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04/13/1999 08:15

Erfreuliche Bilanz der Hochschulzusammenarbeit zwischen Ost und West:

Friederike Schomaker Pressestelle
Deutscher Akademischer Austauschdienst e.V.

    Strukturierte Programme besonders gefragt

    Die Hochschulen der Länder Mittel- und Osteuropas nehmen eine Schlüsselfunktion im Transformationsprozeß der Reformstaaten ein. Gerade in Fächern wie Jura, Betriebswirtschaft, Soziologie und Politologie gelten sie als besonders reformbedürftig; gleichzeitig sind sie aber der Motor für den gesellschaftlichen Wandel. Stabile Demokratien und moderne Volkswirtschaften müssen sich auf ein funktionierendes Bildungs- und Hochschulsystem stützen. Dies bedeutet für die Hochschulen, die Reform von Studiengängen, die Entwicklung von Curricula und Verwaltung voranzutreiben und gleichzeitig international qualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchs auszubilden. Inwieweit seit Anfang der 90er Jahre nationale und europäische Förderprogramme dabei eine entscheidende Unterstützung geboten haben, diskutierten rund 100 Regierungs- und Hochschulvertreter aus 25 Ländern auf einer Fachtagung am 12. und 13. April 1999 in Dresden. Die Konferenz, die vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) durchgeführt wurde, fand anläßlich der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und mit Unterstützung der Europäischen Kommission statt. Die dort gezogene Zwischenbilanz der Hochschulzusammenarbeit zwischen Ost und West zeigt, daß die verschiedenen Förderprogramme der EU-Mitgliedsstaaten und der Europäischen Union wesentlich dazu beigetragen haben, die Hochschulbeziehungen mit Mittel- und Ost-europa auf eine quantitativ und qualitativ neue Basis zu stellen. Die anläßlich der Konferenz vorgelegte Studie "Hochschulzusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedsstaaten und Mittel- und Osteuropa im Rahmen von nationalen und EU-Programmen" weist Deutschland dabei als eines der aktivsten Mitgliedsländer aus. Die Forderungen für die Zukunft lauten: Mehr Westeuropäer sollten zu Studienaufenthalten in diesen Ländern motiviert werden. Nach Auffassung vieler Teilnehmer erfordert dies, daß noch erheblich mehr Mittel in die bisher eher statisch finanzierte akademische Ost/West-Kooperation investiert werden müßten, da diese Form der Zusammenarbeit die Türen öffnet für die politische Integration in Europa.

    Der DAAD hat in seinen bilateralen Programmen zwischen 1990 und 1998 insgesamt 240 Mio. DM aus Bundesmitteln für die Zusammenarbeit mit Mittel- und Osteuropa aufgewendet. Damit konnten rund 64.000 Studierende, Graduierte und Wissenschaftler aus Deutschland (16.000) und Mittel- und Osteuropa (48.000) gefördert werden. Mehr als die Hälfte aller Stipendien für Wissenschaftler werden im Rahmen von Hochschul- und Institutspartnerschaften vergeben.

    Im gleichen Zeitraum hat das TEMPUS-Programm der EU fast 700 Mio. ECU (rund 1,4 Mrd. DM) für die Ost/West-Kooperation zur Verfügung gestellt. Anders als bei den meisten nationalen Förderprogrammen stehen bei TEMPUS vor allem der strukturelle Auf- und Ausbau der Hochschulen und die Reform der Hochschulsysteme in Mittel- und Osteuropa im Mittelpunkt. Durch die TEMPUS-Projekte konnten zahlreiche neue Lehrpläne sowie Lehr- und Lernmaterialen entwickelt und die Ausstattung bzw. die Infrastruktur der Hochschulen verbessert werden. TEMPUS hat zudem mehr als 130.000 Studierenden, Hochschullehrern und Personen der Hochschulverwaltung einen Auslandsaufenthalt ermöglicht. Die Stipendien wurden dabei überwiegend im Rahmen von transnationalen Kooperationsprojekten für das Hochschulpersonal (54.000) und Studenten (33.000) aus Mittel- und Osteuropa bereitgestellt. Aus den EU-Ländern gingen mit 28.000 Hochschulangestellten und 5.000 Studierenden deutlich weniger Personen an die mittel- und osteuropäischen Partnereinrichtungen.

