Unscheinbar aber wirkungsvoll sind Beläge aus Bakterien, Pilzen und Algen, die sich überall entwickeln können. Biofilme kommen in der Natur genauso vor wie im technischen Bereich. Sie beeinflussen die Umwelt und werden sogar zur Abwasserreinigung technisch genutzt.
Am falschen Platz jedoch können sie Millionenschäden verursachen. Wenn sie zum Beispiel Beton und Stahl zur Korrosion bringen oder auch Kühltürme mit ihrem Schleim lahmlegen.
Biofilme sind noch erstaunlich wenig erforscht, obwohl die meisten Mikroorganismen auf der Erde in Biofilmen leben. Jetzt geht eine achtköpfige Forschergruppe an der Mercator-Universität Duisburg dem nach, was Biofilme in ihrem Innersten zusammenhält und wie ihre Struktur auf molekularer Ebene aufgebaut ist.
Dabei wird sie von der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die nächsten drei Jahre mit zwei Mio DM unterstützt. Sprecher der weitgehend in der Chemie angesiedelten DFG-Forschergruppe ist Prof. Dr. Hans-Curt Flemming, Aquatische Mikrobiologie.
Neue wissenschaftliche Arbeitsrichtung in Deutschland
Die Duisburger Forschergruppe aus Mikrobiologen, Physiko-Chemikern und Physikern ist eine weltweit seltene Ausnahme und soll sich systematisch mit den theoretischen Grundlagen und der Anwendung heute verfügbarer physikalisch-chemischer Methoden zur Charakterisierung von Biofilmen befassen. Dies ist eine neue Arbeitsrichtung in Deutschland und ergänzt die gegenwärtige Biofilmforschung entscheidend. Unterstützt wird sie durch einen Wissenschaftler von der Ruhr-Universität Bochum.
Die physikalisch-chemischen Eigenschaften von Biofilmen sind bisher wissenschaftlich noch längst nicht ausreichend erforscht. Vor allem bei der Optimierung der Biofilm-Technik und bei der Bekämpfung schädlicher Biofilme wirkt sich die große Wissenslücke negativ aus. Prof. Flemming: "Das Geheimnis der Biofilme sind die sogenannten EPS, das sind die extrazellulären polymeren Substanzen - die Komponenten des Schleims. Sie bilden ein Gel, von dem die Mikroorganismen zusammngehalten werden und mit dem sie sich an alle möglichen Oberflächen anheften können."
Was sind Biofilme?
Biofilme entstehen überall dort, wo sich kleinste Lebewesen, eben Mikroorganismen, anlagern und Schleime aus Biopolymeren bilden. In dieser Matrix können sie sich festsetzen, stabile Gemeinschaften bilden und sich auch gegen toxische Stoffe schützen. Sie brauchen keine feste Unterlage. Wenn sie sich aneinanderkleben, bilden sie Flocken, sozusagen schwimmende Biofilme, oder auch Schlämme.
Die meisten Mikroorganismen leben in derartigen Biofilm-Verbänden. Es gibt praktisch keine Oberfläche, die nicht von Mikroorganismen bewohnt wird. Sogar der gesunde menschliche Körper ist in seiner Hautflora von Biofilmen besiedelt. Wenn sich allerdings die falschen Organismen festsetzen, kommt es zu Erkrankungen.
Biofilme sind die Grundlage für die Selbstreinigungskraft der Natur und sorgen auch für den Kreislauf von Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und anderer wichtiger Elemente. Die biologische Reinigung von Trink- und Abwasser beruht ebenso auf der Tätigkeit von Biofilmen wie die biologische Abfallbehandlung.
Mehrere hundert Millionen DM Schäden jährlich
Sie können aber auch zu massiven Problemen führen, etwa wenn sie Oberflächen in technischen Anlagen abdecken und ihre Umgebung kontaminieren. Dies führt beispielsweise in der Trinkwassertechnik, in Rohrleitungen, in Papierfabriken oder auf Schiffsböden zu großen Beeinträchtigungen. Sie können sogar die Korrosion von Beton, Edelstahl und Kunststoffen bewirken. Meist werden solche Schäden erst spät erkannt und ihre tatsächlichen Ursachen übersehen. Bundesweit summieren sie sich auf hunderte von Millionen DM.
