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10/21/1999 09:51

Förderpolitik-Ost: Verunsicherung vermeiden!

Ingrid Dede Bereich Öffentlichkeitsarbeit
Institut für Wirtschaftsforschung Halle

    Die Bundesregierung hat in ihrem jüngsten Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit weitreichende Änderungen des erst zu Jahresbeginn in Kraft getretenen "Mittelfristigen Förderkonzepts" für die neuen Länder angekündigt. Dies kam überraschend, drehte sich die bisherige Diskussion doch vor allem darum, wie nach dem Jahre 2004 zu verfahren sei. Nun aber sollen - in Abstimmung mit der EU-Kommission - bereits ab dem 1. Januar 2000 die Investitionszulagen für Ersatzinvestitionen von derzeit 10 vH (kleine und mittlere Unternehmen: 20 vH) auf 5 vH (10 vH) halbiert werden; im Gegenzug werden die Zulagesätze für Erstinvestitionen auf 12,5 vH (25 vH) angehoben. Das Gesamtvolumen dieser ostdeutschland-spezifischen Investitionshilfen (3,4 Mrd. DM im Jahre 2000) soll durch diese Operation unverändert bleiben.
    Sowohl vom Zeitpunkt als auch vom Inhalt her sind die jetzt angekündigten Ver-änderungen des Förderkonzepts für die neuen Länder problematisch. Erstens ist es nicht gerechtfertigt, Erstinvestitionen im Rahmen der Investitionszulagenregelungen stärker zu fördern als Ersatzinvestitionen. Wenn Investitionszulagen darauf zielen, transformationsspezifische Standortnachteile ostdeutscher Unternehmen auszugleichen, dann gilt das für alle Unternehmen und für alle Investitionen, Ersatz- wie Erstinvestitionen. Wenn es der Bundesregierung aber gar nicht mehr um den allgemeinen Nachteilsausgleich geht, sondern um ein regionalpolitisches Ziel (Förderung von Neuansiedlungen in Ostdeutschland), so sollte dies ohnehin nicht im Rahmen der Sonderförderung-Ost mit Investitionszulagen geschehen, sondern mit den hierfür besser geeigneten Instrumenten der Regionalförderung.
    Zum zweiten ist zu bedenken, dass die Umschichtung von Fördermitteln zugunsten von Erstinvestitionen nicht zu einem neuerlichen Investitionsboom in den neuen Bundesländern führen wird. Die eigentlichen Investitionshemmnisse für Erstinvestoren liegen weniger auf der Finanzierungsseite, sondern auf der Absatzseite. Schwierigkeiten bei der Entwicklung neuer Produkte und der Erschließung neuer Märkte kann der Staat jedoch nicht lösen, auch nicht mit Investitionszulagen. Hier kommt es vielmehr auf die Fähigkeit der Unternehmen an, mit neuen Produkten und Ideen Wettbewerbsvorteile zu erringen - und immer mehr Unternehmen gelingt dies ja auch.
    Drittens - und das ist besonders gravierend - ist die Rückführung der Investitions-zulagen für Ersatzinvestitionen zum derzeitigen Zeitpunkt nicht vertretbar, widerspricht es doch dem Prinzip der Rechtssicherheit und damit des Vertrauensschutzes - denn das Förderregime würde nun vorfristig zuungunsten der Investoren geändert werden. Bislang war die Förderkulisse bis zum Jahre 2004 terminiert, worauf sich die Investoren eingestellt haben. Hinzu kommt, dass die Neuregelung bereits in zwei Monaten in Kraft treten soll, den betroffenen Unternehmen also kaum Zeit gelassen wird, sich in ihren Planungen auf die Neuregelungen einzustellen. Eine solche Politik schafft Unsicherheit, nicht Vertrauen.
    Es bleibt allerdings richtig, dass mittelfristig die Sonderförderung-Ost, wie sie in den Investitionszulagen zum Ausdruck kommt, durch eine gesamtdeutsch konzipierte Regionalförderung ersetzt werden sollte. Eine Sonderbehandlung der neuen Länder im Vergleich zu strukturschwachen Regionen im Westen wird sich immer schlechter begründen lassen. Es ist auch die zunehmende Differenzierung im ostdeutschen Unternehmenssektor zu berücksichtigen: Jene Unternehmen, die sich am Markt etablieren konnten, benötigen immer weniger weitere Hilfen; jene aber, die nach - im Extremfall - fünfzehnjähriger Subventionierung noch immer nicht auf eigenen Füßen stehen können, verdienen sie nicht länger. Insoweit ist eine Beendigung der Investitionszulagen wie bisher vorgesehen ab 2004 gerechtfertigt. Es würden dadurch auch Finanzmittel frei, die nicht zuletzt auch aus ostdeutscher Sicht besser zu verwenden wären: zum dringend erforderlichen weiteren Ausbau der Infrastruktur oder zur Rückführung von Lohnnebenkosten. Die jetzt vorgesehene Neuregelung schafft jedoch eher Ungewissheit darüber, wie es nach 2004 weitergehen wird. Fazit: die Investitionszulagen bis 2004 unverändert fortsetzen - und dann beenden.

    Joachim Ragnitz
    Leiter der Abteilung Strukturwandel des IWH


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    Criteria of this press release:
    Economics / business administration
    transregional, national
    Science policy
    German


     

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