Von der 10. Fachgruppentagung Sozialpsychologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Jena (28.09.05) In der Wirtschaft und der Politik werden oft Gruppen eingesetzt, um wichtige Entscheidungen zu treffen. Der Vorteil von Gruppen liegt auf der Hand: Gemeinsam verfügen die Gruppenmitglieder über mehr Wissen als eine einzelne Person, was zu qualitativ besseren Entscheidungen führen kann. Die Gruppenforschung hat allerdings gezeigt, dass Gruppen diesen Wissensvorteil nur sehr selten nutzen. Woran dies liegt, ist u. a. bei der 10. Fachgruppentagung Sozialpsychologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena diskutiert worden.
Es gibt mehrere Ursachen für das Scheitern von Informationsprozessen in Gruppen. Zum einen neigen Gruppen zu vorschnellem Konsens. Häufig werden in Gruppen überhaupt nicht die vorliegenden Sachinformationen ausgetauscht, sondern man beschränkt sich auf das Aushandeln einer Entscheidung auf Basis der anfänglichen Entscheidungspräferenzen. Sind sich die Gruppenmitglieder bereits zu Beginn darüber einig, welche Alternative die Beste ist, dann halten sie es meist nicht einmal für notwendig, überhaupt Informationen auszutauschen. Dies kann aber zu Fehlentscheidungen führen, denn die Einigkeit der Mitglieder untereinander ist noch lange kein Garant für die Richtigkeit der Entscheidung.
Gruppen neigen auch zu asymmetrischer Diskussion. Selbst wenn die Gruppenmitglieder über die Sache diskutieren, verläuft das Gespräch meist unausgewogen: Gruppen neigen dazu, stärker über Informationen zu diskutieren, die allen Mitgliedern bereits bekannt sind (sog. geteilte Informationen), als über Informationen, die nur einzelne Mitglieder kennen (sog. ungeteilte Informationen). Dies führt dazu, dass vor allem über solche Argumente diskutiert wird, die ohnehin bereits allen bekannt sind. Außerdem neigen Gruppenmitglieder dazu, vor allem solche Informationen einzubringen, die ihre eigenen Entscheidungspräferenzen unterstützen.
Ein dritter Grund für ein mögliches Scheitern von Informationsprozessen liegt in der Neigung von Gruppen zu asymmetrischer Informationsbewertung. Selbst wenn der Informationsaustausch optimal verläuft und damit hinreichend Wissen vorhanden ist, kann immer noch etwas schief laufen - nämlich bei der Bewertung der ausgetauschten Informationen. Der Grund: Informationen, die der eigenen Meinung widersprechen, werden für weniger glaubwürdig und weniger wichtig gehalten, als Informationen, die die eigene Meinung bestätigen. Die Folge: Die Gruppe entscheidet sich für die Lösung, die den Mitgliedern anfänglich am besten erschien - auch dann, wenn sie falsch ist.
Wie lässt sich die Qualität von Gruppenentscheidungen verbessern?
Dass es dennoch selbst bei Gruppenentscheidungen optimale Lösungen geben kann, hat die experimentelle Gruppenforschung gezeigt und wurde während der Tagung an der Universität Jena intensiv diskutiert. Als besonders förderlich für die Qualität von Gruppenentscheidungen haben sich dabei mehrere Prinzipien erwiesen, die möglichst gemeinsam angewendet werden sollten.
Gruppen sollten so zusammengesetzt werden, dass ihre Mitglieder nicht nur über unterschiedliches Wissen verfügen, sondern auch unterschiedliche Meinungen vertreten. Meinungsdivergenz kann die Qualität der Gruppenentscheidung erheblich verbessern - gerade dann, wenn die richtige Entscheidung vorab schwer zu erkennen ist. Wichtig ist dabei allerdings, dass in der Gruppe auch Normen etabliert sind, die einen kritischen Diskurs zulassen und fördern.
Gruppen stellen komplexe Gebilde dar, die einer Steuerung und Synchronisierung bedürfen, um eine strukturierte Diskussion zu ermöglichen. Beispielsweise hat sich gezeigt, dass sich die Qualität von Gruppenentscheidungen deutlich verbessern lässt, wenn die Mitglieder in der ersten Phase der Diskussion nicht über ihre Entscheidungspräferenzen diskutieren, sondern sich nur darauf konzentrieren, alle ihnen vorliegenden Sachinformationen zusammen zu tragen und zu dokumentieren.
Hilfreich bei der Lösungsfindung sind auch so genannte transaktive Wissenssysteme. Damit ist gemeint, dass die Gruppenmitglieder untereinander darüber informiert sind, welches Mitglied in welchem Bereich über Fachwissen verfügt. Transaktives Wissen verstärkt den Austausch der ungeteilten Informationen. Um ein transaktives Wissen zu fördern, ist es wichtig, dass die Gruppenmitglieder gemeinsam an der zu bearbeitenden Aufgabe trainiert werden.
Criteria of this press release:
Psychology
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