Biofilme bestehen zwar hauptsächlich aus Wasser, doch das wird von den Schleimsubstanzen festgehalten. Obwohl EPS ein echtes Bioprodukt sind, weil sie von den Mikroorganismen selbst gebildet werden, sind sie dennoch nur scher biologisch abbaubar. Prof. Flemming: "So schützen die Biofilm-Bewohner ihr Haus." EPS bestehen im wesentlichen aus Eiweißstoffen und Kohlehydraten und sind unterschiedlich zusammengesetzt, je nachdem, wo der Biofilm lebt und welche Mikroorganismen ihn bilden.
Der Biofilm und seine Bewohner
Die EPS geben dem Biofilmen seine Form, also mal rauh, mal glatt, mal fransig oder auch mal zerklüftet. Aber nicht nur das, die Hypothese der neuen Forschergruppe ist, daß diese Form eine Funktion hat. Prof. Flemming: "Sie könnte bewirken, daß die Mikroorganismen sich in Biofilmen ansatzweise wie multizelluläre Organismen verhalten können.
Dadurch können sie miteinander kommunizieren und sich ökologische Vorteile verschaffen. Deshalb ist die Struktur der EPS-Matrix so interessant." Die EPS bieten den Mikroorganismen eine natürliche Möglichkeit, stabile synergistische Gemeinschaften von Mikroorganismen zu bilden. Die Forscher vermuten, daß die EPS-Struktur entscheidende ökologische Funktionen erfüllt und keine rein zufällige Konstruktion ist.
Das rechtzeitige Erkennen ist eine wichtige Voraussetzung, um Biofilme wirkungsvoll bekämpfen zu können. Bisherige Methoden durch Probenentnahme sind umständlich, aufwendig und dauern meist zu lange, um die nötigen aktuellen Informationen zu bekommen.
Deshalb wird das Forschungsprojekt optische Verfahren entwickeln, um online Echtzeit-Messungen vornehmen zu können und ein schnelles Reagieren zu ermöglichen. Ein erster faseroptischer Sensor existiert bereits, mit dem es möglich ist, die Entstehung von Biofilmen direkt zu erkennen.
Insgesamt arbeitet die Duisburger Forschergruppe daran, ein tieferes Verständnis von der Struktur sowie der physiko-chemischen Prozesse und Effekte von Biofilmen zu gewinnen. Dann wird es auch möglich sein, sie wirkungsvoller zu nutzen oder auch gezielt zu bekämpfen, dort wo sie Schäden anrichten.
Zu den Themenfeldern der Forschergruppe gehören u.a.
- Mechanismus der Gelbildung
- Zerstörungsfreie Untersuchung der Biofilm-Bestandteile
- Bindung von Wasser in biologischen Schlämmen
- Biofilm-Struktur und Diffusionsverhalten kleiner Moleküle
- Optische Eigenschaften
- Makromolekulare Strukturen im Biofilm
- Steuerung der Aktivität von extrazellulären Enzymen durch EPS
- Mechanische Stabilität mikrobieller Aggregate
- Service-Projekt
Zur Forschergruppe gehören die Duisburger Wissenschaftler
- Prof. Dr. Werner Borchard (Angewandte Physikalische Chemie),
- Prof. Dr. Volker Buß (Theoretische Chemie),
- Prof. Dr. Christian Mayer (Physikalische Chemie),
- Prof. Dr. Wiebren Veeman (Physikalische Chemie)und
- Dr. Jost Wingender (Aquatische Mikrobiologie) sowie
- Prof. Dr. Hilmar Franke (Angewandte Physik).
- Externer Partner ist
- Priv.-Doz. Dr. K.E. Jäger (Biologie der Mikrorganismen) von der Ruhr-Universität Bochum
EILT!!!
Sehr geehrte Redaktionen,
leider ist uns in der beigefügten Presseerklärung ein bedauerlicher Fehler unterlaufen:
Die DFG hat den Antrag zwar positiv begutachtet, aber noch nicht endgültig im Senat darüber entschieden.
