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09/28/1999 00:00

Softwareumgebung "Cactus" - auf dem PC wie auf Supercomputern zu Hause

Theresa Velden Pressestelle
Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik

    Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik macht hochentwickelte Software-Umgebung für wissenschaftliche Simulationen öffentlich zugänglich / Optimale Nutzung lokaler und weltweiter Rechenkapazitäten möglich

    Das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut/AEI) hat die Freigabe der Betaversion des "Cactus Computational Toolkit 4.0", einem Ergebnis jahrelanger Forschung und Softwareentwicklung, bekanntgegeben. "Cactus" erlaubt sowohl hochentwickelte Software-Module zu nutzen, die in das "Fleisch" des "Cactus"-Hauptprogrammes eingebettet sind, als auch mit Anwendungen zu interagieren, die andere Wissenschaftler ihrerseits als "Stachel" an "Cactus" angeschlossen haben. Schließlich übersetzt "Cactus" Computerprogramme, so daß sie auf dem jeweils bevorzugten Computersystem laufen kann, angefangen bei einem Laptop über PC-Cluster bis hin zu hochparallelisierten Supercomputern. Das Programmpaket wurde im November vergangenen Jahres mit dem "Heinz-Billing-Preis zur Förderung des wissenschaftlichen Rechnens in der Max-Planck-Gesellschaft" ausgezeichnet.

    "Cactus" trägt der steigenden Bedeutung Rechnung, die der Einsatz von Hochleistungsrechnern zum Lösen partieller Differentialgleichungen in den Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften erlangt hat. Diese Entwicklung verlangt von Wissenschaftlern und Ingenieuren ausgeklügelte Computerprogramme zu schreiben, die die weltweit oder lokal vorhandenen Rechnerkapazitäten optimal nutzen, die auf den verschiedensten Computersystemen laufen können sowie mit der schnellen Fortentwicklung der Hardware Schritt halten. Der einzelne steht dabei vor einer Aufgabe, die ihn immer weiter von der ursprünglichen natur- oder ingenieurwissenschaftlichen Fragestellung ablenkt und enorme Energien allein für die notwendige Programmentwicklung bindet. Diesem Dilemma abzuhelfen ist das Ziel einer Gruppe von Wissenschaftlern und Computerspezialisten um Prof. Ed Seidel, dem Leiter der Arbeitsgruppe "Numerische Relativität" am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik: "Was wir brauchen ist ein gemeinschaftlicher Ansatz, eine Software-Umgebung, die es Wissenschaftlern allein mit Kenntnissen der Standardprogrammiersprachen wie Fortran oder C erlaubt, auf hochentwickelte Software-Technologien zurückzugreifen, die Programme anderer Wissenschaftler mitzubenutzen und die ihm die Arbeit abnimmt, das eigene Computerprogramm so zu transformieren, daß es auf dem jeweils bevorzugten Computersystem effektiv läuft," skizziert Ed Seidel einige der Überlegungen, die der Entwicklung von "Cactus" zugrundeliegen.

    Damit geht "Cactus" über ein reines Softwarepaket zum Lösen von partiellen Differentialgleichungen hinaus und bietet eine hochmodulare, die weltweite Zusammenarbeit fördernde Umgebung. Der einzelne Wissenschaftler kann sein eigenes in Fortran oder C geschriebene Programm wie einen "Stachel" an das "Fleisch" des "Cactus"-Hauptprogrammes anschließen. So kann das Programm hochentwickelte Software-Module nutzen, die in das "Fleisch" des "Cactus"-Hauptprogrammes eingebettet sind (wie zum Beispiel Adaptive Mesh Refinement, Advanced Parameter Parsers und Elliptic Solvers). Weiter kann es mit Anwendungen interagieren, die andere Wissenschaftler ihrerseits als "Stachel" an "Cactus" angeschlossen haben. Schließlich übersetzt "Cactus" das Programm so, daß es auf dem jeweils bevorzugten Computersystem laufen kann, angefangen bei einem Laptop, über PC-Cluster bis hin zu hochparallelisierten Supercomputern. "Cactus" bietet hochentwickelte Visualisierungswerkzeuge an, die es erlauben, die zeitliche Entwicklung spezieller Parameter der Rechnung (wie z.B. die Energiedichte bei der Kollision zweier Neutronensterne) auf dem Bildschirm in zwei oder drei Dimensionen zu verfolgen. Aktuelle Beispiele (siehe Abbildungen) sind die numerischen Simulationen von Neutronensternkollisionen oder dem Kollaps von Gravitationswellen zu einem Schwarzen Loch, welche in diesem Sommer von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts in Zusammenarbeit mit dem Konrad-Zuse-Zentrum in Berlin und amerikanischen Kollegen in den USA durchgeführt worden sind.

