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02/01/2006 16:23

Wie Kulturen in den Köpfen der Menschen entstehen

Dr. Michael Schwarz Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Kulturen gibt es nicht, sie werden gesellschaftlich hergestellt - Mit ihrer Entstehung und den Auswirkungen in Alltag und Politik befasste sich eine Tagung, die unter Leitung des Heidelberger Geographieprofessors Hans Gebhardt am 27. und 28. Januar 2006 an der Universität Heidelberg stattfand

    Mehr als 100 Geographen aus ganz Deutschland diskutierten die Auswirkungen kultureller Konstruktionen in unterschiedlichsten Lebensbereichen: Kann fundamentalistischer Terrorismus als Teil eines "Kampfes der Kulturen" verstanden werden? Was ist von Forderungen nach "Multikulturalismus" oder nach einer deutschen "Leitkultur" zu halten? Wie entstehen "kulturelle Identitäten" und wie könnte eine gemeinsame europäische Identität entstehen? Allenthalben begegnet man in der gegenwärtigen politischen und gesellschaftlichen Diskussion der Begriff der Kultur als vereinfachendes Etikett für unterschiedlichste und hoch komplexe Zusammenhänge.

    Übereinstimmend traten die Teilnehmer der Tagung der weit verbreiteten Vorstellung von überschneidungsfrei abgrenzbaren, statischen "Kulturen" mit klaren räumlichen Bezugsrahmen entgegen. Sie verstanden Kultur als einen Prozess, der Ritualen, Symbolen und Räumen ständig im Wandel begriffene Bedeutungen zuschreibt. Auch kulturelle Identitäten sind aus Sicht der Geographen keine festen "Schubladen", sondern veränderlich und "menschengemacht".

    Die Beiträge der Referenten umfassten ein breites Spektrum: von der literarischen und bildlichen Konstruktion nationaler und ethnischer Identität über die Herstellung von Stadt- und Unternehmens-"Images" bis zum HipHop in der deutschen Jugendkultur. Von "Wissenskulturen" in Wissenschaft und Religion bis zur Bedeutung des "Friedhofs" in der "Erinnerungskultur". Mit diesem breiten Themenkreis öffnet sich die Geographie bewusst gegenüber anderen Kulturwissenschaften von der Ethnologie und Soziologie bis hin zur Sprach- und Literaturwissenschaft. Das komplexe Forschungsfeld "Kultur" kann nur interdisziplinär umfassend beschrieben und verstanden werden.

    In der Vergangenheit trug die Geographie durch das Erfinden von "Kulturerdteilen" und Beschreibungen angeblich räumlich verankerter kultureller Unterschiede oft zur Verfestigung jenes statischen Kulturverständnisses bei, das für das Zusammenleben der Menschen in einer globalisierten Gesellschaft heute immer öfter als problematisch erkannt wird. Das "Neue" der "neuen" Kulturgeographie besteht vor allem in ihrer Abkehr von der traditionellen Verortung von Kulturen, einer Hinwendung zur Erfassung der alltäglichen Wirklichkeiten des "Kulturmachens" und der "Identitätsfindung". Es besteht auch in der wissenschaftlich fundierten Kritik an politisch-strategischen Verwendungen des Kulturbegriffes, besonders an der Verknüpfung von Kulturen mit klar abgrenzbaren Räumen: sei es in der Debatte um den EU-Beitritt der Türkei oder in der Frage einer "deutschen Leitkultur".

    Weitere Informationen und Kontakt:
    Dipl.-Geogr. Annika Mattissek
    Geographisches Institut der Universität Heidelberg
    Berliner Straße 48, 69120 Heidelberg
    Tel. 06221-54 4536; Fax 06221-54 5583
    annika.mattissek@urz.uni-heidelberg.de

    Allgemeine Rückfragen von Journalisten auch an:
    Dr. Michael Schwarz
    Pressesprecher der Universität Heidelberg
    michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de

    und
    Irene Thewalt
    presse@rektorat.uni-heidelberg.de


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    Criteria of this press release:
    Geosciences, History / archaeology, Law, Philosophy / ethics, Politics, Religion, Social studies
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Research results, Scientific conferences
    German


     

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