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24.09.2003 10:41

Spätrömische Schiffslände, alamannisch-fränkischer Adelshof und karolingische Begräbnisstätte

Dr. Ralf Breyer Public Relations und Kommunikation
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt (Main)

    Erfolgreiche Grabungskampagne der Archäologen der Universität Frankfurt mit bemerkenswerten Funden

    FRANKFURT. Mit spektakulären Ergebnissen können die Studierenden und Mitarbeiter des Seminars für Griechische und Römische Geschichte, Abt. II: Archäologie und Geschichte der römischen Provinzen, der Universität Frankfurt aufwarten. Erstmals ist es in Südhessen gelungen, das Schicksal eines Platzes von der spätrömischen Zeit, dem 4. Jahrhundert n.Chr., bis zum 8./9. Jahrhundert n.Chr. lückenlos zu verfolgen. Dies erläuterten Projektleiter Prof. Hans-Markus von Kaenel und Grabungsleiter Dr. Alexander Heising anlässlich eines 'Ortstermins' in Anwesenheit des Treburer Bürgermeisters Jürgen Arnold und des Präsidenten der Universität Frankfurt, Prof. Rudolf Steinberg. Mit Mitteln der Kommission für Archäologische Landesforschung Hessen e.V. und in Absprache mit dem Landesamt für Denkmalpflege Hessen sind sie seit Ende Juli in der Nähe von Trebur-Astheim der Geschichte des 1. Jahrtausends n.Chr. auf der Spur.

    Bei der spätrömischen Kleinfestung vom Typ des sogenannten 'Schiffsländenburgus', einem Turm mit befestigtem Uferbereich, handelt es sich um eine der jüngsten römischen Fundstellen auf hessischem Boden.

    Sie lag unmittelbar an der Einmündung des Schwarzbaches in den Rhein und diente ab 370 n.Chr. bis zum Ende der Römerzeit um 430 n.Chr. als Vorfeldsicherung der Rheingrenze. In ihrer Schlussphase dürfte die Besatzung von Burgundern gestellt worden sein, die als Bündnispartner (Foederati) der Römer für die Grenzsicherung sorgten. Nach dem Fall des Burgunderreiches 436 n.Chr. übernahmen elbgermanische Gruppen aus dem Böhmischen den Platz. Diese Personengruppe, die rasch in den Stamm der Alamannen aufging, ließ sich dicht bei dem Festungsturm bestatten. Nach der militärischen Niederlage der Alamannen gegen die Franken um 500 n.Chr. wurde der Bereich um Astheim fränkisch.

    Der Festungsbereich ging in das Hofgut einer fränkischen Sippe über, die hier ihre Angehörigen bestattete. Besonders auffallend ist das reich ausgestattete Grab eines grundherrschaftlichen Adeligen aus den Jahren um 700 n.Chr.

    Bedeutungslos geworden und schon länger als Ruine dastehend, wurde der Steinturm der Festung im 8./9. Jahrhundert komplett abgebrochen und das gewonnene Baumaterial an anderer Stelle wiederverwendet. Hier kommt besonders die berühmte Königspfalz von Trebur in Betracht. Diese wird erstmals im Jahr 829 urkundlich erwähnt, bis 1119 wurden hier immer wieder Reichstage abgehalten. Bekannt ist die Treburer Pfalz vor allem, weil sie im Jahr 1077 n.Chr. den Ausgangspunkt des Bußganges Heinrich IV. zu Papst Gregor VII. bildete ('Gang nach Canossa').

    Der Treburer Bürgermeister Jürgen Arnold zeigte sich stolz und erfreut: "Wir sind glücklich, die örtliche Geschichte dank der Grabungen der Universität Frankfurt so weit und detailliert zurückverfolgen zu können. Das schafft Identität und erfüllt die ganze Gemeinde mit Stolz."

    Prof. Rudolf Steinberg, Präsident der Universität Frankfurt, der von den beiden Vizepräsidenten, Prof. Jürgen Bereiter-Hahn und Prof. Andreas Gold, begleitet wurde, zeigte sich beeindruckt von den Entdeckungen. Er würdigte die Grabungen vor "den Toren der Universität" auch als beispielhaft für die Verbundenheit von Universität und Region: "Mit solchen Projekten wird der Wert von Wissenschaft deutlich, das ist Wissenschaft zum Anfassen, die zeigt, dass wir auch in unserer engsten Umgebung längst noch nicht alles wissen." Steinberg unterstrich, dass es wesentliches Ziel der Hochschulleitung sei, die Verankerung der Universität in Region und Stadt weiter voranzutreiben. Nicht nur im Bereich Finance und Naturwissenschaften, sondern auch in den Geistes- und Kulturwissenschaften. Hierzu leisteten derartige Projekte einen wichtigen Beitrag. Steinberg drückte im Namen des Präsidiums die Hoffnung aus, dass der Fortgang der Arbeiten auch in Zukunft gesichert werden könne.

    Prof. Hans-Markus von Kaenel zeigte sich angesichts der beeindruckenden Ergebnisse optimistisch, die Arbeiten in Südhessen fortsetzen zu können. Erstmals ist es im rechtsrheinischen Raum gelungen, das Schicksal einer spätrömischen Anlage über Jahrhunderte zu verfolgen und für einen historisch wichtigen Siedlungsraum Licht in die 'dunklen Jahrhunderte' zwischen Römerzeit und Mittelalter zu bringen.

    Kontakt: Prof. Dr. Hans-Markus von Kaenel, Tel. 069/798 32267, E-Mail: v.Kaenel@em.uni-frankfurt.de; Dr. Alexander. Heising; Tel.: 0171 / 6313073; E-Mail: a.heising@em.uni-frankfurt.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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