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05/03/1999 20:19

Reform auch ohne den Druck gesetzlicher Vorgaben

Heiner Stix Abteilung Kommunikation
Universität Mannheim

    Universität Mannheim beschließt neue Grundordnung / Als einzige die Experimentierklausel des baden-württembergischen Universitätsgesetzes genutzt / Universitätsrat (Hochschulrat) als Kontrollgremium eingeführt

    Mit deutlicher Mehrheit hat der Große Senat der Universität Mannheim am vergangenen Mittwoch die neue Grundordnung der Universität verabschiedet. 43 Mitglieder stimmten dem Entwurf zu, fünf stimmten dagegen, vier enthielten sich, eine Stimme war ungültig. Der Große Senat hat damit der Hochschule eine neue Leitungs- und Entscheidungsstruktur gegeben, einen Universitätsrat eingeführt und sich selbst sowie den Verwaltungsrat abgeschafft. Als einzige Universität des Landes hat die Uni Mannheim mit diesem Schritt von der Experimentierklausel des derzeit gültigen Universitätsgesetzes Gebrauch gemacht. Die neue Grundordnung wird, die Zustimmung des Wissenschaftsministeriums vorausgesetzt, am 1. Oktober 1999 in Kraft treten und fünf Jahre lang zur Erprobung gelten - unabhängig von der Verabschiedung eines neuen Universitätsgesetzes. "Wir zeigen damit, dass Hochschulen auch ohne den Druck gesetzlicher Vorgaben in der Lage sind, sich zu reformieren", betont Uni-Rektor Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Frankenberg die Bedeutung der neuen Grundordnung. "Es ist ein Zeichen von Autonomie und auch ein Gewinn an Autonomie, da Kompetenzen vom Ministerium an die Universität übergehen."

    Mit der neuen Grundordnung werden die Leitungs- und Entscheidungsstrukturen der Universität Mannheim künftig sehr viel mehr als bisher von einer Trennung der Zuständigkeiten, einer deutlichen Reduktion der Entscheidungsinstanzen und -wege sowie einer Konzentration der Kompetenzen bei den verbleibenden Gremien gekennzeichnet sein. Durch die Einführung eines auch mit externen Mitgliedern besetzten Universitätsrates holt sich die Hochschule zudem auswärtigen Sachverstand und neutrale Stimmen in das für die Genehmigung des Haushaltsplans sowie des Struktur- und Entwicklungsplanes zuständigen Gremiums.

    Die neue Grundordnung der Universität Mannheim stimmt in weiten Teilen, insbesondere in der Grundrichtung, mit dem derzeit diskutierten neuen baden-württembergischen Universitätsgesetz überein. Schwerpunkte sind dabei, die Fakultäten durch zusätzliche Entscheidungskompetenzen zu stärken, die Planungs- und Durchführungskompetenzen des Rektorats zu verbessern und gleichzeitig echte Kontrollgremien zu schaffen. Ziel ist es, die Ressourcen möglichst effizient einzusetzen, Flexibilität zu schaffen und sowohl die Kosten der Institution an sich als auch die Entscheidungs- und Handlungsabläufe transparenter zu machen.

    So ist der Senat als das Entscheidungsgremium in akademischen Angelegenheiten außerdem zuständig für die Wahl und auch die Abwahl des Rektors. Alle Aufgaben des bisherigen Großen Senats gehen an den Senat über. "Er gewinnt akademische Kompetenz und wird zum entscheidenden Gremium in allen die Gesamtuniversität betreffenden akademischen Fragen", so Frankenberg.

