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04/18/2006 14:17

Welches Antihypertensivum für welchen Patienten? Bewertung der Antihypertensiva durch das IQWiG: Stellungnahme zum Berichtsplan

Deutsche Hochdruckliga Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Hochdruckliga

    Welches Antihypertensivum für welchen Patienten?
    Bewertung der Antihypertensiva durch das IQWiG: Stellungnahme zum Be-richtsplan

    Angesichts der großen Bedeutung der Volkskrankheit Hypertonie für die kardio¬vaskuläre Morbidität und Mortalität kommt der medikamentösen antihypertensiven Therapie ein bedeutendes Gewicht zu. Für die initiale Behandlung der Hypertonie stehen dem Arzt im Wesentlichen die fünf Arzneimittelgruppen Angiotensin-Converting-Enzym (ACE)-Hemmer, Angiotensin II-Rezeptoren-Blocker,
    ß-Rezeptoren-Blocker, Calciumantagonisten und Diuretika zur Verfügung. Aus die-sen Substanzgruppen bedient sich der verordnende Arzt entsprechend dem Konzept einer Differentialtherapie. Hierbei gilt es, unter Anwendung von Kriterien einer evi-denzbasierten Medizin nicht nur die blutdrucksenkende Effizienz einzelner antihyper-tensiver Wirkstoffe, sondern auch deren Verträglichkeit und unerwünschte Wirkun-gen zu berücksichtigen. Im Vordergrund der differentialtherapeutischen Erwägungen steht der Anspruch, hypertoniebedingte Organschäden und Folgekrankheiten sowie deren Einfluss auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität zu reduzieren. Diese ärztlichen Überlegungen müssen in einem weiteren Schritt unter ökonomischen Ge-sichtspunkten analysiert und einer vergleichenden Kosten-Nutzenbewertung unter-zogen werden.
    In letzter Zeit hat sich in Deutschland, mitbedingt durch die Sparmassnahmen im Gesundheitssystem, die Diskussion um die "richtige" antihypertensive Therapie ver-schärft und die Frage nach den Kosten der Therapie in den Vordergrund gerückt. Das von der Bundesregierung neu eingerichtete Institut zur Qualitätssicherung und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) ist damit beauftragt worden, eine Bewertung der antihypertensiven Therapie vorzunehmen.
    Eine solche Nutzenbewertung steht, von wem auch immer sie durchgeführt wird, im Spannungsfeld sich widersprechender Interessen: Auf der einen Seite die Arzneimit-tel-produzierende Industrie, welche ihre Entwicklungskosten für ein Medikament

    refinanzieren möchte und darüber hinaus am Medikament zu verdienen trachtet. Auf der anderen Seite stehen "Politik" und Versicherungsträger, denen es vornehmlich um die Senkung von Arzneimittelkosten geht. Diese werden durch den Gemeinsa-men Bundesausschuss (G-BA) und das IQWiG repräsentiert. So wurde das IQWiG im Zuge der Gesundheitsreform am 1. Juni 2004 ge¬gründet. Es wird im Auftrag des G-BA oder des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) tätig. Der G-BA wiederum ist ein Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, Krankenkassen und Krankenhäusern. Seine Aufgabe ist es, zu konkretisieren, welche ambulanten oder stationären medizinischen Leistun¬gen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind und somit zum Leistungskata¬log der Gesetzlichen Krankenversicherung gehö-ren. Im Spannungsfeld dieser sich z.T. entgegenstehenden Interessen steht der Arzt, der zuerst seinen individuellen Patienten verpflichtet ist und diese nach bestem me-dizinischen Wissen und Gewissen behandeln möchte.

