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10.03.2010 13:57

Für Erbgut gefährliches Teilchen entdeckt

Dr. Bärbel Adams Pressestelle
Universität Leipzig

    Leipziger Forscher messen erstmals die Bindungsenergie
    eines Elektrons in wässriger Lösung und entdecken neuen
    Mechanismus für Strahlenschäden der Erbsubstanz durch
    Hochenergiestrahlung. Diese Entdeckung hat möglicherweise
    Auswirkungen auf die Dosierung der Strahlentherapie von
    Krebs. Die Forschungsergebnisse wurden jetzt in der
    Zeitschrift Nature Chemistry veröffentlicht.

    "Lange Zeit hat man angenommen, dass Strahlungsschäden der
    DNA durch Hochenergiestrahlung wie etwa Röntgen- oder
    Partikelstrahlung besonders durch das Auftreten von
    sogenannten OH-Radikalen (O steht für Sauerstoff und H für
    Wasserstoff) hervorgerufen werden. Nun sieht es so aus, als
    ob ein weiteres Teilchen aus der Spaltung des Wassers durch
    Hochenergiestrahlen - das teilweise von Wassermolekülen
    umgebene Elektron an Grenzflächen - ein noch viel
    gefährlicheres Teilchen für das Erbgut von Lebewesen ist.",
    sagt Prof. Dr. Bernd Abel vom Wilhelm-Ostwald-Institut für
    Physikalische und Theoretische Chemie der Universität
    Leipzig und Seniorautor des Papers.

    "Wenn Hochenergiestrahlung auf die DNA einer Zelle trifft,
    dann kann sie damit gespalten und zerstört werden, ein
    Mechanismus der bei der Radiotherapie von Krebs ausgenutzt
    wird.", erklärt Prof. Abel. "Aber auch gesunde Zellen
    können durch Hochenergiestrahlung geschädigt werden."

    Zunächst schädigt die Primärstrahlung das Erbgut durch
    Ionisation und Spaltung. Die Primärstrahlung erzeugt
    außerdem eine Reihe von weiteren Teilchen - so zum Beispiel
    das teilweise in Wasser gelöste Elektron, das komplett
    abgebremste hydratisierte Elektron in Wasser und freie
    Radikale wie das OH-Radikal, die ebenfalls erbgutschädigend
    sind. "Und das OH-Radikal galt eben bisher als das
    gefährlichste Teilchen in diesem Teilchenzoo" so Prof. Abel
    weiter.

    Neu entdeckt: Teilweise gelöstes Elektron an Grenzflächen

    Durch die neuen Ergebnisse der Leipziger Arbeitsgruppe in
    Kooperation mit Wissenschaftlern aus Göttingen und Berlin
    konnte gezeigt werden, dass die Elektronen in Wasser an
    Grenzflächen - wie z. B. an Membranen oder Grenzflächen von
    Biomolekülen eine besonders schädigende Wirkung haben
    können. Dies liegt an der Bindungsenergie, die energetisch
    sehr günstig für eine Spaltung von DNA-Strängen ist. Wie
    die Forscher zeigen konnten, leben diese Teilchen auch
    besonders lange, so dass sich ihre schädigende Wirkung
    besonders gut entfalten kann.

    So wurde nun 45 Jahre nach der Entdeckung des freien
    gelösten Elektrons in Wasser seine bisher unbekannte
    Bindungsenergie gemessen. Prof. Abel: "Dass es dabei auch
    noch eine bisher unbekannte Spezies gibt - das teilweise
    gelöste Elektron an einer Grenzfläche - ist neu. Seine
    Existenz und seine Lebensdauer wurden mit einer neuen
    Ultrakurzzeitapparatur (einer schnellen Kamera auf der
    Basis von Lasern für kurzlebige reaktive Teilchen)
    erstmalig aufgenommen."

    Strahlungsdosen müssen in Zukunft neu bewertet werden

    "Die nun erstmalig bestimmten Bindungsenergien und
    Lebensdauern von vollständig und teilweise hydratisierten
    Elektronen in Wasser und an Wassergrenzflächen werden dazu
    führen, dass Strahlungsdosen in der Zukunft möglicherweise
    neu bewertet werden müssen und der neue
    DNA-Spaltungsmechanismus mit niederenergetischen Elektronen
    in Wasser könnte möglicherweise Auswirkungen für die
    Strahlentherapie von Krebs haben.", schlussfolgert Prof.
    Abel.

    Die neuesten Forschungsergebnisse der Leipziger wurden in
    der neuesten Ausgabe der Zeitschrift Nature Chemisty (7.
    März 2010) veröffentlicht: K. R. Siefermann, Y. Liu, E.
    Lugovoy, O. Link, M. Faubel, U. Buck, B. Winter and B.
    Abel. Binding energies, lifetimes and implications of bulk
    and interface solvated electrons in water. Nature
    Chemistry. DOI: 10.1038/NCHEM.580.

    Diskutiert und viel gelobt wurde der Beitrag im gleichen
    Heft von Daniel M. Neumark von der University of California
    in Berkeley,USA.



    Zur Person:

    Prof. Dr. Bernd Abel aus dem Ostwald-Institut für
    Physikalische und Theoretische Chemie der Universität
    Leipzig ist Mitglied der Graduiertenschule BuildMoNa, die
    im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder
    gefördert wird sowie im Profilbildenden Forschungsbereich 1
    der Universität. Seit 2008 ist er Professor für
    Physikalische Chemie und Reaktionsdynamik an der
    Universität Leipzig.
    Dr. Oliver Link, Katrin Siefermann und Yaxing Liu sind
    Mitarbeiter der AG Abel am Institut für Physikalische
    Chemie in Göttingen. Katrin Siefermann ist außerdem
    Mitglied des Graduiertenkollegs 782 am Institut für
    Physikalische Chemie der Universität Göttingen.

    ------------------------------------------------------------

    Weitere Informationen:
    Prof. Dr. Bernd Abel
    Telefon: +49 341 235-2715
    E-Mail: bernd.abel@uni-leipzig.de
    www.pc-uni-leipzig.de

    ------------------------------------------------------------
    Onlineansicht mit Abbildungen:
    http://www.zv.uni-leipzig.de/?id=674&ifab_modus=pmanzeige&ifab_id=3669


    Bilder

    Ein solvatisiertes (gelöstes) Elektron - hier als e- dargestellt - entsteht durch einen Lichtstrahl an einer Wasser-Grenzfläche in der Nähe eines DNA-Stranges und ist in der Lage, diesen zu spalten.
    Ein solvatisiertes (gelöstes) Elektron - hier als e- dargestellt - entsteht durch einen Lichtstrahl ...

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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