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10/12/1999 18:37

ifo Gutachten zum Ladenschluss

Elisabeth Wolf-Csanády Redaktion, Presse, Konferenzen
ifo Institut für Wirtschaftsforschung

    Drei Jahre nach der Neuregelung des Ladenschlussgesetzes legt das ifo Institut seinen Bericht über die bisherigen Auswirkungen der damals sehr umstrittenen Liberalisierung vor und gibt Empfehlungen für die künftige Gestaltung des Ladenschlusses in Deutschland.

    Drei Jahre nach der Neuregelung des Ladenschlussgesetzes legt das ifo Institut seinen Bericht über die bisherigen Auswirkungen der damals sehr umstrittenen Liberalisierung vor und gibt Empfehlungen für die künftige Gestaltung des Ladenschlusses in Deutschland. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gab die Studie mit dem Titel "Untersuchung der Effekte der Liberalisierung des Ladenschlussgesetzes im Einzelhandel und im Verbraucherverhalten" zur Vorbereitung des Ladenschlussberichtes der Bundesregierung in Auftrag.

    Verbraucherverhalten

    Die Erweiterung der Ladenöffnung bis 20.00 Uhr an Werktagen von Montag bis Freitag und bis 16.00 Uhr am Samstag ist von den Verbrauchern angenommen worden. Vor allem die wochenendnahen Tage von Donnerstag bis Samstag werden von gut 50 % der Verbraucher zum Kauf in den verlängerten Öffnungszeiten genutzt. Jüngere und berufstätige Verbraucher tun dies in besonderem Maße. Mehr als die Hälfte der Verbraucher berichtet über wesentliche Erleichterungen für die Gestaltung ihrer Freizeit. Ältere Konsumenten haben hingegen geringere Präferenzen für die verlängerten Öffnungszeiten.

    Das Interesse der Verbraucher an einer weiteren Verlängerung der Öffnungszeiten ist trotz der bisherigen Liberalisierung ungebrochen: 45 % der Verbraucher plädieren für die Abschaffung der gesetzlichen Ladenschlusszeiten an den Wochentagen von Montag bis Samstag, während sich 36 % dagegen aussprechen. Am Sonntag wollen 46 % eine zum Teil auf wenige Stunden befristete Öffnung, während 44 % der Verbraucher sich grundsätzlich negativ zur Sonntagsöffnung äussern.

    Auswirkungen auf den Einzelhandel

    Unter den Einzelhandelsgeschäften in Deutschland nutzen 23 % die gesetzlich erweiterten Öffnungszeiten nach 18.30 Uhr von Montag bis Freitag an mindestens zwei Tagen und nach 14.00 Uhr am Samstag. Während kleinere Geschäfte mit einem Jahresumsatz bis zu zwei Millionen DM häufig um 18.30 Uhr schließen, machen nahezu alle Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 25 Millionen DM von den verlängerten Öffnungszeiten Gebrauch. Ebenso öffnen auch kleinere Geschäfte in Einkaufszentren und begünstigten Standorten wesentlich häufiger. Die Öffnungszeit im deutschen Einzelhandel hat sich seit 1995 im Durchschnitt von 45 auf 50 Stunden pro Woche erhöht. Größere Lebensmittelsupermärkte haben ihre Öffnungszeiten sogar auf 70 Stunden ausgeweitet.

    Befürworter und Kritiker der Ladenschlussliberalisierung stehen sich auch drei Jahre nach der Reform in großen Gruppen gegenüber. Während sich 32 % der Einzelhändler für eine Ladenöffnung nach 18.30 Uhr aussprechen, sind 26 % für eine völlige Aufhebung von gesetzlichen Restriktionen und 40 % für die Schließung der Geschäfte um 18.30 Uhr. Zur den Befürwortern der vollständigen Liberalisierung gehören meist größere Geschäfte, während kleine und mittlere Geschäfte dagegen opponieren. Für ein generelles Verbot der Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen sprechen sich 57 % der Geschäfte aus, 12 % sind für eine zeitlich befristete Öffnung und 21 % für ein eine völlige Aufhebung der Ladenschlussregelung an diesen Tagen.