    "Cactus" wurde von Wissenschaftlern am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik entwickelt, in Zusammenarbeit mit Forschern des Nationalen Zentrums für Supercomputeranwendungen (NCSA) der USA, der Universität der Balearen, Spanien, und der Washington Universität in St. Louis, USA. "Cactus" wird weltweit benutzt und erweitert von etwa einem Dutzend Forschungsgruppen in der Physik und den Computerwissenschaften, wie dem Konrad-Zuse Institut in Berlin, dem Rechenzentrum der Max-Planck-Gesellschaft in Garching und dem Argonne National Laboratory in den USA. Seidel weist darauf hin, daß "Erkenntnisse aus einem Jahrzehnt der Forschung und der computertechnologischen Entwicklung in das Projekt eingeflossen sind, wie sie zum Beispiel seit Anfang der 90ger Jahre auf den sogenannten Supercomputer-Konferenzen vorgeführt werden". So wurde auf der Supercomputing-Konferenz 98 in Orlando, Florida, eine Simulation vorgeführt, die mit Hilfe von "Cactus" möglich wurde. Simuliert wurde die Kollision zweier Neutronensterne, und das dazugehörige Programm lief verteilt auf drei Supercomputern in Berlin, Garching und San Diego, die über Hochgeschwindigkeits-Datenleitungen miteinander verbunden waren, während die Daten direkt am Konferenzort auf dem Bildschirm visualisiert wurden.

    Um verschiedene Aspekte von "Cactus" weiterzuentwickeln, hat jetzt die US-amerikanische National Science Foundation 2,2 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt. Ziel ist es unter anderem, bei Live-Simulationen die Steuerung der beteiligten Supercomputer über das weltweite Netzwerk so zu ermöglichen, daß noch während der Rechnung die Ausgabe der Daten sowie der Ablauf der Rechnung selbst und die Auswahl der berechneten Parameter aus der Ferne verändert werden können.

    Das Max-Planck-Institut macht jetzt den "Cactus Computational Toolkit" - inklusive Dokumentation und Tutorien - unter http://www.cactuscode.org öffentlich zugänglich. Aus diesem Anlaß findet in dieser Woche in den USA, am NCSA an der Universität von Illinois in Champagne ein fünftägiger Workshop statt, der in die Benutzung von "Cactus" einführt. Der Workshop, an dem über 40 Forscher und Studierende aus aller Welt teilnehmen, wurde gemeinsam von dem Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik und dem NCSA vorbereitet. Weitere Informationen über diesen Workshop finden sich unter http://www.ncsa.uiuc.edu/SCD/Training/CactusAnnounce.html . Das Max-Planck-Institut beabsichtigt, weitere Workshops in Europa anzubieten.

    Informationen über aktuelle wissenschaftliche Simulationen, insbesondere der Kollision von Neutronensternen und Schwarzen Löchern, welche mit Hilfe von "Cactus" entstanden sind, sowie über die Entwicklung von Computertechnologien, die mit dem "Cactus"-Projekt verbunden sind, finden sich unter
    http://jean-luc.aei-potsdam.mpg.de
    http://www.cactuscode.org
    und
    http://access.ncsa.uiuc.edu/Features/o2krun/O2KRecord.html

    Um mehr über den Heinz-Billing-Preis zur Förderung des wissenschaftlichen Rechnens innerhalb der Max-Planck-Gesellschaft zu erfahren, gehen Sie bitte zu http://www.mpg.de/billing/billing.html


    More information:

    http://jean-luc.aei-potsdam.mpg.de
    http://www.cactuscode.org
    http://access.ncsa.uiuc.edu/Features/o2krun/O2KRecord.html
    http://www.ncsa.uiuc.edu/SCD/Training/CactusAnnounce.html
    http://www.mpg.de/billing/billing.html


    Images

    Simulation der Entstehung eines schwarzen Loches bei der Kollision zweier Neutronensterne. (AEI, Washington University, Konrad-Zuse-Institut Berlin, NCSA)
    Simulation der Entstehung eines schwarzen Loches bei der Kollision zweier Neutronensterne. (AEI, Was ...

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    Simulation von Gravitationswellen, die zu einem schwarzen Loch kollabieren. (AEI, Washington University, Konrad-Zuse-Institut Berlin, NCSA, University of the Balearic Islands)
    Simulation von Gravitationswellen, die zu einem schwarzen Loch kollabieren. (AEI, Washington Univers ...

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    Criteria of this press release:
    Information technology, Mathematics, Physics / astronomy
    transregional, national
    Research projects
    German


     

    Simulation der Entstehung eines schwarzen Loches bei der Kollision zweier Neutronensterne. (AEI, Washington University, Konrad-Zuse-Institut Berlin, NCSA)


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    Simulation von Gravitationswellen, die zu einem schwarzen Loch kollabieren. (AEI, Washington University, Konrad-Zuse-Institut Berlin, NCSA, University of the Balearic Islands)


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