Welche Perspektiven hat die EU-Verfassung nach den gescheiterten Referenden - Öffentliche Diskussion mit Erwin Teufel und Paul Kirchhof
Der europäische Gedanke musste in den letzten Wochen herbe Rückschlage hinnehmen. Nach den gescheiterten Referenden über eine gemeinsame Verfassung scheint die Vision eines politisch geeinten Kontinent brüchig, wenn nicht gänzlich hinfällig. Steht uns nach Jahrzehnten der intensiven Kooperation zwischen den europäischen Staaten wieder eine Epoche nationaler Egoismen bevor? Oder sind die Zweifel der Bürger an einem erweiterten, dem heutigen Europa und an der europäischen Verfassung berechtigt? Drohte eine überbordende bürokratische Maschinerie unsere demokratischen Bürgerrechte zu beschneiden?
Am Mittwoch, dem 29. Juni, findet um 18.30 Uhr im Heidelberger Palais Prinz Carl eine öffentliche Diskussion zu diesem Thema statt. Unter der Fragestellung "Wohin treibt Europa?" stellen sich Prof. Dr. Paul Kirchhof (ehemaliger Verfassungsrichter) sowie Erwin Teufel (Ministerpräsident a.D.) im Anschluss an ihre Vorträge den Fragen interessierter Bürger. Teufel, vormals Vertreter des Bundesrates im EU-Verfassungskonvent, war an der Ausarbeitung des EU-Verfassungsentwurfes beteiligt; Kirchhof wirkte als Richter an dem Maastricht-Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit. Teufel berichtet über die Entstehung der Verfassung und welche Grundgedanken ihre Ausarbeitung prägten. Über den Versuch, wie er es stets nannte, die gemeinsame Verfassung "vom Kopf auf die Füße zu stellen" und welche Vorteile für den Einzelnen aus ihrer Umsetzung entspringen können.
Den aktuellen Fragen des Scheiterns der Referenden, ob die Verfassung der Öffentlichkeit nur schlecht vermittelt wurde oder ob es tiefer gehende Ursachen der gegenwärtigen Krise gibt, widmen sich die Jungforscher der Akademie. Die interdisziplinär zusammengesetzte Nachwuchsgruppe "Legitimität einer Europäischen Verfassung unter den Bedingungen nationaler Verfassungstraditionen" beschäftigt sich seit zwei Jahren mit den Grundfragen der europäischen Gemeinschaft und begleitete die Arbeit im Verfassungskonvent. Die Veranstaltung bildet den Höhepunkt einer wissenschaftlichen Tagung, die die Heidelberger Akademie der Wissenschaften im Rahmen ihres WIN-Projekts (Akademiekolleg für den wissenschaftlichen Nachwuchs) veranstaltet.
"Das Problem wird besonders deutlich, wenn man sich das Verhalten der Abstimmungsgegner in Frankreich und den Niederlanden betrachtet. Sie betonen, prinzipiell zwar für Europa, aber gegen dieses konkrete Europa zu sein. Es herrscht also ein Konsens für die EU, die Menschen haben aber den Eindruck, zu wenig beteiligt zu sein. Dies ist durch die mangelhafte Rückkoppelung der europäischen Institutionen mit der Öffentlichkeit verursacht. Die Bürger können sich zu wenig einbringen, weder selbst, noch durch ihre Repräsentanten", fasst Dr. Georg Jochum, der Sprecher des Projekts, die gegenwärtige Situation zusammen. Die Menschen nähmen daher Europa nicht als demokratisch, sondern als bürokratisch wahr.
Für die Forschungsgruppe kam die Abstimmungsniederlage in Frankreich also nicht überraschend. Die EU-Verfassung stelle zwar eine Verbesserung gegenüber den Verträgen von Nizza dar, allerdings seien vor allem die Entscheidungsprozesse in Europa nicht hinreichend legitimiert, was sich nun auch in der Ablehnung deutlich zeige. Die Volkswirtin Dr. Katrin Ullrich vom ZEW in Mannheim, der Philosoph Dr. Wolfgang Schröder von der Universität Tübingen, der Historiker Niels Petersson und der Jurist Dr. Georg Jochum stehen im Anschluss an die Diskussion zu Gesprächen bereit.
Ort: Palais Prinz Carl, Kornmarkt 1
69117 Heidelberg
Datum: 29. Juni 2005
Uhrzeit: 18.30 Uhr
Der Eintritt ist kostenlos.
Rückfragen bitte an:
Dr. Johannes Schnurr
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
Telefon: 06221 / 54 34 00
Fax: 06221 / 54 33 55
E-Mail: johannes.schnurr@urz.uni-heidelberg.de
Internet: www.haw.baden-wuerttemberg.de
oder
Dr. Georg Jochum
Telefon 07531/88 27 30
Fax: 07531/88 31 46
E-Mail: Georg.jochum@uni-konstanz.de
Internet: www.uni-konstanz.de/eu-verfassung/
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Criteria of this press release:
Economics / business administration, History / archaeology, Law, Media and communication sciences, Politics, Social studies
transregional, national
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German
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