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03/24/1998 00:00

Franz-Rosenzweig-Professur 1998

Ingrid Hildebrand Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Kassel

    Pressemitteilung der GhK 25/98, 24. März 1998

    Franz-Rosenzweig-Professur 1998: Rafael Rosenzweig, Ökonom

    Kassel. Inhaber der nun zum 12. Mal vergebenen Franz-Rosenzweig-Professur an der Universität Gesamthochschule Kassel (GhK) wird Rafael Rosenzweig, Sohn des Religions-philosophen Franz Rosenzweig. Rafael Rosenzweig wird im Sommersemester 1998 drei Veranstaltungen im Rahmen dieser in der deutschen Universitätslandschaft einmaligen Einrichtung anbieten. Seine Antrittsvorlesung zum Thema "Das Leben und die Lehre" wird am 22. April stattfinden.

    Rafael Rosenzweig wurde 1922 als Sohn von Dr. Franz und Edith Rosenzweig in Frank-furt a. M. geboren. Er verbrachte in seiner Kindheit viele Monate bei seiner Großmutter in Kassel. Rafael Rosenzweig floh 1938 aus Deutschland nach Palästina. Dort schloß er sich nach dem Abitur der Kibbuz-Bewegung an und arbeitete am landwirtschaftlichen Aufbau des Kibbuz Schaar Hagrolan mit. 1944 bis 1946 war er Soldat der jüdischen Brigade der British Army und kam so nach 1945 zurück in die zerstörten Städte Kassel und Frankfurt.

    Ab 1954 studierte er Nationalökonomie und schloß dieses mit dem Diplom der London School of Economics ab. Im Anschluß erhielt er eine Stelle als Sekretär der landwirtschaftlichen Kooperative von Hadar Am. 1963 wurde er zum Leiter der Ausbildungsabteilung für Experten in Entwicklungsländern im israelischen Landwirtschaftsministerium berufen und lehrte dort zugleich allgemeine Nationalökonomie und Landwirtschaft. Seit 1966 war er Senior Economic Advisor im Büro des landwirtschaftlichen Attachés der U.S. Botschaft in Tel Aviv, wo er zwanzig Jahre lang die amerikanisch-israelische Ko-operation im ökonomischen Bereich plante, koordinierte und betreute. Seit seiner Pen-sionierung 1987 widmete sich Rafael Rosenzweig verstärkt seinen wissenschaftlichen Arbeiten.

    Rafael Rosenzweig nimmt auf Einladung des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften die Franz-Rosenzweig-Gastprofessur der GhK wahr. Diese Gastprofessur wird in Erinnerung an den in Kassel geborenen Religionsphilosophen Franz Rosenzweig seit 1987 an Wissenschaftler/innen vergeben, die als Deutsche geboren, aber unter dem Nationalso-zialismus zur Emigration gezwungen wurden und seitdem außerhalb des deutschen Sprachgebiets leben.

    Nach seinem Eröffnungsvortrag "Deutscher und Jude - Franz-Rosenzweigs Weg zum jüdischen Volke" auf dem Internationalen Franz-Rosenzweig-Kongreß an der GhK 1986 wurde Rafael Rosenzweig angefragt, ein Gastsemester in Kassel zu gestalten. Er wollte dem seinerzeit nicht nachkommen, da er nicht bloß als Sohn seines berühmten Vaters, sondern aufgrund eigener wissenschaftlicher Arbeiten eingeladen werden wollte, die er nach seiner Pensionierung abzuschließen gedachte.

    Bereits in seinen allerersten wissenschaftlichen Arbeiten als ökonomischer Berater in der israelischen Friedensbewegung hatte Rosenzweig herausgearbeitet, daß eine Zukunft für Israel nur in einer langfristigen Kooperation mit den arabischen Nachbarn denkbar sei. Diese frühen Studien hat Rosenzweig nach seiner Pensionierung wieder aufgenommen und wissenschaftlich ausgebaut. 1989 erschien sein Buch "The Economic Consequences of Zionism". Die Summe seiner Studien zu diesem Thema hat er in seinem Manu-skript "The Quest for Security" (1996) zusammengefaßt, dessen deutsche Fassung 1998 unter dem Titel "Das Streben nach Sicherheit" als Buch erschienen ist und zu Beginn seiner Gastprofessur in Kassel am 3. Februar im Fachbereich Wirtschaftswissen-schaften der GhK von ihm vorgestellt wurde.

    Rafael Rosenzweig vertritt - in Abgrenzung zur traditionellen ökonomischen Theorie - die Auffassung, daß das Sicherheitsbedürfnis das zentrale Motiv menschlichen Verhaltens ist. Er diskutiert in analytisch-historischer Perspektive insbesondere gesellschaftliche Spannungsfelder, wie beispielsweise den Konflikt zwischen Israel und Palästina und den "Konflikt mit der Zukunft" in konkreter Gestalt der ökologischen Krise. Das interdisziplinäre Werk Rosenzweigs unterstreicht das Zusammenspiel des Strebens nach Sicherheit auf allen Gebieten menschlicher Aktivitäten: "Wir sind heute mehr denn je mit Situationen konfrontiert, in denen Wirtschaft, Religion, Gesellschaft, Kunst und die individuelle Persönlichkeit aufeinander einwirken. Die separierte Erklärung menschlichen Verhaltens kann daher sowohl zu theoretischen wie auch zu praktischen Fehleinschätzungen führen. Bei aller notwendigen disziplinären Orientierung müssen wir daher den gegenwärtig vorherrschenden Zustand überwinden, in dem die Terminologie jedes einzelnen Faches für sich isoliert angewendet und die verschiedenartigen disziplinären Zugänge nicht miteinander in Beziehung gesetzt werden." In seiner Hauptveranstaltung wird Rosenzweig im Rahmen seiner Gastprofessur die Grundzüge seines Buches "Das Streben nach Sicherheit - eine Theorie wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklung" auch anhand von Referaten vorstellen und erörtern (ab 21. April dienstags 12 bis 14 Uhr, Raum 211, Nora-Platiel-Straße 6). Ergänzend zur Vorlesung bietet er eine Übung zum Thema - "Der kooperative Gedanke in Israel" - Blüte und Verfall mit besonderer Betonung der Kibbuz-Bewegung an (ab 23. April, donnerstags 12 bis 14 Uhr, Raum 221, Nora-Platiel-Straße 6). Die Vorlesung und die Übung sind öffentlich, richten sich aber vorrangig an Studierende der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Die Folgen der Judenverfolgung für Deutschland - und insbesondere die Bedeutung, die die Zerstörung des Judentums in Europa und gerade auch für die deutsche Kultur und Geistesgeschichte hat, thematisiert Rosenzweig in der Vorlesung zum Thema "Das verschmähte Erbe: Juden in Deutschland" (ab 29. April, mittwochs 18 bis 20 Uhr, Raum 1207, Nora-Platiel- Straße 1).

    Die Veranstaltung ist öffentlich und interdisziplinär ausgerichtet.

    Seine öffentliche Antrittsvorlesung mit dem Titel " Das Leben und die Lehre" wird Rafael Rosenzweig am 22. April, 18 bis 20 Uhr im Hörsaal IV, Arnold-Bode-Straße 12 halten.

    Kontakt und weitere Informationen: Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, Nora-Platiel-Str. 4, 34109 Kassel, Dirk Hillebrecht, Tel. (0561) 804-3987, - 3064 (d) oder (0561) 89 13 88 (p)


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    Criteria of this press release:
    Social studies
    transregional, national
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    German


     

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