Deshalb wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie entweder die unten angegebene Formulierung nutzen würden, oder warten, bis wir Ihnen melden können, daß der endgültige Finanzierungsbescheid durch die DFG vorliegt.
Danke!
Beate Kostka
- Pressestelle -
Physikalische Chemie der Biofilme
Großer Nutzen und riesige Schäden
Unscheinbar aber wirkungsvoll sind Beläge aus Bakterien, Pilzen und Algen, die sich überall entwickeln können. Biofilme kommen in der Natur genauso vor wie im technischen Bereich. Sie beeinflussen die Umwelt und werden sogar zur Abwasserreinigung technisch genutzt.
Am falschen Platz jedoch können sie Millionenschäden verursachen. Wenn sie zum Beispiel Beton und Stahl zur Korrosion bringen oder auch Kühltürme mit ihrem Schleim lahmlegen.
Biofilme sind noch erstaunlich wenig erforscht, obwohl die meisten Mikroorganismen auf der Erde in Biofilmen leben. Eine sechsköpfige Forschergruppe an der Mercator-Universität Duisburg wird dem nachgehen, was Biofilme in ihrem Innersten zusammenhält und wie ihre Struktur auf molekularer Ebene aufgebaut ist.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat den eingereichten Forschungsantrag positiv begutachtet. Sprecher der weitgehend in der Chemie angesiedelten Wissenschaftlergruppe ist Prof. Dr. Hans-Curt Flemming, Aquatische Mikrobiologie.
Neue wissenschaftliche Arbeitsrichtung in Deutschland
Die Duisburger Forschergruppe aus Mikrobiologen, Physiko-Chemikern und Physikern ist eine weltweit seltene Ausnahme und soll sich systematisch mit den theoretischen Grundlagen und der Anwendung heute verfügbarer physikalisch-chemischer Methoden zur Charakterisierung von Biofilmen befassen. Dies ist eine neue Arbeitsrichtung in Deutschland und ergänzt die gegenwärtige Biofilmforschung entscheidend. Unterstützt wird sie durch einen Wissenschaftler von der Ruhr-Universität Bochum.
Die physikalisch-chemischen Eigenschaften von Biofilmen sind bisher wissenschaftlich noch längst nicht ausreichend erforscht. Vor allem bei der Optimierung der Biofilm-Technik und bei der Bekämpfung schädlicher Biofilme wirkt sich die große Wissenslücke negativ aus. Prof. Flemming: "Das Geheimnis der Biofilme sind die sogenannten EPS, das sind die extrazellulären polymeren Substanzen - die Komponenten des Schleims. Sie bilden ein Gel, von dem die Mikroorganismen zusammngehalten werden und mit dem sie sich an alle möglichen Oberflächen anheften können."
Was sind Biofilme?
Biofilme entstehen überall dort, wo sich kleinste Lebewesen, eben Mikroorganismen, anlagern und Schleime aus Biopolymeren bilden. In dieser Matrix können sie sich festsetzen, stabile Gemeinschaften bilden und sich auch gegen toxische Stoffe schützen. Sie brauchen keine feste Unterlage. Wenn sie sich aneinanderkleben, bilden sie Flocken, sozusagen schwimmende Biofilme, oder auch Schlämme.
Die meisten Mikroorganismen leben in derartigen Biofilm-Verbänden. Es gibt praktisch keine Oberfläche, die nicht von Mikroorganismen bewohnt wird. Sogar der gesunde menschliche Körper ist in seiner Hautflora von Biofilmen besiedelt. Wenn sich allerdings die falschen Organismen festsetzen, kommt es zu Erkrankungen.
Biofilme sind die Grundlage für die Selbstreinigungskraft der Natur und sorgen auch für den Kreislauf von Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und anderer wichtiger Elemente. Die biologische Reinigung von Trink- und Abwasser beruht ebenso auf der Tätigkeit von Biofilmen wie die biologische Abfallbehandlung.
