idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
10.03.2014 09:00

Weidende Tiere federn den Biodiversitätsverlust ab, den Düngung verursacht

Reinhard Lässig Medienkontakt WSL Birmensdorf
Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

    Weidende Tiere wirken dem Verlust an Biodiversität, den die Düngung von Wiesen verursacht, teilweise entgegen. Da sie vorwiegend hochwüchsige Pflanzen fressen, fördern sie indirekt niedrigwüchsige Pflanzen, die vom zusätzlichen Licht profitieren und die Artenvielfalt bereichern. Dies berichtet ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL und der Universität Zürich im Fachjournal Nature.

    Düngemittel führen weltweit in Wiesen- und Weideökosystemen zu einer Abnahme der Artenvielfalt. Schnell- und hochwüchsige Kräuter und Gräser überleben dann auf Kosten aller anderen Pflanzen. Denn in gedüngten Wiesen- und Weideökosystemen stehen Nährstoffe praktisch unbeschränkt zur Verfügung, so dass sich die Konkurrenzverhältnisse zwischen den Arten verschieben. Das gilt gemäss der im Wissenschaftsjournal "Nature" veröffentlichten Ergebnisse der Studie weltweit: Die Konkurrenz der Wurzeln um Nährstoffe wird durch das Ausbringen von Düngemitteln abgeschwächt oder sogar aufgehoben, es findet nur noch oberirdische Konkurrenz um Licht statt. Das Sonnenlicht wird dadurch zum limitierenden Faktor für das Pflanzenwachstum.

    Pflanzenfressende Tiere können helfen
    Durch Düngung werden vor allem schnell- und hochwüchsige Pflanzenarten gefördert. Auf der WSL-Forschungsfläche in der Val Müstair (Graubünden) ist das beispielsweise der Blaue Eisenhut, der weniger wüchsige Pflanzen beschattet, also von der Lichtquelle abschneidet und zum Absterben bringt. "Dadurch nimmt die Biodiversität dramatisch ab; ein weltweites Phänomen, das nicht nur Wiesen- und Weideökosysteme betrifft", sagt Anita Risch von der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL. Verringert sich jedoch die Verfügbarkeit von Nährstoffen, was zum Beispiel in Trockenperioden passiert, können sich die hochwüchsigen Arten nicht an die veränderten Umweltbedingungen anpassen, kümmern oder gehen im Extremfall ein.

    Pflanzenfressende Tiere (Herbivoren) können unter gewissen Bedingungen den Verlust an Biodiversität verlangsamen, wie die Studie zeigt. Wenn Tiere die hochwüchsigen Pflanzen abweiden, steht trotz hohem Nährstoffangebot weniger wüchsigen Pflanzenarten genügend Licht zur Verfügung, so dass die meisten von ihnen überleben und das Ökosystem stabilisieren können.

    Ein internationales Forschungsnetzwerk
    Verschiedene Forschungsteams erhoben im Rahmen des sogenannten „Nutrient Network“ auf fünf Kontinenten Daten, beispielsweise in afrikanischen Savannen, der nordamerikanischen Prärie und hochalpinen Weiden. Dadurch sind nun global gültige Aussagen über den Einfluss von Nährstoffeintrag möglich. Zwei der fünf in Europa gelegenen Versuchsflächen liegen in der Schweiz. Anita Risch und Martin Schütz (WSL) erhoben ihre Daten in der Val Müstair, Yann Hautier vom Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften der Universität Zürich am Zugerberg. "Es ist für einen Wissenschafter sehr motivierend, wenn mehr als 70 Forscherteams mit Enthusiasmus an einem weltweiten Projekt zusammenarbeiten. Dies geschieht mit minimalem Aufwand für Koordination und Logistik", sagt Martin Schütz von der WSL.

    >>Kasten / Box<<
    In der Theorie konkurrieren zwei Pflanzenarten, die gemeinsam an demselben Ort wachsen, sowohl unterirdisch als auch oberirdisch um dieselben natürlicherweise beschränkten Güter: die Wurzeln im Boden um Wasser und Nährstoffe (vor allem Stickstoff und Phosphor) und die Sprosse über der Erdoberfläche um Licht. Während Licht zwar vom Menschen in künstlichen Systemen zum Beispiel im Gewächshaus mit Lichtquellen manipuliert werden kann, ist dies in natürlichen Ökosystemen nicht der Fall: Die Sonne sorgt für ziemlich konstante Lichtdosen. Ganz anderes gilt bezüglich Nährstoffen: Der Mensch greift global und in sämtlichen Ökosystemen in den Nährstoffkreislauf ein, ob absichtlich mit Dünger zur gezielten Produktivitätssteigerung von Nahrungs- und Futtermitteln oder unabsichtlich, indem Nährstoffe aus Landwirtschaft, Industrie und aus der Verbrennung von fossilen Brennstoffen in die Atmosphäre gelangen, weltweit verfrachtet und wieder deponiert werden.


    Weitere Informationen:

    http://www.wsl.ch/medien/news/Nature_Herbivoren/index_DE Medienmitteilung online ab Montag, 10.3., 09:00 Uhr


    Bilder

    Ein Alpen-Steinbock bei der Nahrungsaufnahme auf einer alpinen Weide.
    Ein Alpen-Steinbock bei der Nahrungsaufnahme auf einer alpinen Weide.
    Foto: Josef Senn / Eidg. Forschungsanstalt WSL
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Biologie, Geowissenschaften, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Ein Alpen-Steinbock bei der Nahrungsaufnahme auf einer alpinen Weide.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).