Wissenschaftler des Berliner Instituts für Zoo- und Wildtierforschung sind dabei, eine rätselhafte Erkrankung aufzuklären
Berliner Wildtierforscher kommen der Aufklärung eines Leidens näher, das in Bialowieza (Polen) die letzten frei lebenden Wisente bedroht. Es geht um Balanoposthitis. Sie ruft schwerste chronische Entzündungen an Penis und Präputium (Vorhaut) hervor. Die Wissenschaftler um PD Dr. Dr. Kai Frölich vom Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e.V. konnten Viren als mögliche Erreger der Krankheit inzwischen ausschließen und beteiligte Bakterien identifizieren.
Betroffen von der Balanoposthitis, die am IZW seit 1997 erforscht wird, sind ausschließlich männliche Wisente. Die chronischen Entzündungen führen zur Deckunlust der Bullen. Deren Rückzug aus der Reproduktion gefährdet die genetische Vielfalt und damit den Arterhalt des größten wild lebenden Landsäugetiers Europas.
Die jüngsten Erkenntnisse, die in Kooperation mit dem polnischen "Institute for Mammal Research" sowie dem "Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen der FU Berlin" gewonnen wurden, deuten darauf hin, dass verschiedene Bakterien das Leiden verursachen. In mehreren Phasen überlagern sich ihre krankheitserregenden Wirkungen. Während in der frühen Phase verschiedene Kugelbakterien sich im Gewebe einnisten, finden sich im fortgeschrittenen Stadium fadenähnliche Fusobakterien und andere Mikroben unterm Mikroskop. Wie molekularbiologische und elektronenmikroskopische Untersuchungen von Wisentproben nahe legen, sind darüber hinaus auch Mykoplasmen, Kleinstbakterien ohne feste Gestalt, beteiligt sowie schraubenförmige Bakterien (Spirochäten).
Offenbar handelt es sich bei der Balanoposthitis um ein "multifaktorielles" Krankheitsbild. Das interdisziplinäre Forscherteam am IZW wird diese Krankheit weiter untersuchen, denn sie könnte zum Aussterben dieser instabilen Population beitragen.
Mit der Balanoposthitis und den daran beteiligten Bakterien beschäftigt sich eine laufende Dissertation von Alexandra Lehnen, betreut von Dr. Stephanie Speck sowie PD Dr. Dr. Kai Frölich am IZW.
Ansprechpartner: Privatdozent Dr. Dr. Kai Frölich, 030 / 5168-728; Dr. Stephanie Speck, 5168-713
Auf Wunsch sendet Ihnen die Pressestelle des Forschungsverbundes Berlin e.V. Fotos von befallenen Gewebeteilen zu.
Das IZW forscht in den Bereichen Evolutionsbiologie und -ökologie, Wildtiermedizin sowie Reproduktionsbiologie. Die Experten untersuchen Säugetiere und Vögel in ihren Wechselbeziehungen mit Mensch und biotischer wie abiotischer Umwelt. Hauptziel ist die Erforschung der Anpassungsleistungen und -grenzen größerer Wildtiere und ihrer Rolle in naturnahen und kulturnahen Ökosystemen. Schwerpunktregionen sind Mitteleuropa, Ostasien, Ost- und südliches Afrika. Das Institut legt besonderen Wert auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Biologen und Veterinärmedizinern und setzt seine Forschungsziele durch Kooperationsprojekte mit Schutzgebieten und Zoos in Europa, Afrika und Nordamerika um. Das IZW gehört zum Forschungsverbund Berlin e.V. (FVB) Es hat knapp hundert Mitarbeiter und einen Etat von mehr als vier Millionen Euro. Im FVB sind acht natur-, umwelt- und lebenswissenschaftlich orientierte Institute zusammengeschlossen, die wissenschaftlich eigenständig sind, aber im Rahmen einer einheitlichen Rechtspersönlichkeit gemeinsame Interessen wahrnehmen. Alle Institute des FVB gehören zur Leibniz-Gemeinschaft.
Autor dieser Mitteilung: Mathias Giesa
Balanposthitis: Befallene Vorhautöffnung eines Wisentbullen. Foto: Speck/IZW
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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