Das Leben auf unserem Planeten hat sich über Milliarden von Jahren entwickelt. Allerdings haben sich dabei die elementaren Bausteine des Lebens – Enzyme und Proteine – nur unwesentlich verändert, wie jetzt Forscher der Universität Regensburg nachgewiesen haben. Einem Team um Prof. Dr. Rainer Merkl und Prof. Dr. Reinhard Sterner vom Institut für Biophysik und Physikalische Biochemie gelang es, mit bioinformatischen Methoden ein Enzym zu rekonstruieren, wie es vor 3,5 Mrd. Jahren existierte. Sie konnten dessen Eigenschaften zudem im Labor untersuchen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Journal of the American Chemical Society“ veröffentlicht (DOI: 10.1021/ja4115677).
Moderne Enzymkomplexe sind hochspezialisierte und effiziente molekulare Maschinen, die eine wichtige Rolle im Stoffwechsel von Organismen übernehmen. Hier steuern sie die wichtigsten biochemischen Reaktionen – von der Synthese und dem Abbau der Zellbestandteile bis hin zum Auslesen und der Weitergabe der Erbinformation. Wie effizient Enzyme aus den frühen Phasen der Evolution auf unserem Planeten waren, lässt sich aber nur schwierig beantworten. Das „enzymatische Repertoire“ von ausgestorbenen Arten ist kaum bekannt, weil es keine makromolekularen Fossilien gibt.
Regensburger Forscher haben sich nun diesem Problem angenommen. Das Team wollte herausfinden, welche Eigenschaften die Enzyme solcher Spezies besaßen, die die Erde zu einer sehr frühen Phase der biologischen Evolution besiedelten. Dafür sind die Forscher mit bioinformatischen Methoden weit in der Zeit zurückgereist. Vor etwa 3.5 Milliarden Jahren existierte der letzte gemeinsame Vorfahre aller Arten, der LUCA genannt wird. Dieser Einzeller war ähnlich wie moderne Organismen in der Lage, mithilfe des Enzyms HisF die Aminosäure Histidin herzustellen
Am Computer konnten die Wissenschaftler die Zusammensetzung von LUCA-HisF rekonstruieren. Und nicht nur das: Den Forschern gelang es auch, LUCA-HisF im Labor herzustellen und seine Funktion zu untersuchen. Die Experimente führten zu erstaunlichen Ergebnissen. So zeigte sich, dass die Eigenschaften von LUCA-HisF im Wesentlichen mit denen des heutigen HisF-Enzyms übereinstimmen. Sowohl die Struktur als auch die Enzymaktivität und seine Rolle in einem Enzymkomplex unterscheiden sich nur unwesentlich.
Die Regensburger Forscher gehen deshalb davon aus, dass die Evolution von hochspezialisierten Enzymen und Enzymkomplexen bereits vor 3,5 Milliarden Jahren – in der LUCA-Ära – weitestgehend abgeschlossen war. Ihre Überlegungen haben Konsequenzen für unser allgemeines Verständnis der biologischen Evolution. Während sich die elementaren Bausteine des Lebens über Jahrmilliarden nur wenig veränderten, haben sich in späteren Phasen der Evolution komplexe Proteininteraktionsnetzwerke entwickelt, die zum Entstehen der höheren Arten führten.
Der Original-Artikel im Internet unter:
http://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/ja4115677
Ansprechpartner für Medienvertreter:
Prof. Dr. Rainer Merkl
Universität Regensburg
Institut für Biophysik und Physikalische Biochemie
Tel.: 0941 943-3086
Rainer.Merkl@biologie.uni-regensburg.de
und
Prof. Dr. Reinhard Sterner
Universität Regensburg
Institut für Biophysik und Physikalische Biochemie
Tel.: 0941 943-3015
Reinhard.Sterner@biologie.uni-regensburg.de
Rekonstruktion eines Enzyms aus der Frühzeit der Evolution.
Bildnachweis: Prof. Dr. Rainer Merkl – Zur ausschließlichen Verwendung im Rahmen der Berichterstattung zu dieser Pressemitteilung.
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Biologie, Informationstechnik
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Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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