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10/16/1997 00:00

Mit Minilabor im Kofferformat gegen gefährliche Arzneimittelfälschungen

Dorothea Carr Dezernat 8 - Hochschulkommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

    Bewaehrungsprobe in Kamerun bestanden - erster grosser Praxistest auf den Philippinen in Kuerze

    Mit Arzneimittelfaelschungen lassen sich offenbar relativ leicht und gefahrlos riesige Gewinne erzielen. Dies insbesonders dann, wenn die Praeparate fuer Entwicklungslaender bestimmt sind, wo vor Ort praktisch nicht zu ueberpruefen ist, ob es sich bei dem Arzneimittel um Original oder Faelschung handelt. Da solche gefaelschten Praeparate oft keinen oder zu geringe Mengen des Wirkstoffs enthalten, sind sie fuer den Tod zahlreicher Menschen in der Dritten Welt verantwortlich. Besonders gravierend ist, wenn der Patient anstatt eines dringend benoetigten Antibiotikums oder entsprechender Antimalaria der Wurmpraeparate lediglich wirkungslose Faelschungen bekommt.

    Im Pharmazeutischen Institut der Universitaet Bonn, das seit langem im Bereich Analytik taetig ist und sich insbesondere um die verbesserte Anwendbarkeit von Arzneibuchvorschriften bemueht, hat sich Prof. Dr. Peter Pachaly der praktischen Frage gewidmet, wie mit einfachsten Mitteln, kostenguenstig und ohne grossen Aufwand von aerzten und Apothekern, aber auch von nicht ausgebildeten Helfern vor Ort, die notwendigen analytischen Tests zum Erkennen von Arzneimittelfaelschungen durchgefuehrt und ausgewertet werden koennten. Dabei heraus kam ein Low Cost Minilabor im Reisekofferformat und ein Heft mit detaillierten Arbeitsvorschriften nach dem Muster "man nehme..." Gefoerdert wurde das Projekt durch den German Pharma Health Fund e.V. (GPHF) in Zusammenarbeit mit der WHO, die die wichtigsten Arzneimittel fuer den Testkoffer benannte. Die Entwicklung der Testmethoden lag in der Hand der Arbeitsgruppe von Prof. Pachaly. Sie wurden speziell fuer das Minilab von Peter Gobina optimiert. Die grossen Praxistests und die Weiterentwicklung des Minilabors zur Serienreife liegen in der Hand des Missionsaerztlichen Instituts Wuerzburg. Der GPHF wird voraussichtlich im Oktober/November '97 das Labor auf den Philippinen testen. Die Bonner Wissenschaftler hatten bereits vor einigen Monaten ihren Prototypen in Kamerun erfolgreich erprobt.

    Zur Zeit koennen mit Hilfe des Minilabors 15 der wichtigsten Arzneimittel ueberprueft werden, eine Erweiterung auf insgesamt etwa 50 wichtige Arzneistoffe der "Essential Drug List" der WHO ist geplant. Als Nachweisverfahren fuer eine derartige "Basis Qualitaetskontrolle" dient die Duennschichtchromatographie. Dazu traegt man die zu untersuchende Substanz geloest auf eine Traegerplatte auf, die mit einem adsorbierenden Material (Kieselgel) beschichtet ist. Auf dieser Schicht werden die einzelnen Komponenten unterschiedlich schnell transportiert. Beim fertigen Chromatogramm erscheinen diese Komponenten als getrennte Flecke, die im UV Licht oder durch Anfaerben, beispielsweise mit Jod, sichtbar gemacht werden koennen. So hat jedes Medikament einen typischen Fingerabdruck, den es zu erkennen gilt. Das Begleitheft zum Minilabor enthaelt, neben der auch fuer Laien verstaendlichen Beschreibung des Testverfahrens, Bilder von Vergleichschromatogrammen, die die Auswertung eines Tests und damit eine sichere Identifizierung des erwarteteten Arzneistoffs erlauben. Das Verfahren ermoeglicht nicht nur die Erkennung eines Wirkstoffes, sondern auch, in gewissen Grenzen, Aussagen ueber seinen Gehalt zu treffen.

    Duennschichtchromatographische Untersuchen werden in allen europaeischen Labors durchgefuehrt; im Minilabor jedoch mit erheblich geringerem experimentellen Aufwand: So dient ein handelsuebliches Marmeladenglas als Entwicklungskammer fuer das Chromatogramm; Traeger der Adsorptionsschicht ist eine kleine Glasplatte. Die zu untersuchenden Materialien werden nicht im Porzellanmoerser, sondern zwischen kleinen Blaettchen aus Alufolie zerbroeselt und geloest. Die erhaltene Loesung bzw. Suspension wird in standardisierten Schritten weiter verduennt und erst dann duennschichtchromatographisch untersucht. Auf diese Weise kann auf Analysenwaagen vollstaendig verzichtet werden. Anstelle der sonst verwendeten teuren Referenzsubstanzen werden bestimmte Arzneimittel mit europaeischem, garantierten Qualitaetsstandard als Sekundaerstandards eingesetzt. Wo jegliche Laborausruestung fehlt, reicht zur Sichtbarmachung einer Substanz auf dem Duennschichtchromatogramm nach der Behandlung mit einem Farbreagenz anstelle einer speziellen Heizplatte auch ein kleines Reisebuegeleisen.

    Den Wert des Minilabors fuer die dringend notwendige Basis-Qualitaetskontrolle in den Entwicklungslaendern macht gerade diese Fuelle an preiswerten Alltagsloesungen aus. Ausser einem Tisch und eventuell elektrischem Licht ist alles im Minilabor selbst enthalten: vom Bleistift bis zu den Vergleichssubstanzen, vom Chromatograhiezubehoer bis zur batteriebetriebenen UV-Lampe. Wie der erste Praxistest in Kamerun zeigte, scheinen die entwickelten Testmethoden und die Ausruestung des Testkits auch ohne sonstige Laborausstattung und unter den unterschiedlichsten klimatischen Bedingungen einsetzbar zu sein.

    Damit bestehen gute Chancen, Patienten auch in Entwicklungslaendern vor Arzneimittelfaelschungen zu schuetzen. Ob sich diese Methode durchsetzt, haengt nicht zuletzt davon ab, wie stark das jeweilige Interesse eines Landes oder einzelner Personen ist, die Kriminalitaet in diesem Bereich zu unterbinden. Ute Warkalla

    Ansprechpartner: Prof. Dr. Peter Pachaly Tel.: 0228 73 23 17 Peter Gobina Tel.: 0228 / 73 25 64


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    Criteria of this press release:
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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