"Um in Forschung und Lehre im internationalen Wettbewerb der Bildungsstandorte bestehen zu können, sind unsere Hochschulen - wie von ausländischen Spitzenhochschulen erfolgreich praktiziert - auf externe Finanzierungsquellen angewiesen. Die Länder, in deren Zuständigkeit laut Grundgesetz die Hochschulen liegen, benötigen daher den nötigen Freiraum, entsprechende Finanzierungsmodelle zu entwickeln, zu denen auch die Mitfinanzierung des Studiums durch die Studierenden gehört." Mit diesen Worten erläuterte Wissenschaftsminister Prof. Dr. Peter Frankenberg am 9. November in Stuttgart die Verfassungsklage des Landes Baden-Württemberg und weiterer fünf Länder gegen das vom Bund im Hochschulrahmengesetz erlassene Verbot von Studiengebühren, nachdem zuvor die beteiligten Länder in mündlicher Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ihre Klage begründet hatten.
Das Grundgesetz setze dem Bund in der Gesetzgebung gerade auch beim Hochschulrecht enge Grenzen, betonte der Minister in einer Pressemitteilung. "Die Länder sind Träger der Kultur- und Bildungshoheit. Zwischen den Ländern gibt es einen breiten Konsens über die Notwendigkeit der Hochschulreform, so etwa über die Erweiterung der autonomen Gestaltungs- und Handlungsmöglichkeiten der Hochschulen oder die Grundsätze einer leistungsorientierten Hochschulfinanzierung."
Frankenberg verwies auf die Beispiele ausländischer Spitzenhochschulen, von denen "keine rein staatlich finanziert ist". Dabei denke er nicht nur an Harvard, Stanford oder Yale, sondern auch an die Universitätssysteme von US-Bundesstaaten. Spitzenhochschulen in den USA, aber auch in Europa könnten ein Mehrfaches der Mittel für ihre Studierenden ausgeben wie deutsche Hochschulen. "Dies vor allem deshalb, weil andere Länder wesentlich höhere private Anteile an der Finanzierung der tertiären Bildung haben. In den USA liegt dieser private Anteil bei 66 Prozent, in Australien bei 48 Prozent - in Deutschland hingegen bei nur 9 Prozent. Diese ausländischen Modelle müssen wir gründlich analysieren mit dem Ziel, deutlich mehr private Gelder auch hierzulande zur Finanzierung unserer Hochschulen zu mobilisieren."
Zweck der Hochschulreform in Deutschland sei, dass die Hochschulen sich selbständig mit selbst gesetzten Schwerpunkten und Profilen im weltweiten Wettbewerb um Exzellenz und Innovation behaupten können sollen, so der Minister. "Auf diese Herausforderungen hat der Bund im Hochschulrahmengesetz mit dem Rückgriff auf das regulierende, gleichmacherische Hochschulmodell der Siebzigerjahre geantwortet. Er verweigert den Ländern mit dem Verbot von Studiengebühren den nötigen Freiraum, zukunftsweisende Finanzierungsmodelle für die Hochschulen zu entwickeln."
Studiengebühren seien in vielen Staaten durchaus üblich und keineswegs kontraproduktiv, betonte Frankenberg. "Staaten mit der höchsten Bildungsbeteiligung weisen im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hohe finanzielle Beteiligungen der Studierenden auf und haben in der Regel auch eine deutlich höhere Zahl an Arbeiterkindern immatrikuliert." Ein pauschales Gebührenverbot für grundständige Studiengänge stelle damit einen erheblichen Wettbewerbsnachteil der deutschen Hochschulen dar.
Falls das Bundesverfassungsgericht das Studiengebührenverbot aufhebe, wird Baden-Württemberg nach Frankenbergs Worten einen Gesetzentwurf für die Einführung sozial verträglicher Studiengebühren erarbeiten. "Dafür werden die Urteilserwägungen des Verfassungsgerichts von großer Bedeutung sein", so der Minister.
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