Der Aufbau Ost ist ein zentrales Thema auf der politischen Agenda der Bundesrepublik Deutschland. Zu den hierfür mobilisierten Ressourcen gehört auch die Forschung, die sich mit diesem Thema seit 1990 befasst. Mit welchen Untersuchungsergebnissen begleitet die Forschung die Praxis beim Aufbau Ost, wie kommentiert sie seine Ergebnisse und welche Empfehlungen spricht sie für die künftige Ausgestaltung dieser Aufgabe aus?
Zu diesen Fragen hat das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) einen Untersuchungsauftrag an das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) vergeben und hierzu hat das Difu die Veröffentlichung "Der Aufbau Ost als Gegenstand der Forschung " - Untersuchungsergebnisse seit 1990"vorgelegt.
An der Bearbeitung des Untersuchungsauftrags waren wichtige Forschungseinrichtungen beteiligt, die selbst mit dem Thema "Aufbau Ost" befasst sind: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), das Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL) in Leipzig, das Leibniz-Institut für ökologische Raumforschung (IÖR) in Dresden, das Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) in Erkner bei Berlin, die TU Dresden und die Universität Potsdam.
Materialbasis und Gegenstand der gemeinsamen Untersuchung waren wissenschaftliche Studien der Eigenforschung, der geförderten Forschung sowie der Auftragsforschung.
Ein erstes Untersuchungsergebnis ist, dass die Fülle der Forschungsergebnisse ohne ein gezieltes Wissensmanagement nur schwer zu überschauen ist. Deshalb wurde für das Projekt eine eigene Literaturdatenbank eingerichtet. Diese Datenbank umfasst rund 800 Forschungsnachweise, die nach Meinung der Bearbeiter von zentraler Bedeutung sind. Die Difu-Veröffentlichung zum Projekt enthält hiervon durch Register erschlossene Nachweise zu 360 besonders wichtigen Forschungsarbeiten. Solche Nachweissysteme sind nicht nur für die Wissenschaft zukünftig unersetzliche Hilfsmittel, sondern auch für die Verwaltungen von Bund, (neuen) Ländern und Kommunen.
Ein zweites Untersuchungsergebnis ist, dass die Auftragsforschung im Vergleich zu anderen Forschungstypen eine herausragende Rolle spielt: Annähernd die Hälfte der untersuchten Forschungsprojekte gehört zu diesem Forschungstyp. Das ist ein deutlicher Beleg dafür, dass sich die Politik sehr wohl der Bedeutung der Forschung als Ressource für den Aufbau Ost bewusst war. Vor allem bis zur Mitte der 90er Jahre ist die Zahl der Forschungsprojekte zum Aufbau Ost stark angestiegen, mittlerweile ist tendenziell ein Rückgang zu beobachten. Insgesamt ist die Forschungsintensität zu den neuen Ländern jedoch nicht intensiver als die auf die alten Ländern gerichtete gewesen.
Welche Ergebnisse hatten die Forschungsarbeiten zum Aufbau Ost? Hierzu enthält die Difu-Veröffentlichung kurze Zusammenfassungen für 13 Themenfelder: Lebensqualität privater Haushalte, Wohnungswesen, Städtebau und Stadtumbau Ost, Verkehr, Grundversorgung und soziale Infrastruktur, Bildung und Forschung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, öffentliche Finanzen, Wirtschaftspolitik, Verwaltung, Raumordnung, Regionalpolitik und EU-Osterweiterung. Jeder dieser Bereiche wird mit Quellenangaben zu zentralen Forschungsarbeiten unterlegt.
Die Forschung ist kein einfacher Berater für die Praxis. Das ergibt sich aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Grundpositionen und Methoden, die von ihr im Hinblick auf das Thema Aufbau Ost eingesetzt worden sind. Gleichwohl lässt sich eine weitgehende Übereinstimmung in der Grundaussage der Wissenschaftler feststellen, dass dem Aufbau Ost insgesamt große Erfolge zuzurechnen sind. Hierzu zählt die in den neuen Ländern gelungene Transformation der Rahmenbedingungen für rechtsstaatlich geordnete Lebensverhältnisse insgesamt. In mehreren Lebensbereichen (z.B. Wohnungsversorgung, Rentenniveaus, Versorgung mit Infrastuktureinrichtungen) sind Ausstattungs- und Versorgungsniveaus erreicht worden, die nicht nur den aus der DDR-Zeit überkommenen weit überlegen sind, sondern auch Vergleichen mit denen der alten Länder gut standhalten können.