    Der Universitätsrat wiederum ist zuständig für die Genehmigung der vom Rektorat im Benehmen mit den Dekanen aufgestellten Pläne. Er kontrolliert außerdem die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der vom Rektorat durchgeführten Maßnahmen und unterrichtet den Senat über das Ergebnis. Dem Universitätsrat gehören 13 Mitglieder an, davon sieben aus der Universität und sechs Externe. Zu den universitären Mitgliedern gehören neben vier Professoren je ein Student, ein Mitarbeiter des wissenschaftlichen Dienstes und ein Mitarbeiter aus dem nichtwissenschaftlichen Bereich. Über die Zusammensetzung des Universitätsrates entscheidet der Senat. Die Mitglieder werden vom Ministerium bestellt. "Der Universitätsrat ist außerdem zuständig für alle Angelegenheiten, in denen das Ministerium Kompetenzen auf die Universität überträgt", so Frankenberg weiter. "Die Genehmigung von Studien- und Prüfungsordnungen allerdings würde als akademische Angelegenheit nach unserer Grundordnung beim Senat sein und bleiben." Die Mitglieder des Rektorates nehmen an den Sitzungen des Universitätsrates teil, haben jedoch kein Stimmrecht. Als Begründung dafür führt Frankenberg die Aufgabe des Universitätsrates an. "Der Universitätsrat ist ein Kontrollorgan für das Rektorat. Wir können ja schlecht das Rektorat sich selbst kontrollieren lassen." So wird das Rektorat auch bei der Wahl der Mit-glieder des Universitätsrates nicht stimmberechtigt sein.

    Das Rektorat, bestehend aus dem Rektor, bis zu drei Prorektoren und dem Kanzler, leitet die Universität. Seine wichtigsten Aufgaben sind die Aufstellung des jährlichen Haushaltsplanes und des Struktur- und Entwicklungsplanes sowie die Zuteilung aller Ressourcen im Rahmen dieser Pläne. Neu ist, daß diese Pläne durch eine Art "bottom-up-Prozess" entstehen. Der Haushaltsplan entsteht in der Diskussion mit den Dekanen der Fakultäten, die zuvor ihren eigenen Haushaltsplan aufgestellt und damit ihre Wünsche und Schwer-punkte formuliert haben. Das Rektorat muss daraus einen realisierbaren Haushaltsplan der Gesamt-Universität formen und auf die Einhaltung der Ziele aus dem Entwicklungsplan achten. Die Universität Mannheim erprobt in diesem Zusammenhang bereits seit zwei Jahren das Instrument der Zielvereinbarungen. Das Projekt wird vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft gefördert. "Wir stärken damit die Fakultäten weit über das übliche Maß hinaus" betont Rektor Frankenberg. Sie entscheiden, welche Ziele sie anstreben, welche Mittel sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben und zur Erreichung ihrer Ziele benötigen und sie verteilen die zur Verfügung stehenden Mittel. Damit kommt natürlich auf die Dekane ein hohes Maß an Verantwortung und auch einiges an zusätzlicher Arbeit zu. Im Prinzip sei deshalb mittelfristig der "hauptamtliche" statt des derzeitigen "nebenamtlichen" Dekans anzustreben. Dazu allerdings müßten erst Strukturen geschaffen werden, mit denen das Lehrangebot sichergestellt werden könne. "Keine Fakultät und erst recht nicht die 'kleinen' Fächer können es sich derzeit erlauben, auf einen Professor zu verzichten".

    In der Universität überwiegt die Zustimmung zur neuen Grundordnung deutlich. Dies zeige schon, so Frankenberg, die weit über die erforderliche 2/3-Mehrheit hinausgehende Zustimmung im Großen Senat. Zwar gebe es unterschiedliche Kritikpunkt zu einzelnen Regelungen aus den verschiedenen Gruppen, über die Grundrichtung jedoch herrsche weitestgehende Einigung. "Dabei spielt sicherlich auch die Tatsache eine Rolle, dass wir die Grundordnung selbst erarbeitet haben und nicht auf die Vorgaben des Gesetzes reagieren mussten", resümiert Frankenberg. "Dadurch wird es sicherlich auch sehr viel leichter, die Regelungen mit Leben zu füllen und so einen weiteren Schritt zu einer neuen Arbeits- und Denkweise der Universität zu vollziehen".


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    interdisciplinary
    transregional, national
    Science policy
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