    Unabhänge Sachverständige z.B. aus den Fachgesellschaften, welche die Fachge-biete wissenschaftlich und klinisch repräsentieren, müssen in diesem Interessenkon-flikt den Standpunkt einer dem Patienten verpflichteten Medizin vertreten. Sie werden mit Recht aufgefordert, mögliche Interessenkonflikte offenzulegen. Sowohl für die Industrie und deren Vertreter als auch für das IQWiG erübrigt sich dies, da hier nicht von einem Interessenkonflikt, sondern eher von offensichtlicher Interessenvertretung auszugehen ist. Dabei sollte jedoch beachtet und respektiert werden, dass hochkarä-tige Wissenschaftler fast aus¬nahmslos als Studienleiter, Berater, Vortragende bei Industrie-gesponserten Fort- und Weiterbildungsaktivitäten etc., aktiv sind. Trotz die-ser möglichen Interessenkon¬flikte sind sie in diesem Diskussionsprozess die eigentli-chen Unabhängigen.
    Der G-BA strebt mit argumentativer Unterstützung des IQWiG als politische Konse-quenz eine Richtlinie zur medikamentösen Hypertoniebehandlung mit hoher Ver-bindlichkeit an, welche die ärztliche Entscheidung ersetzen und die gegebenenfalls auch mit repressiven Maßnahmen durchgesetzt werden soll. Die Deutsche Hoch-druckliga ist sich mit anderen Fachgesellschaften und ärztlichen Standesvertretun-gen einig darin, dass Behandlungsvorgaben immer nur als Leitlinie für ärztliche Ent

    scheidung formuliert werden sollten. Die Deutsche Hochdruckliga hat in ihren neuen Leit¬linien zur Diagnostik und Therapie der Hypertonie die Kriterien für eine sachge-rechte antihypertensive Behandlung dargelegt. Diese Leitlinien geben dem behan-delnden Arzt Hilfestellung und Beratung, ohne ihn in seiner therapeutischen Ent-scheidungs¬freiheit zu gängeln. Kritische Leitlinien sind dazu ein wichtiges In¬strument der ärztlichen Arbeit. Institutionell verordnete rigide Richtlinien, wie sie durch das IQWiG und den G-BA vorgesehen sind, ent¬mündigen den behandelnden Arzt und vermögen einzelnen Patienten eine optimale Behandlung vorzuenthalten.
    Der vom IQWiG vorgelegte Berichtsplan gibt Anlass zur Sorge um eine sachliche Auseinandersetzung. Beispielhaft seien genannt
    ? Es fehlt eine Definition des Begriffes "Nutzenbewertung".
    ? Die Kriterien für den Ein- bzw. Ausschluss von Studien werden nicht begrün-det und erscheinen willkürlich.
    ? Es werden wichtige Studien nicht in die Beurteilung einbezogen, weil eines von mehreren untersuchten Medikamenten in diesen Studien nicht in Deutsch-land verfügbar ist, vorhandene Evidenz wird so willkürlich ausgeschlossen.
    ? Die Festlegung des Vorgehens "im Sinne einer Metaanalyse" bleibt unklar.
    ? Das Konzept einer Differentialtherapie (unterschiedliche Behandlung von Pa-tienten mit Linksherzhypertrophie, Proteinurie, Herzinsuffizienz, Diabetesrisi-ko, Z.n. Myokardinfarkt etc.) erscheint nicht berücksichtigt.
    Zusammenfassend steht die Deutsche Hochdruckliga dem Verfahren selbst und dem jetzt vorliegenden Berichtsplan des IQWiG kritisch gegenüber. Wie bereits von ande-ren Fachgesellschaften angesprochen, lässt die gewählte Vorgehensweise den Ver-dacht aufkommen, dass mittels dieses Berichtsplans ein vorab intendiertes Ergebnis untermauert werden soll.
    Der Vorstand der
    Deutschen Hochdruckliga

    Pressekontakt:
    Deutsche Hochdruckliga e.V. DHL®
    Deutsche Hypertonie Gesellschaft
    Geschäftsführer:
    Diplom-Betriebswirt Joachim Leiblein
    Berliner Str. 46
    69120 Heidelberg
    Tel: 0 62 21 / 41 17 74
    Fax: 0 62 21 / 40 22 74
    http://www.hochdruckliga.de
    E-Mail: hochdruckliga@t-online.de


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    Criteria of this press release:
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Science policy
    German


     

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