    Wie in den meisten nationalen Förderprogrammen der EU-Mitgliedsstaaten sind auch im TEMPUS/PHARE-Programm der EU die sogenannten Mobilitätsströme unausgewogen. Eine wichtige Aufgabe für die Zukunft wird es daher in nationalen und in EU-Programmen sein, noch mehr Westeuropäer für einen Aufenthalt in Mittel- und Osteuropa zu motivieren. Die Analyse vorhandener Förderinstrumente zeigt, daß sich hierfür strukturierte Partnerschaftsprogramme besonders eignen.

    Mit der Teilnahme am SOKRATES/ERASMUS-Programm der EU ab 1998 und dem absehbaren Ende des Hilfsprogramms TEMPUS im Jahre 2000 wurde für die EU-Beitrittskandidaten der Länder Mittel- und Osteuropas ein programmpolitischer Paradigmenwechsel vollzogen. Die Hochschulen dieser Region sind nun gleichberechtigte Partner in der Hochschulzusammenarbeit und sehen sich ähnlichen Förderbedingungen gegenüber wie die Länder der Gemeinschaft. Für die Regierungen der Länder Mittel- und Osteuropas bedeutet dies, daß sie zum Teil beträchtliche nationale Mittel für die Teilnahme ihrer Hochschulen aufbringen müssen. Für die einzelnen Hochschulen hat die Teilnahme an SOKRATES deutlich geringere finanzielle Zuschüsse und zum Teil andere organisatorische Formen der Projektkooperation als in TEMPUS zur Folge. Inwieweit das Ende von TEMPUS vor diesem Hindergrund für manche dieser Länder möglicherweise zu früh kommt und welche Konsequenzen die neuen Rahmenbedingungen der EU-Partnerschaftsprogramme mittelfristig für die Hochschulzusammenarbeit zwischen Ost und West haben werden, bleibt abzuwarten.

    Dennoch richten sich besonders große Hoffnungen auf das SOKRATES/ERASMUS-Programm, das 1998 für fünf Beitrittskandidaten aus Mittel- und Osteuropa geöffnet wurde und bereits ermutigende Ergebnisse brachte: Rund 150 Hochschulen aus Polen, Ungarn, Tschechien, Rumänien und der Slo-wakei beteiligten sich am Studierenden- und Dozentenaustausch. 5.500 Studenten aus Mittel- und Osteuropa gingen für einen Studienabschnitt in die EU - unter ihnen allein die größte Gruppe mit 1.600 Teilnehmern nach Deutschland; dieses Ergebnis gründet nicht zuletzt auf der guten Vorarbeit der vielen deutschen Hochschulpartnerschaften schon seit Anfang der 80er Jahre. Umgekehrt interessierten sich ca. 4.100 Studenten für einen Studienaufenthalt in Mittel- und Osteuropa. Die Planzahlen für 1999/2000 lassen eine sprunghafte Intensivierung der Austauschbeziehungen erwarten: Nahezu 11.300 Studierende wollen dann mit SOKRATES/ERASMUS aus Mittel- und Osteuropa (jetzt einschließlich Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen und voraussichtlich Slowenien) in die EU und über 8.600 Studierende aus der EU in die neuen Partnerländer. Allerdings bleibt abzuwarten, wie sich der Austausch tatsächlich gestaltet. Nach ersten Erfahrungen nehmen zwar zwei Drittel der mittel- und osteuropäischen Studierenden die Mobilitätszuschüsse in Anspruch, bei den Studenten aus EU-Ländern liegt die Quote jedoch nur bei einem Fünftel.

    Um einen langfristig ausgewogenen Austausch mit Mittel- und Osteuropa zu erreichen, müssen die Anstrengungen in Ost und West verstärkt werden. Hierzu zählen gemeinsame Maßnahmen zur Beseitigung der sprachlichen und finanziellen Schwierigkeiten ebenso wie Erleichterungen bei den rechtlichen und praktischen Rahmenbedingungen der Mobilität. Es muß auch geprüft werden, ob die bisher eher unverbunden nebeneinander stehenden nationalen und EU-Programme künftig besser aufeinander abgestimmt und so mögliche Lücken, die TEMPUS hinterläßt, geschlossen werden können. Voraussetzung dafür ist eine regelmäßige Evaluierung der verschiedenen Programme sowie eine weitere Intensivierung des förderungspolitischen Dialogs und Informationsaustauschs zwischen den betroffenen Ländern in Ost und West. Die Konferenz in Dresden hat, so waren sich alle Teilnehmer einig, hierzu einen wichtigen Beitrag geleistet.


    More information:

    http://www.daad.de


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    Criteria of this press release:
    interdisciplinary
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Science policy, Scientific conferences
    German


     

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