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06/28/2005 13:14

Internationale Auszeichnungen für Saarbrücker Aidsforscher

Friederike Meyer zu Tittingdorf Pressestelle der Universität des Saarlandes
Universität des Saarlandes

    Tobias Sing, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken, ist mit bioinformatischen Analysen zur Aids-Therapie an mehrfach international ausgezeichneten Forschungsarbeiten beteiligt. Auf dem 14. Internationalen Kongress zur HIV-Wirkstoffresistenz, der Anfang Juni im kanadischen Quebec stattfand, wurden seine gemeinsamen Forschungen mit italienischen Virologen mit dem "Best Poster Award" ausgezeichnet. Die präsentierten Erkenntnisse wurden damit von insgesamt 166 internationalen Forschungsarbeiten zum Thema Aids als die besten befunden. Die gleiche Anerkennung für dieses und ein weiteres Forschungsprojekt erhielt Sing außerdem im April bei der zweiten wichtigen Konferenz zur Aidsforschung in diesem Jahr, dem europäischen HIV Drug Resistance Workshop in Athen.

    Der Bioinformatiker Tobias Sing hat gemeinsam mit Medizinern und Virologen aus Rom neue Mutationen im HIV-Genom entdeckt, die mit dem Therapieversagen gegenüber einer bestimmten Klasse von Wirkstoffen verknüpft sind. Diese Erkenntnisse spielen eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Aids-Patienten. Je nachdem, welche Resistenzen die HIV-Erreger entwickeln, müssen die verschiedenen Medikamente eines Aids-Patienten neu zusammengestellt werden. Von der richtigen Kombination der derzeit rund 20 verfügbaren Medikamente hängt es ab, ob der Krankheitsverlauf eines Aids-Patienten aufgehalten werden kann. Mit Hilfe von bioinformatischen Methoden konnten die Wissenschaftler herausfinden, dass die meisten der neu entdeckten Mutationen mit zwei bekannten Mutationspfaden verknüpft sind, die das Fortschreiten der Resistenz verursachen. Die Wahl des Pfades scheint von unauffälligen Hintergrundmutationen in der Virenpopulation mitbestimmt zu werden. Bioinformatische und Laboranalysen haben darüber hinaus zur Entdeckung von einigen Mutationen geführt, die die Resistenz des Virus beeinträchtigen und die möglicherweise gezielt bei der Behandlung ausgenutzt werden können. Insgesamt zeigt die Studie, dass die Mutationsmuster, die zur Wirkstoffresistenz führen, deutlich komplexer sind, als bisher angenommen.

    Auf dem europäischen HIV-Resistenzkongress in Athen wurde Tobias Sing für eine weitere, in Zusammenarbeit mit dem Institut für Virologie der Universität Köln durchgeführte Forschungsarbeit ausgezeichnet, bei der es ebenfalls darum geht, die Therapie von Aids-Patienten zu unterstützen. Für eine neue Generation von Aids-Medikamenten hat der Bioinformatiker einen schon bestehenden kostenlosen Webdienst des Max-Planck-Instituts für Informatik weiter entwickelt. Der im Jahr 2000 von Dr. Niko Beerenwinkel entworfene Webservice "geno2pheno" hilft Ärzten dabei, individuell für jeden Aids-Patienten die passende Kombination von Medikamenten auszuwählen. Dafür wird das im Patientenblut gefundene HIV-Genom sequenziert und dann mit dem Rechner auf bestehende Resistenzen hin untersucht. Diesen Webdienst, der schon über 36.000 mal von Ärzten und Aidsforschern in Anspruch genommen wurde, hat Tobias Sing auf die neuen Medikamente angepasst. Diese Medikamente werden derzeit in klinischen Studien getestet und versuchen die Viren am Eintritt in die Zellen durch das Blockieren von sogenannten HIV-Korezeptoren zu hindern.

    Auf der Basis von über tausend verschiedenen HIV-Stämmen, für die sowohl die Erbinformationen als auch die Korezeptorbenutzung experimentell bestimmt wurden, hat der Bioinformatiker Sing das Vorhersagesystem "geno2pheno[coreceptor]" erarbeitet. Mediziner und Virologen unterstützt dieser neue Service dabei, herauszufinden, ob die neuen Aids-Medikamente ihre vorgesehene Wirkung auch erreichen können. Der Korezeptor ist eine Art Eingangstür in der von HIV befallenden menschlichen Zelle, über die das Virus in die Zelle eindringt, um sich dort zu vermehren. Da beim medikamentösen Blockieren eines HIV-Korezeptors die Virenpopulation auf einen anderen Korezeptor ausweichen könnte, muss die Korezeptorbenutzung während der Behandlung mit einem der neuen Medikamente, die Korezeptoren blockieren, also die entsprechende Tür in die Zelle verschließen, sorgfältig und regelmäßig kontrolliert werden. Wie bei der Resistenzanalyse auch, ist hier eine genotypische Überwachung mit Hilfe des Webdienstes ist deutlich günstiger und schneller als aufwendige Laboruntersuchungen. Das neue Werkzeug fand bereits in einer publizierten virologischen Studie Verwendung. Darüber hinaus wurden seit Juni 2004 bereits über 1.600 Vorhersagen mit seiner Hilfe durchgeführt.

    Die Bioinformatik-Forschergruppe um Prof. Dr. Thomas Lengauer am Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken ist bundesweit führend auf dem jungen Gebiet der klinischen Bioinformatik. Ein weiterer Mitarbeiter der Forschergruppe, Niko Beerenwinkel, wurde jetzt für seine Doktorarbeit über die computergestützte Analyse von Resistenzphänomenen bei HIV-Infektionen mit der Otto-Hahn-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft ausgezeichnet. Er forscht seit kurzem an der University of California in Berkeley (USA). Das HIV Projekt hat die Abteilung vor einigen Jahren zusammen mit Kölner und Erlanger Virologen sowie Bioinformatikern aus Bonn und Potsdam ins Leben gerufen. Prof. Thomas Lengauer ist außerdem Sprecher des Saarbrücker Zentrums für Bioinformatik, das als eines von bundesweit fünf Bioinformatik-Zentren von der deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert wird. In dem Zentrum arbeiten Bioinformatiker, Mediziner, Biologen und Pharmazeuten eng zusammen. Schwerpunktthemen sind nicht nur die klinische Aids- und Hepatitis-Forschung, sondern auch die Entschlüsselung des menschlichen Genoms.

    Mehr Informationen unter: http://www.zbi.uni-saarland.de und http://www.geno2pheno.org

    Fragen beantworten Ihnen:

    Friederike Meyer zu Tittingdorf (Pressekontakt)
    Kompetenzzentrum Informatik der Universität des Saarlandes
    Tel. 0681/302-58099
    Email: presse@cs.uni-sb.de
    www.informatik-saarland.de

    Tobias Sing
    Max-Planck-Institut für Informatik, Saarbrücken
    Tel. 0681/9325-315
    Email: tobias.sing@mpi-sb.mpg.de


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    Criteria of this press release:
    Biology, Information technology, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Research results, Scientific conferences
    German


     

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