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09.07.2004 12:44

Zerstörung von Wildtierlebensräumen durch neue Agrarpolitik?

Sven Holst Kommunikation
Deutsche Wildtier Stiftung

    Das Projekt "Lebensraum Brache" - ein Eldorado für Wildtiere vor dem Aus?

    Veitshöchheim, 8. Juli 2004: Viele Arten, die einst typisch für offene Agrarlandschaften waren, wie Feldhasen, Rebhühner oder die Feldlerche, sind immer seltener in der Feldflur zu finden. Blühende Pflanzen, wie Kornblume und Mohn, sind an den Feldrändern kaum noch vorhanden. Mit ihnen schwindet der Artenreichtum an Insekten. Das Projekt "Lebensraum Brache" gibt diesen Arten wieder eine Chance, dennoch droht durch ministerielle Verordnung jetzt das Aus für dieses Vorzeigeprojekt.

    Über den aktuellen Stand und den Hintergrund des 2003 in Hessen und Bayern gestarteten Projektes "Lebensraum Brache" informiert Joachim A. Wadsack vom Internationalen Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC) am 8. Juli im Rahmen einer Exkursion. "Hunderttausende Hektar Ackerfläche müssen jedes Jahr von deutschen Landwirten still gelegt werden, um die Überproduktion auf dem Getreidemarkt zu begrenzen. Ein Teil der Fläche wird zwar für nachwachsende Rohstoffe, den so genannten "Non Food" Anbau genutzt, doch der überwiegende Teil der Flächen liegt brach. Leider werden diese Bracheflächen noch immer nicht konsequent im Sinne des Natur- und Artenschutzes gestaltet", bemängelt Joachim A. Wadsack.
    Deshalb zeigt das Projekt "Lebensraum Brache" auf, wie Wildtiere über eine Einsaat von Flächen mit Kultur- und Wildpflanzensamen gefördert werden.

    Nach der verabschiedeten Reform der EU-Agrarpolitik sind zukünftig Agrarauszahlungen an ökologische Mindeststandards gebunden. Zur nationalen Umsetzung legte das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft am 28. Mai 2004 einen Verordnungsentwurf vor, nach dem ein jährliches Mulchen bzw. Mähen von stillgelegten Flächen zur Pflicht werden soll. "Dies kommt einem Todesurteil für viele Wildtiere gleich", kritisierte Wolfram Güthler, Geschäftsführer des Deutschen Verbands für Landschaftspflege. Die mit mehrjährigen blüten- und nektarreichen Saatmischungen begrünten Flächen in dem Projekt "Lebensraum Brache" bieten über mehrere Jahre Nahrung und Deckung und sind insbesondere nach der Erntezeit und während des Winters lebenswichtige Strukturen in der Agrarlandschaft. Pflichtmaßnahmen wie jährliches Mulchen und Mähen würde diese wichtigen ökologischen Effekte zunichte machen. Güthler forderte deshalb den Bundesrat auf, bei seinen Beratungen im September die jährliche Mulchpflicht für Acker- und Stilllegungsflächen aus dem Verordnungsentwurf komplett zu streichen.

    Dabei bieten mehrjährige Agrarbrachen große Chancen. Besonders in ausgeräumten Agrarlandschaften ermöglichen sie als "Trittsteine" Wildtieren Zuflucht und verbinden verbliebene Biotope wie Hecken, Gewässer oder Feldgehölze miteinander. Prof. Dr. Jürgen Vocke, MdL, Präsident des Landesjagdverbandes Bayern, hob die hervorragende Zusammenarbeit von Landwirten, Jägern und Naturschützern in diesem Projekt hervor: "Davon profitieren alle Beteiligten - für die Landwirte verringern sich die Kosten der Pflegemaßnahmen, und aus der Sicht des Naturschutzes entstehen artenreiche Lebensräume, die unter anderem dem heimischen Wild Nahrung und Deckung bieten." Gefördert über das Projekt gestalten Bauern zusammen mit Jägern in Bayern und Hessen rund 2600 ha Stilllegungsflächen mit mehrjähriger, wildtierfreundlicher Saatgutmischung.



    Informationen zum Projekt "Lebensraum Brache"

    Das Projekt hat es sich zur Aufgabe gestellt, während des Projektzeitraumes von 2003 bis 2006 in Hessen und Bayern rund 2.600 ha Stilllegungsflächen durch die Ansaat von mehrjährigen, blüten- und nektarreichen Saatgutmischungen wildtiergerecht zu gestalten.

    Im ersten Projektjahr 2003 gelang dies in Bayern und Hessen auf rund 1.400 Hektar stillgelegte Ackerflächen. In diesem Jahr kamen ca. 1200 Hektar hinzu. Verschiedene Tiere wie Hummeln, Bienen, Feldhasen oder Rebhühner finden auf den Aussaatflächen ihre Nahrungsgrundlage und geeignete Bruthabitate. Besonders im Winter, wenn viele Äcker kahl in der Landschaft liegen, sorgen die so gestalteten Flächen für wertvolle Nahrung und Deckung.

    Wissenschaftlich wird das Projekt mit Monitoring-Programmen begleitet, in denen untersucht wird, ob und wie die Populationen der ausgewählten Offenlandarten Feldlerche, Feldhase und Rebhuhn von den wildtiergerecht gestalteten Stilllegungsflächen profitieren. Bereits im ersten Jahr war zu erkennen, dass die "Lebensraum Brache"-Flächen deutlich attraktiver für Wildtiere waren als Vergleichsflächen. Rund 70 Vogelarten, darunter viele bedrohte Arten wie Rohrweihe, Heide- und Feldlerche oder Neuntöter nutzen die Flächen ebenso wie zahlreiche Insekten.

    Das Projektteam besteht aus:
    dem Internationalen Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC); der Deutschen Wildtier Stiftung; den Landesjagdverbänden Hessen und Bayern; dem Deutschen Verband für Landschaftspflege (DVL); dem Institut für Wildtierforschung an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover; der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau.

    Die Finanzierung des vierjährigen Vorhabens erfolgt aus Mitteln der Projektpartner und aus Fördermitteln der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).

    Weitere Informationen zum Projekt finden Sie unter www.Lebensraum-Brache.de

    Kontakt:
    Deutsche Wildtier Stiftung
    Hilmar Freiherr v. Münchhausen,
    h.v.muenchhausen@dewist.de
    Telefon: 040-73339-321
    Marcus Börner, m.boerner@dewist.de
    Telefon: 040-73339-323

    Internationaler Rat zur Erhaltung
    des Wildes und der Jagd
    Joachim A. Wadsack,
    Joachim.Wadsack@t-online.de
    Telefon: 05606-3624


    Weitere Informationen:

    http://www.Lebensraum-Brache.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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