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07/27/1999 10:51

Automatisiertes Lasersystem soll Vulkanaktivität bestimmen

Jochen Brinkmann Kontaktstelle Schule - Universität
Technische Universität Clausthal

    Clausthaler und Hannoveraner Wissenschaftler fahren im November zu dem kolumbianischen Vulkan Galeras, um dort mit einem Infrarotlaser die Schwefelwasserstoffkonzentration in den Fumerolen zu bestimmen.

    Wann ein Gefühlsausbruch bei einem unserem geschätzten Mitbewohner dieses Planeten bevorsteht, verraten Indizien. Ein Pferd legt die Ohren an und bleckt die Zähne, ein Hund knurrt mit Grimm leise und nähert sich geduckt. Ein Mensch läuft puterrot an, die Halsschlagader tritt hervor. Unser Stammhirn kommuniziert intuitiv mit der belebten Natur, für die Gefahrenerkennung in der unbelebten Natur brauchen wir unsere Großhirnrinde und die Wissenschaft.

    Wie kündigt sich ein bevorstehender Vulkanausbruch an?
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    Wissenschaftler der TU Clausthal und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover werden im November dieses Jahres am Beispiel des Vulkans Galeras in Kolumbien Voruntersuchungen durchführen, damit in Zukunft Frühwarnsysteme für eine Vorhersage von Vulkanausbrüchen möglich werden. Seit langem bekannt ist, daß die chemische Zusammensetzung der Fumerolen sich ändert, wenn Magma tief unter dem Vulkan aufsteigt. Fumerolen sind heiße, schwefelhaltige Gase. Die Veränderung der chemischen Zusammensetzung der Gase zeigt an, daß andere Gesteine an der Bildung der Gase beteiligt sind, sie geht einher mit einer Änderung im Spannungszustand des Vulkans. Einige Zeit später erzittert der Boden leicht, die seismische Aktivität des Vulkans nimmt zu. Um in Zukunft einmal ein funktionierendes Frühwarnsystem installieren zu können, ist es erforderlich, solche Zusammenhänge nicht nur qualitativ zu kennen, sondern präzise quantitativ zu messen. Die BGR selbst hat bereits daher für eine solche Analyse andere Systeme, so zum Beispiel den Massenspektrograph, getestet.

    Neues Verfahren wird am Beispiel des kolumbianischen Vulkans Galeras getestet
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    Die Clausthaler Physiker, Professor Dr. Wolfgang Schade, Dipl.-Phys. Ulrike Willer, Dipl.-Phys., Dirk Scheel und Dipl.-Phys Torsten Blanke und der Leiter des Referates Organische Isotopengeochemie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe Dr. Eckhard Faber werden im November ein neues Verfahren testen, mit dem automatisiert über eine Funkverbindung der Austritt von Schwefelwasserstoff bestimmt werden soll. Werden diese Daten sodann mit der Aufzeichnung der seismischen Aktivität des Vulkans verknüpft, ist dies ein erster Schritt zu einem zukünftigen Frühwarnsystem. Die Clausthaler Wissenschaftler setzen dafür einen Laser im nahen Infrarotbereich ein, einem Spektralbereich, in dem Schwefelwasserstoff eine Absorptionslinie zeigt. Ein Detektor mißt die Intensitätsverringerung und errechnet hieraus die Schwefelwasserstoffkonzentration. So einfach ist - im Prinzip - die Meßmethode. "Würden wir unsere Elektronik ungekapselt auf den Vulkan stellen, wir könnten zuschauen, wie sie weg korrodiert", benennt Ulrike Willer eine der zu lösenden, praktischen Hindernisse. Die Apparatur muß automatisiert aus der Ferne von etwa fünf Kilometern betrieben werden können, erklärt Ulrike Willer ein weiteres Hindernis. Der "Clou" des Projektes aber ist die folgende Raffinesse ihrer Meßmethode. "Der Schwefelwasserstoff ist in der Fumerole immer mit Wasserdampf vermischt. Dieser würde aber unweigerlich unser Meßergebnis verfälschen, weil der Laserstrahl vom Wasserdampf gestreut wird, so daß wir den uns eigentlich interessierenden Schwefelwasserstoff gar nicht mehr messen könnten", schildert Dipl. Phys. Ulrike Willer die entscheidende Hürde.

    Der Lösungsansatz der Clausthaler Physiker sieht wie folgt aus: Sie leiten den Laserstrahl in einem Lichtleiter, geschützt in einem perforierten Stahlrohr, in den "Schlund" der Fumerole, wobei sie in dem vollisolierten Glasfaserkabel, bestehend aus Kern, Cladding und Mantel, künstlich auf einem kurzen Streckenabschnitt ein "Leck" erzeugen. "Wie viel Licht die Faser nun an die Umgebung abgibt, hängt von dem Verhältnis des Brechungsindexes von Glasfaserkabel zu Umgebung ab. "Das Verhältnis von Reflexionsanteil zu den Verlusten ändert sich in Abhängigkeit von der gewählten Wellenlänge des Lasers und in Abhängigkeit vom umgebenden Medium. Das ermöglicht, anhand der Verluste den Schwefelwasserstoff zu bestimmen. Lichtverlust ist Absorption in reinem Schwefelwasserstoff (ohne störenden Wasserdampf!) äquivalent. "Und noch ein physikalisches Gesetz können wir uns eventuell zunutze machen", berichtet Ulrike Willer: " Die Stärke der Leckage hängt vom Verhältnis der Brechungsindices der Medien Lichtleiter zu Umgebung ab. Wenn unser Laser auch in benachbarten anderen Wellenlängenbereichen betrieben werden kann, dann können wir auch noch zusätzlich den Kohlendioxidgehalt in den Fumerolen erfassen. Erst eine Kombination mehrerer, signifikanter Merkmale erlaubt eine Aussage über zukünftige Aktivitäten des Vulkans.

    Vom Verständnis der Geo-Prozesse zu deren Vorhersage ist es noch ein weiter Weg - Clausthaler und Hannoveraner Forschungen sind Mosaiksteinchen in einer großen wissenschaftlichen Anstrengung
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    Noch ist die Wissenschaft weit davon entfernt, einen Vulkanausbruch zuverlässig vorhersagen zu können. "Keiner würde es wagen, seine Meßgeräte auf einen Vulkan zu tragen, welcher unmittelbar vor dem Ausbruch steht, sagt Ulrike Willer nüchtern.

    Es ist ein weiter Weg vom Verständnis der Geo-Prozesse zu deren Vorhersage. Die Clausthaler und Hannoveraner Untersuchungen sind ein Mosaiksteinchen in dieser großen wissenschaftlichen Anstrengung, zu der viele Universitäten und Forschungseinrichtungen beitragen werden.

    Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und das Bundesforschungsministerium haben am 23. Juli ein gemeinsames Schwerpunktprogramm für ein "internationales Erdmanagement" angekündigt.

    Weitere Informationen:

    Physikalisches Institut
    AG Professor Dr. Wolfgang Schade
    Dipl.Phys. Ulrike Willer
    Tel. (0 53 23) 72 22 80
    Fax. (0 53 23) 72 36 00
    EMail: Ulrike.Willer@tu-clausthal.de


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    Criteria of this press release:
    Geosciences, Mathematics, Physics / astronomy
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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