idw - Informationsdienst
Wissenschaft
11/12/2012 - 11/12/2012 | Berlin
Gibt es so etwas wie Kollektivsucht? Kennen wir Sucht als genuin gesellschaftliches Phänomen? Was bedeutet es, wenn man von der "addictive society" spricht? Ganz unabhängig vom Abhängigkeitssyndrom der Einzelmenschen können soziale Prozesse selbst die Merkmale von Suchtverhalten aufweisen. Wenn es so etwas wie nicht-individuelle, also kollektive und kommunikative Steigerungszwänge gibt, dann ist nicht primär die Gier der Banker das Problem, sondern man muss nach den spezifischen gesellschaftlichen Suchtmechanismen suchen, die solche impersonalen Abhängigkeitssyndrome erzeugen.
Der Vortrag schlägt einen Bogen von selbstschädigenden Wiederholungs- und Steigerungszwängen sozialer Systeme über den Moment der Beinahe-Katastrophe bis hin zu Neuorientierungen, die nicht von außen durch staatliche Regulierungen bewirkt werden können, sondern nur durch Wandlungen ihrer "inneren Konstitution". Mit Derrida könnte man von "äußerst kapillaren Verfassungen der Diskurse" sprechen, auf die sich die Transformation richten muss, weil sie, nur sie – und nicht die "kapitalen" Verfassungen der Staatenwelt – das Innenleben der sozialen Körper selbst bis in die feinsten Blutgefäße hinein regulieren.
Um die jüngste globale Finanzkrise, aber auch andere gesellschaftliche Krisen, zu verstehen, sollte man sich nicht allein auf Faktorenanalysen verlassen, sondern nach selbstdestruktiven Steigerungszwängen von Informationsflüssen – vulgo Suchtphänomenen – suchen. "Hit the bottom" bezeichnet den "konstitutionellen Moment", in dem entweder die Katastrophe eintritt oder gesamtgesellschaftliche Änderungskräfte von solcher Intensität mobilisiert werden, dass sich unter ihrem Druck die "innere Konstitution" der Wirtschaft ändert.
Das Konzept der Vollgeldreform ist eines unter mehreren Beispielen, an dem sich eine innere Konstitutionalisierung der globalen Wirtschaft, deren Wirkungen weder durch nationale noch durch transnationale Interventionen der Staatenwelt erreicht werden können, deutlich machen lässt.
Prof. em. Dr. Gunther Teubner ist Professor für Privatrecht und Rechtssoziologie; Principal Investigator, Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen" an der Goethe-Universität Frankfurt und Professor am International University College, Turin.
Prof. Dr. Heinz Bude, Soziologe; Leiter des Arbeitsbereichs "Die Gesellschaft der Bundesrepublik" des Hamburger Instituts für Sozialforschung und Inhaber des Lehrstuhls für Makrosoziologie an der Universität Kassel
Information on participating / attending:
Ort: Studio, Schaubühne am Lehniner Platz, Kurfürstendamm 153, Berlin
Beginn: 19.30 Uhr
Eintritt: 2,50 €, Ermäßigungsberechtigte frei
Date:
11/12/2012 19:30 - 11/12/2012 21:30
Event venue:
Ort: Studio, Schaubühne am Lehniner Platz, Kurfürstendamm 153, Berlin
10709 Berlin
Hamburg
Germany
Target group:
all interested persons
Email address:
Relevance:
transregional, national
Subject areas:
Politics, Social studies
Types of events:
Presentation / colloquium / lecture
Entry:
09/13/2012
Sender/author:
Dr. Regine Klose-Wolf
Department:
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Event is free:
no
Language of the text:
German
URL of this event: http://idw-online.de/en/event40894
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).