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13.05.2005 12:28

Europäisches Exzellenznetzwerk für Rechtswissenschaft

Dr. Hans-Martin Kruckis Medien und News
Universität Bielefeld

    Gründung unter Beteiligung von Instituten aus Bielefeld, Osnabrück und Hamburg
    Suche nach "Gemeinsamem Referenzrahmen" für ein Europäisches Vertragsrecht

    Die Europäische Kommission hat im Rahmen ihrer Förderung der Spitzenforschung soeben ein Exzellenznetzwerk für Rechtswissenschaft gegründet, an dem siebzehn Universitäten und Forschungseinrichtungen aus acht europäischen Ländern und ca. 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus fast allen Mitgliedstaaten der EU beteiligt sind. Das Netzwerk wird in den kommenden vier Jahren aus Mitteln des 6. Forschungsrahmenprogramms mit 4,3 Mio. Euro gefördert.

    Das Exzellenznetzwerk ist seinerseits ein "Netzwerk der Netzwerke". In ihm kooperieren vor allem die unter dem Vorsitz des Osnabrücker Rechtswissenschaftlers Christian v. Bar arbeitende "Study Group on a European Civil Code", die das Werk der "European Commission on Contract Law" (der "Lando-Gruppe") fortsetzt, und die von dem Bielefelder Professor Hans Schulte-Nölke (der zugleich Koordinator des gesamten Exzellenznetzwerks ist) gegründete "Research Group on the Existing EC Private Law (Acquis Group)". Hinzukommen eine Vielzahl weiterer Wissenschaftler, außerdem zahlreiche selbstständige Forschungseinrichtungen und Wissenschaftsorganisationen, aus Deutschland unter anderem das Hamburger Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht.

    Nach langjährigen, z.T. hitzig geführten Debatten um die Frage, ob es sinnvoll und nötig sei, ein "Europäisches Zivilgesetzbuch" zu schaffen, haben sich die Regierungschefs der Mitgliedstaaten auf Anregung der Kommission, des Europäischen Parlaments und nach intensiven Vorarbeiten durch die Rechtswissenschaft im November 2004 darauf verständigt, einen "Gemeinsamen Referenzrahmen" für ein Europäisches Vertragsrecht zu schaffen. Aufgabe neuen Exzellenznetzwerks europäischer Rechtswissenschaftler ist es, einen Entwurf dieses Referenzrahmens zu schreiben und ihn mit Vertretern von Wirtschafts- und Verbraucherverbänden sowie Richtern und Anwälten abzustimmen. Dies geschieht in einem eigens hierfür geschaffenen weiteren Netzwerk, dem "Stakeholder-Network". Diese gemeinsamen Beratungen von Wissenschaftlern und Praktikern haben schon Ende März 2005 begonnen.

    Der "Gemeinsame Referenzrahmen" wird eine Art Modellkodifikation des Europäischen Vermögensrechts werden, deren Zweck vorerst auf die Verbesserung der Gesetzgebung des Gemeinschaftsgesetzgebers beschränkt ist, möglicherweise aber Bedeutung weit darüber hinaus erlangen wird. Die politische Debatte über die mit dem Gemeinsamen Referenzrahmen erreichbaren Ziele hat gerade erst begonnen. Die Europäische Kommission will mit ihm ihren Aktionsplan für ein kohärenteres Vertragsrecht krönen.

    Der deutsche Bundeskanzler hat in seinem Programm "Sieben Chancen für den Binnenmarkt" angekündigt, diesen Aktionsplan aktiv zu begleiten und zu unterstützen. Denn derzeit müssen sich alle auf dem europäischen Binnenmarkt tätigen Unternehmen mit den Rechtsordnungen von 25 Mitgliedstaaten herumschlagen, was die Beratung und die Rechtsdurchsetzung nach wie vor mit erheblichen Kosten und Risiken belastet, immer wieder zu Störungen des freien Austausches von Waren und Dienstleistungen führt und die Herausbildung eines gesamteuropäischen Rechtsbewusstseins hindert. Bislang hat der europäische Gesetzgeber Probleme, die sich beim Vertragsschluss im Binnenmarkt stellen, dadurch zu lösen versucht, dass er für bestimmte Vertragstypen (z.B. Verbraucherkreditverträge) oder bestimmte Vertriebsmethoden (z.B. E-Commerce) Einzelmaßnahmen ergriffen hat. Dieser sektorspezifische Ansatz genügt den Anforderungen der Rechtsentwicklung in Europa aber langfristig nicht mehr.

    Das Forschungsnetzwerk hat bis Dezember 2007 ein gewaltiges Arbeitsprogramm zu absolvieren. Auf mehreren tausend Seiten wird es rechtsvergleichende Tendenzeinschätzungen, Regeln, Kommentare und Nachweise zur aktuellen Rechtslage in den Mitgliedstaaten liefern, und zwar zu praktisch allen marktrelevanten Aspekten des Vertragsrechts, ferner zu den außervertraglichen Schuldverhältnissen und zu den für das Wirtschaftsleben wichtigsten Materien des Sachenrechts (z.B. Kreditsicherheiten). Die Forschergruppen werden aber nicht nur die aktuelle Gesetzeslage und die Rechtsprechung der Mitgliedstaaten aufarbeiten, sondern vor allem auch das schon existierende EU-Recht in ihre Regelungsvorschläge einarbeiten. Die Kommission erwartet zudem Vorschläge zu seiner Verbesserung im Sinne einer kohärenteren Gesamtregelung.

    Kontakt: Prof. Dr. Hans Schulte-Nölke, Universität Bielefeld, Fakultät für Rechtswissenschaft; Fon.: 0521/106-4414 oder -6971 (Sekretariat), Fax: 0521/106-6494; E-Mail: schulte-noelke@uni-bielefeld.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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