    Die Ausweitung der Öffnungszeiten hat den öffnungsaktiven Geschäften nennenswerte Umsatzsteigerungen gebracht. Die Abend- und Samstags-öffnung wurde von den Käufern als Indikator für die Kundenaufgeschlossenheit gewertet und von einem Teil der Unternehmen als Element ihrer Absatzstrategie genutzt. Die verlängerten Öffnungszeiten haben daher zu einer Differenzierung der Leistungsprofile der Geschäfte und Filialsysteme geführt. Zentrale Standorte des Einzelhandels sowie großflächige Betriebstypen haben an Bedeutung gewonnen.

    Empfehlung

    Das ifo Institut schlägt vor, den Weg zur Liberalisierung des Ladenschlusses in Deutschland fortzusetzen und empfiehlt folgende Neuregelung:

    Völlige Aufhebung der gesetzlichen Ladenschlusszeiten an Werktagen von Montag bis Samstag
    Bundeseinheitliche Öffnung an den vier Adventsonntagen
    Übertragung der Entscheidung über die Sonn- und Feiertagsöffnung auf die kommunalen Gebietskörperschaften im Rahmen der Vorgaben des Grundgesetzes
    Erweiterung der kartellrechtlichen Möglichkeiten zur Koordinierung gemeinsamer Öffnungszeiten

    Begründung

    Die Teilliberalisierung des Ladenschlusses von 1996 hat den Handlungs- und Gestaltungsspielraum der Einzelhandelsunternehmen zwar ausgedehnt, aber den Argumenten, die damals für längere Öffnungszeiten vorgebracht wurden, nicht wirklich entsprochen. Die Studie hat gezeigt, dass es keine ökonomisch stichhaltige Begründung für die Beschränkung der Öffnungszeiten gibt und die Liberalisierung mit positiven Wohlfahrtseffekten verbunden ist. Nur eine weitreichende Aufhebung der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten kann sicherstellen, dass sich über den Wettbewerb Öffnungszeiten nach den Präferenzen der Verbraucher und den Effizienzkriterien der Einzelhandelsunternehmen herausbilden.

    Die hohe Intensität des Wettbewerbs wird das unternehmerische Kalkül der Wirtschaftlichkeit von zu langen oder zu kurzen Öffnungszeiten kontrollieren. Es werden neue Betriebstypen im Einzelhandel entstehen, die ihre Waren- und Leistungsangebote vor allem an den gewandelten Zeitmustern bestimmter Verbrauchergruppen ausrichten. Die Liberalisierung der Ladenöffnung wird den Strukturwandel im Einzelhandel zu Lasten der kleineren und inhabergeführten Einzelhandelsunternehmen an isolierten Standorten zwar verstärken. Umgekehrt stellt aber die gesetzliche Einschränkung der Öffnungszeiten keinen wirksamen Wettbewerbsschutz dar. Der Schutz der Arbeitnehmer vor zu langen Arbeitszeiten ist im Arbeitszeit- und Tarifrecht verankert.

    Die Aufhebung der gesetzlichen Ladenschlusszeiten an den Adventsonntagen kann zu einer merklichen Entspannung der saisonalen Spitzenbelastung im Einzelhandel führen. In Verbindung mit den Weihnachtsmärkten bieten diese Tage dem Einzelhandel eine gute Plattform für besondere Verkaufsaktivitäten. Mit der Übertragung der Befugnis über die Öffnung an einer begrenzten Zahl weiterer Sonn- und Feiertage zu entscheiden, soll den kommunalen Gebietskörperschaften die Möglichkeit geben werden, regionalen Gewohnheiten und landesrechtlichen Vorschriften Rechnung zu tragen. Dabei sind die verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Wahrung der Sonn- und Feiertagsruhe zu beachten.

    Eine Einschränkung der Öffnungszeiten kann nur mit gesellschaftlichen Wertvorstellungen begründet werden, für die insbesondere die Sonn- und Feiertagsruhe in der heutigen Debatte eine zentrale Rolle spielt. Zwar ist auch hier anzumerken, daß eine restriktive Sonderregelung für den Einzelhandel kaum zu rechtfertigen ist, sondern im Gegenteil Einschränkungen der Öffnungszeiten im Gastgewerbe, im Verkehrswesen, im Gesundheitswesen, in den Medien usw. nach sich ziehen müsste. Das ifo Institut berücksichtigt aber in seinem Vorschlag, dass die Sonn- und Feiertagsruhe in ihrer verfassungs- und gesellschaftspolitischen Verankerung eine feste Grundlage hat.


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    Criteria of this press release:
    Economics / business administration, Law, Politics
    transregional, national
    Research results
    German


     

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