Mehrere hundert Millionen DM Schäden jährlich
Sie können aber auch zu massiven Problemen führen, etwa wenn sie Oberflächen in technischen Anlagen abdecken und ihre Umgebung kontaminieren. Dies führt beispielsweise in der Trinkwassertechnik, in Rohrleitungen, in Papierfabriken oder auf Schiffsböden zu großen Beeinträchtigungen. Sie können sogar die Korrosion von Beton, Edelstahl und Kunststoffen bewirken. Meist werden solche Schäden erst spät erkannt und ihre tatsächlichen Ursachen übersehen. Bundesweit summieren sie sich auf hunderte von Millionen DM.
Biofilme bestehen zwar hauptsächlich aus Wasser, doch das wird von den Schleimsubstanzen festgehalten. Obwohl EPS ein echtes Bioprodukt sind, weil sie von den Mikroorganismen selbst gebildet werden, sind sie dennoch nur schwer biologisch abbaubar. Prof. Flemming: "So schützen die Biofilm-Bewohner ihr Haus." EPS bestehen im wesentlichen aus Eiweißstoffen und Kohlehydraten und sind unterschiedlich zusammengesetzt, je nachdem, wo der Biofilm lebt und welche Mikroorganismen ihn bilden.
Der Biofilm und seine Bewohner
Die EPS geben dem Biofilm seine Form, also mal rauh, mal glatt, mal fransig oder auch mal zerklüftet. Aber nicht nur das, die Hypothese der neuen Forschergruppe ist, daß diese Form eine Funktion hat. Prof. Flemming: "Sie könnte bewirken, daß die Mikroorganismen sich in Biofilmen ansatzweise wie multizelluläre Organismen verhalten können.
Dadurch können sie miteinander kommunizieren und sich ökologische Vorteile verschaffen. Deshalb ist die Struktur der EPS-Matrix so interessant." Die EPS bieten den Mikroorganismen eine natürliche Möglichkeit, stabile synergistische Gemeinschaften von Mikroorganismen zu bilden. Die Forscher vermuten, daß die EPS-Struktur entscheidende ökologische Funktionen erfüllt und keine rein zufällige Konstruktion ist.
Das rechtzeitige Erkennen ist eine wichtige Voraussetzung, um Biofilme wirkungsvoll bekämpfen zu können. Bisherige Methoden durch Probenentnahme sind umständlich, aufwendig und dauern meist zu lange, um die nötigen aktuellen Informationen zu bekommen.
Deshalb wird das Forschungsprojekt optische Verfahren entwickeln, um online Echtzeit-Messungen vornehmen zu können und ein schnelles Reagieren zu ermöglichen. Ein erster faseroptischer Sensor existiert bereits, mit dem es möglich ist, die Entstehung von Biofilmen direkt zu erkennen.
Insgesamt arbeitet die Duisburger Forschergruppe daran, ein tieferes Verständnis von der Struktur sowie der physiko-chemischen Prozesse und Effekte von Biofilmen zu gewinnen. Dann wird es auch möglich sein, sie wirkungsvoller zu nutzen oder auch gezielt zu bekämpfen, dort wo sie Schäden anrichten.
Zu den Themenfeldern der Forschergruppe gehören u.a.
r Mechanismus der Gelbildung
r Zerstörungsfreie Untersuchung der Biofilm-Bestandteile
r Bindung von Wasser in biologischen Schlämmen
r Biofilm-Struktur und Diffusionsverhalten kleiner Moleküle
r Optische Eigenschaften
r Makromolekulare Strukturen im Biofilm
r Steuerung der Aktivität von extrazellulären Enzymen durch EPS
r Mechanische Stabilität mikrobieller Aggregate
r Service-Projekt
Zur Forschergruppe gehören die Duisburger Wissenschaftler
r Prof. Dr. Volker Buß (Theoretische Chemie),
r Prof. Dr. Wiebren Veeman (Physikalische Chemie)und
r Dr. Jost Wingender (Aquatische Mikrobiologie) sowie
r Prof. Dr. Hilmar Franke (Angewandte Physik).
Externer Partner ist
r Priv.-Doz. Dr. K.E. Jäger (Biologie der Mikrorganismen)
von der Ruhr-Universität Bochum
Criteria of this press release:
Biology, Chemistry, Environment / ecology, Information technology, Oceanology / climate
transregional, national
Research projects
German
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