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07/19/2005 13:53

Weltrekord mit Hochtemperatursupraleiter im Forschungszentrum Karlsruhe

Dr. Joachim Hoffmann Stabsabteilung Presse, Kommunikation und Marketing
Forschungszentrum Karlsruhe in der Helmholtz-Gemeinschaft

    Mit flüssigem Stickstoff gekühlter Hochtemperatursupraleiter trägt 70000 Ampere

    Das Forschungszentrum Karlsruhe hat in Zusammenarbeit mit dem "Centre de Recherches en Physique des Plasmas" (CRPP) der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne, Schweiz, eine mit flüssigem Stickstoff gekühlte Hochtemperatursupraleiter-Stromzuführung entwickelt, die einen elektrischen Strom von 70000 Ampere tragen kann. Die neuartigen Stromzuführungen sollen nun auch im Fusions-Forschungsreaktor ITER, der im südfranzösischen Cadarache aufgebaut wird, Verwendung finden. Solche Stromzuführungen werden benötigt, um den Strom von Raumtemperatur auf die tiefe Temperatur der supraleitenden Spulen des ITER zu übertragen, die bei -269 Grad Celsius betrieben werden.

    In einem Fusionskraftwerk wird Energie durch das Verschmelzen von Wasserstoffatomen zu Helium erzeugt. Dieser physikalische Prozess läuft auf der Erde erst bei Temperaturen um 100 Millionen Grad Celsius ab. Die Materie liegt bei diesen Temperaturen als Plasma vor, das heißt, dass der positiv geladene Atomkern von den negativ geladenen Elektronen getrennt ist. Geladene Teilchen lassen sich - ohne Berührung zu irgendwelchen Wänden - in einem Magnetfeld einsperren. Um dieses Magnetfeld zu erzeugen, werden große elektrische Spulen benötigt, die aber nur im supraleitenden Zustand, also bei sehr tiefen Temperaturen (gekühlt durch flüssiges Helium bei Temperaturen um -269 Grad Celsius) , wirtschaftlich arbeiten können. Die in diesen elektrischen Spulen notwendigen hohen elektrischen Ströme müssen allerdings von außen in die Spulen geführt werden. Mit normalleitenden Stromzuführungen treten einerseits elektrische Verluste auf, andererseits stellen die Zuführungen eine Wärmebrücke dar, über die Wärme auf die kalten supraleitenden Spulen übertragen wird. Die Entwicklung von Stromzuführungen aus Hochtemperatursupraleitern reduziert diese Probleme deutlich.

    Mit der Entdeckung der Hochtemperatursupraleiter (HTSL) im Jahre 1986 waren große Erwartungen geweckt worden, da diese Materialien bei vergleichsweise hohen Temperaturen Strom ohne Verluste transportieren können. Insbesondere die damit mögliche Kühlung mittels flüssigem Stickstoff bei etwa 80 Kelvin (-193 Grad Celsius) war viel versprechend, konnte aber aufgrund der schwierigen Herstellung geeigneter Leiter nicht umgesetzt werden. Mittlerweile sind industriell hergestellte Hochtemperatursupraleiter verfügbar, die aber bislang eher bei kleinen Strömen eingesetzt wurden.

    Im Rahmen der Arbeiten zum Fusions-Forschungsreaktor ITER, der in Südfrankreich gebaut werden soll, hat das Forschungszentrum Karlsruhe in Zusammenarbeit mit dem Centre de Recherches en Physique des Plasmas (CRPP) der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne, Schweiz, nunmehr eine mit flüssigem Stickstoff gekühlte Stromzuführung auf Basis eines Hochtemperatursupraleiters entwickelt, die einen elektrischen Strom von 70000 Ampere tragen kann. Die Stromzuführungen übertragen den Strom von Raumtemperatur auf die tiefe Temperatur der supraleitenden Spulen des ITER, die bei 4.5 Kelvin (-269 Grad Celsius) betrieben werden.

    "Die neu entwickelte Stromzuführung verursacht im Gegensatz zu einer Stromzuführung konventioneller Bauart im Bereich von -269 Grad Celsius bis -193 Grad Celsius keine Verluste und ermöglicht somit eine große Energieersparnis", erklärt Dr. Reinhard Heller, der die Stromzuführung im Institut für Technische Physik des Forschungszentrums Karlsruhe entwickelt hat.

    Außerdem hat die Stickstoffkühlung den Vorteil, dass sie unabhängig vom sonst verwendeten Heliumkühlkreislauf ist. Bei Versuchen in der TOSKA-Anlage des Forschungszentrums Karlsruhe konnte sogar demonstriert werden, dass trotz eines simulierten Kühlmittelausfalls der volle Strom von 70000 Ampere für mehr als 5 Minuten getragen werden kann. "Dies zeigt", so Reinhard Heller weiter, "dass eine solche HTSL-Stromzuführung neben dem Vorteil der Energieeinsparung auch hervorragende Sicherheitseigenschaften bietet."

    Die erfolgreichen Ergebnisse dieses Entwicklungsprogramms haben jetzt zu dem Vorschlag geführt, die neuartigen Stromzuführungen bei ITER einzusetzen.

    Das Forschungszentrum Karlsruhe ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, die mit ihren 15 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2,1 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands ist. Die insgesamt 24000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Helmholtz-Gemeinschaft forschen in den Bereichen Struktur der Materie, Erde und Umwelt, Verkehr und Weltraum, Gesundheit, Energie sowie Schlüsseltechnologien.

    Joachim Hoffmann 18. Juli 2005

    Die Farbfotos senden wir Ihnen auf Wunsch gerne zu (Telefon 07247 82-2861).


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    Die im Forschungszentrum Karlsruhe entwickelte Hochtemperatursupraleiter-Stromzuführung ist rund 2 Meter lang und soll im Fusions-Forschungsreaktor ITER eingesetzt werden.
    Die im Forschungszentrum Karlsruhe entwickelte Hochtemperatursupraleiter-Stromzuführung ist rund 2 M ...
    Foto: Forschungszentrum Karlsruhe
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    Die neuentwickelte Stromzuführung auf Basis von Hochtemperatursupraleitern vor dem Einbau in die Versuchsanlage TOSKA im Forschungszentrum Karlsruhe.
    Die neuentwickelte Stromzuführung auf Basis von Hochtemperatursupraleitern vor dem Einbau in die Ver ...
    Foto: Forschungszentrum Karlsruhe
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    Criteria of this press release:
    Electrical engineering, Energy, Materials sciences, Mathematics, Mechanical engineering, Physics / astronomy
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Die im Forschungszentrum Karlsruhe entwickelte Hochtemperatursupraleiter-Stromzuführung ist rund 2 Meter lang und soll im Fusions-Forschungsreaktor ITER eingesetzt werden.


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    Die neuentwickelte Stromzuführung auf Basis von Hochtemperatursupraleitern vor dem Einbau in die Versuchsanlage TOSKA im Forschungszentrum Karlsruhe.


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