäts-Werte ordentlich aufmöbeln. Für die Zufriedenheit der Bürger ist nämlich nicht nur die tatsächliche Wirtschaftslage ausschlaggebend, sondern auch die erwartete zukünftige Entwicklung. Wenn die Regierung glaubhaft suggeriert, dass es mit ihr in Zukunft aufwärts geht, kann sie punkten.
Enkelmann hat darüber hinaus deutliche Unterschiede zwischen Deutschland und den USA ausgemacht: Bei US-Bürgern hängt die Beliebtheit der Regierung vor allem davon ab, wie die nationale Wirtschaft dasteht. Die persönliche ökonomische Situation spielt für die Bewertung dagegen eine geringere Rolle. Augenscheinlich wird dort die Politik nicht für die eigene finanzielle Lage verantwortlich gemacht.
In Deutschland ist das anders – ähnlich wie etwa auch in Dänemark oder Schweden: Zwar schlägt sich auch hierzulande die nationale Wirtschaftsentwicklung in den Regierungsnoten nieder. Die Wähler orientieren sich in dieser Frage aber zusätzlich am Inhalt der eigenen Brieftasche.
Government popularity and the economy: first evidence from German microdata; Sören Enkelmann, Empirical Economics (online first), DOI 10.1007/s00181-013-0707-4
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Gesellschaft, Politik, Wirtschaft
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Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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