Am 29. April ist Prof. Dr. Friedrich-Christian Schroeder, Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozeßrecht und Ostrecht, für sein wissenschaftliches Werk und seine Verdienste um die Förderung der Beziehungen zwischen der polnischen und der deutschen Rechtswissenschaft die Ehrendoktorwürde der Universität Wroclaw (Breslau) verliehen worden.
Wie Prof. Schroeder nach seiner Rückkehr betonte, würden solche Anlässe im Ausland heute meist feierlicher begangen als in Deutschland, wo man 1968 mit den Talaren auch die alten akademischen Traditionen samt und sonders über Bord geworfen hat.
Prof. Dr. Tomasz Kaczmarek, der die Laudatio auf Prof. Schroeder hielt, ließ dessen akademischen Werdegang Revue passieren und hob dann Schwerpunkte der wissenschaftlichen Arbeit von Prof. Schroeder hervor, die sich in mehr als 400 Publikationen niedergeschlagen hat.
Er erinnerte daran, daß Schroeder als der "Schöpfer" der Lehre vom "Täter hinter dem Täter" gelte, auf die sich der Bundesgerichtshof gerne beruft.
Er verwies auf den Leipziger Kommentar, in dem Schroeder die Abschnitte über Vorsatz, Fahrlässigkeit und Unrechtsbewußtsein neu geschrieben und verfeinert habe.
Große Anerkennung, so Kaczmarek weiter, sei Schroeder mit sehr originellen und schöpferischen Arbeiten über den "Irrtum über Tatbestandsalternativen" und den "Irrtum bei großflächigen Angriffsobjekten" zuteil geworden.
Prof. Kaczmarek würdigte Schroeders Verdienste um das Große Lehrbuch des Strafrechts von Reinhart Maurach, dem früheren Lehrer von F.-C. Schroeder, für das er eine neue Systematik des Besonderen Teils entworfen hätte. "Dieses Lehrbuch", so Kacmarek, "ist, durch die zahlreichen Verbesserungen, eine besondere Ehrenbezeugung Schroeders für seinen Lehrer und findet große Beachtung als eines der wichtigsten Universitätslehrbücher".
Speziell ging der Laudator auf Schroeders Beschäftigung mit dem osteuropäischen Recht ein. Unter Berücksichtigung der Rolle der Sowjetunion nach der Konferenz von Jalta und der neuen Ordnung in diesem Teil Europas, untersuchte er (Schroeder) die Rechtsordnung der Sowjetunion und die Probleme der Sowjetisierung des Rechts der unter ihrem Einfluß verbleibenden Staaten. Mit der wissenschaftlichen Erforschung des russischen Rechts begann Schroeder bereits im Alter von 21 Jahren mit einer Publikation über "Das Strafrecht der UdSSR de lege ferenda" (1958).
In zahlreichen Arbeiten über Recht und Rechtslehre der Staaten Mittelosteuropas hat F.-C. Schroeder sich auch lebhaft für das polnische Recht und die polnische Rechtswissenschaft, dabei auch für das polnische Strafrecht, interessiert. Er hat mit großem Einsatz vor den Vereinfachungen gewarnt, die sich aus den im Westen allgemein akzeptierten Thesen über die Sowjetisierung des Rechtes und der Rechtslehre in Osteuropa ergeben können. Im Fall Polens unterschätzte eine solche These seiner Meinung nach die geschichtlich gewachsene Gestalt des natinalen Bewußtseins und das tiefe innere Freiheitsgefühl der Polen. Um die polnische Zugehörigkeit zum westlichen Kulturkreis zu betonen, hat er nicht nur in seinen Arbeiten, sondern auch durch die Dissertationen seiner Schüler die Ansicht vertreten, daß es gerade diese Eigenschaften gewesen seien, die im polnischen Recht und in der polnischen Rechtslehre eine Tendenz zur Uniformierung des wissenschaftlichen Verhaltens verhinderten.
Unter Berücksichtigung der für die polnische Rechtslehre charakteristischen Offenheit und Unabhängigkeit, insbesondere im Vergleich mit den andern Ländern der sog. Volksdemokratien, wurde F.-C. Schroeder ein sehr treuer Fürsprecher polnischer Rechtsgedanken, wie er auch zahlreiche Formen der polnisch-deutschen wissenschaftlichen Zusammenarbeit initiierte.
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