Im Hinblick auf noch immer bestehende Probleme beim wirtschaftlichen Aufbau Ost bezieht ein Teil der Forschung die Position, dass es sich dabei im Kern um ein "Marktversagen" handelt, eine andere Grundposition verweist hingegen auf ein "Staatsversagen". Aus solchen konträren Positionen der Wissenschaft lässt sich auch erklären, dass es selten einhellige Empfehlungen der Forschung für die Politik gibt.
Die Difu-Forschungsbilanz enthält als Ergebnis auch Empfehlungen für die künftige Ausrichtung der Forschung zum Aufbau Ost. Hierzu gehört die Empfehlung, stärker an der Überwindung disziplinärer Grenzen zu arbeiten. So charakterisiert beispielsweise die stark ausgebildete wirtschaftswissenschaftliche Forschung eine Vernachlässigung von interdisziplinären Bezügen, die bei der raumwissenschaftlichen Forschung eher anzutreffen sind.
Eine weitere Empfehlung bezieht sich darauf, die bisher üblichen einfachen "Ost-West-Vergleiche" stärker zu differenzieren, um unterschiedliche Entwicklungen im Vergleich der neuen Länder untereinander besser wahrnehmen und interpretieren zu können.
Eine dritte Empfehlung will den Blick dafür öffnen, dass der Aufbau Ost in größeren Zusammenhängen zu sehen ist, wie sie sich etwa aus der Globalisierung ergeben. Hierzu gehört auch der Ruf nach einer stärkeren Internationalisierung der Forschung, welche die EU-Osterweiterung und die Transformationsentwicklungen in den östlichen Nachbarländern vergleichend einbezieht.
Gefordert wird zusammenfassend ein "Forschungsprogramm Aufbau Ost" mit einer "neuen Breite und Tiefe der Forschung", die sich vermehrt auch der Policy-Forschung zuwendet und auch sozialpsychologischen und mentalitätsgeschichtlichen Aspekten zum Aufbau Ost stärkere Beachtung schenkt.
Weitere Ergebnisse sind in der neuen Difu-Veröffentlichung nachzulesen:
"Der Aufbau Ost als Gegenstand der Forschung - Untersuchungsergebnisse seit 1990"
Difu-Materialien 4/2005, 178 S.; Berlin 2005. ISBN 3-88118-380-9, Schutzgebühr Euro 15,-
Die vom Difu im Rahmen des Auftrages bearbeiteten Themenfelder "Grundversorgung und soziale Infrastruktur" sowie "Raumordnung" wurden online veröffentlicht und sind als Volltexte im Internet unter folgenden Links abzurufen: http://edoc.difu.de/orlis/DF9166.pdf und http://edoc.difu.de/orlis/DF9167.pdf .
Weitere Informationen:
Dipl.-Volkswirt Michael Bretschneider, Telefon: 030/39001-281, E-Mail: bretschneider@difu.de
Kurzinfo: Deutsches Institut für Urbanistik
Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu), Berlin, ist als größtes Stadtforschungsinstitut im deutschsprachigen Raum die Forschungs-, Fortbildungs- und Informationseinrichtung für Städte, Kommunalverbände und Planungsgemeinschaften. Ob Stadt- und Regionalentwicklung, Wirtschaftspolitik, Städtebau, Soziale Themen, Umwelt, Verkehr, Kultur, Recht, Verwaltungsthemen oder Kommunalfinanzen: Das 1973 gegründete unabhängige Institut bearbeitet ein umfangreiches Themenspektrum und beschäftigt sich auf wissenschaftlicher Ebene mit allen Aufgaben- und Problemstellungen, die die Kommunen heute und in Zukunft zu bewältigen haben. Rechtsträger ist der Verein für Kommunalwissenschaften e.V., der zur Sicherung und Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung durch Förderung der Kommunalwissenschaften gegründet wurde.
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http://www.difu.de
Deutsches Institut für Urbanistik
Straße des 17. Juni 112, D-1O623 Berlin
Der Text ist selbstverständlich frei zum Abdruck -
über ein/en Belegexemplar/-Link würden wir uns sehr freuen!
http://www.difu.de/presse/050414.shtml
http://edoc.difu.de/orlis/DF9166.pdf
http://edoc.difu.de/orlis/DF9167.pdf
http://www.difu.de
Criteria of this press release:
Construction / architecture, Economics / business administration, Law, Politics, Social studies, Traffic / transport
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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