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11/25/1997 00:00

Niklas Luhmann wird 70 Jahre alt

Dr. Gerhard Trott Medien und News
Universität Bielefeld

    Pressemitteilung 96/1997

    Niklas Luhmann wird 70 Jahre alt

    Prof. Dr. Niklas Luhmann, Emeritus an der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld, wird am 8. Dezember 70 Jahre alt. Nach einem Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Freiburg, einer Tätigkeit als Referent im Niedersächsischen Kultusministerium und einem Studium der Verwaltungswissenschaft und Soziologie an der Harvard University war der in Lüneburg geborene Niklas Luhmann zunächst Abteilungsleiter an der Sozialforschungsstelle der Universität Münster mit Sitz in Dortmund. 1968 wurde er zum ersten Professor der neugegründeten Universität Bielefeld ernannt. Seit 1974 ist er Mitglied der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Er ist Ehrendoktor der Universitäten Gent, Macerata, Bologna, Recife, Lecce, Leuven und Trier. 1988 erhielt er den Hegel-Preis der Stadt Stuttgart. Niklas Luhmann, der zum Ende des Wintersemesters 1992/93 emeritiert wurde, hat in den vergangenen drei Jahrzehnten ein umfangreiches Werk vorgelegt, das in der gegenwärtigen Soziologie auch international nicht seinesgleichen hat: Schritt für Schritt hat er sein Arbeitsfeld aus der Verwaltungswissenschaft und Rechtssoziologie in die Gesellschaftstheorie erweitert, die er seit Beginn seines Forschens und Lehrens an der Universität Bielefeld als sein eigentliches Projekt bezeichnet. Mit dem Buch "Soziale Systeme: Grundriß einer allgemeinen Theorie" (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1984) legte er das "Vorwort" zu dieser Gesellschaftstheorie vor, das erstmals nach Talcott Parsons den Anspruch auf eine fachuniversale Theorie erhebt. Seither erschienen mit "Die Wirtschaft der Gesellschaft" (1988) und "Die Wissenschaft der Gesellschaft" (1990), "Das Recht der Gesellschaft" (1993), "Die Kunst der Gesellschaft" (1995) und "Die Gesellschaft der Gesellschaft" (2 Bde., 1997) zentrale Arbeiten aus dem Komplex der Gesellschaftstheorie. In zahlreichen Aufsätzen stellte er parallel zu dieser Arbeit an der Gesellschaftstheorie seine Ideen zu einer Theorie der funktionalen Analyse, Differenzierungstheorie, Evolutionstheorie, Kommunikationstheorie und zu einem operativen Konstruktivismus zur Diskussion, die in mittlerweile sechs Bänden unter dem Titel "Soziologische Aufklärung" (Opladen: Westdeutscher Verlag, 1970-1995) gesammelt wurden. Eine der Thesen im Zentrum der Gesellschaftstheorie, die Umstellung des Differenzierungstyps der Gesellschaft von einer Schichtungsgesellschaft auf eine in Funktionssysteme differenzierte Gesellschaft im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts, führte zu Ausflügen in die historische Wissenssoziologie der Gesellschaft, die in vier Bänden unter dem Titel "Gesellschaftsstruktur und Semantik" (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1980-1995) sowie in dem Buch "Liebe als Passion" (1982) vorliegen. Im Vorgriff auf die Gesellschaftstheorie nimmt Niklas Luhmann immer wieder zu Fragen des gesellschaftlichen Selbstverständnisses Stellung, wovon die Bücher "Politische Theorie im Wohlfahrtsstaat" (1981), "Ökologische Kommunikation" (1986), "Soziologie des Risikos" (1991), "Beobachtungen der Moderne" (1992) und "Die Realität der Massenmedien" (1996) Zeugnis ablegen. Übersetzungen der Werke Niklas Luhmanns ins Englische, Japanische, Spanische, Portugiesische, Italienische und Französische zeugen von einem großen internationalen Interesse an seiner Arbeit. In zahlreichen Bänden und Zeitschriften findet sich seine Diskussion mit Juristen, Pädagogen, Theologen und in jüngerer Zeit zunehmend mit Kunsttheoretikern dokumentiert. Von der soziologischen und interdisziplinären Resonanz seiner Überlegungen und Anregungen zeugt auch die unter dem Titel "Theorie als Passion" (1987) erschienene Festschrift zu seinem sechzigsten Geburtstag. Eine steigende Zahl von Einführungen zeigt, daß auch die Studenten zunehmend Zugänge zu diesem theoretisch anspruchsvollen Werk suchen. Es ist nicht leicht zu sagen, worin die weit über die Grenzen des Fachs hinaus wirksame Faszination der soziologischen Systemtheorie Niklas Luhmanns besteht. Eine große Rolle spielt sicherlich das immer wieder beeindruckende Gespür für die empirische Eigendynamik sozialer Systeme wie der Organisation, der Politik, des Rechts, der Religion, der Wirtschaft, der Familie oder der Kunst. Aber eine ebenso große Rolle scheint die Kombination hochgetriebener Ansprüche an Theoriearchitektur und Begriffsarbeit auf der einen Seite mit einer extremen Fähigkeit des Aushaltens und Formulierens von Ambiguitäten auf der anderen Seite zu sein. Wenn man in der "Wissenschaft der Gesellschaft" den Satz: "Der Beobachter ist konstitutiv unsicher oder er ist kein Beobachter" liest, dann kann man das sowohl als Aussage über den Gegenstand der Gesellschaftstheorie wie über diese selbst nehmen.


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    Social studies
    transregional, national
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