Das entwicklungspolitische Engagement der deutschen Hochschulen ist in Gefahr. Dies war das zentrale Ergebnis eines Workshops, zu dem die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) Ende April nach Bonn eingeladen hatten. Erstmals trafen sich hochrangige Experten der Bundesministerien für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) und Bildung und Wissenschaft (BMBF), Vertreter der Länderministerien, Hochschulleiter und profilierte Wissenschaftler, um über die Perspektiven der Zusammenarbeit von Hochschulen mit Partnern in Entwicklungsländern zu diskutieren.
Die Gefährdung der Entwickungszusammenarbeit sei äußerst bedauerlich, so die Workshopteilnehmer. Die Kooperation mit Entwicklungs- und Schwellenländern biete große Chancen für die Profilbildung der Hochschulen in Lehre, Forschung und Wissenstransfer. Entwicklungszusammenarbeit wird in Geber- und Nehmerländern zunehmend zur Aufgabe der Hochschulen insgesamt und deren Leitung. Globalhaushalte und Zielvereinbarungen könnten dieses Aufgabenfeld aber im inneruniversitären Wettbewerb stärker ins Hintertreffen drängen.. Die Hochschulentwicklungsplanung erschwere das autonome Handeln einzelner Professoren und Institute, die die Entwicklungszusammenarbeit bislang tragen.
Daher sei es für die Fortführung der Kooperation mit Entwicklungsländern entscheidend, die Zusammenarbeit in die Gesamtstrategie einer Hochschule zu integrieren. Der größer gewordene Handlungsspielraum der Hochschulen erfordere eine bewusste Entscheidung der Hochschulleitungen für die Entwicklungszusammenarbeit. Dies erklärten in ihren Statements als Hochschulvertreter der Präsident der Universität Marburg, Professor Dr. Volker Nienhaus und der Rektor der Fachhochschule Köln, Professor Dr. Joachim Metzner. Ein weiteres Problem sei, dass durch die gestärkte Rolle der Länder, die Zahl der staatlichen Ansprechpartner für die Hochschulen noch unübersichtlicher werde.
Die anschließende Diskussion ergab, dass diese Entscheidung gefördert werden muss: Bundesressorts und Wissenschaftsministerien seien gefordert, im Dialog mit den Hochschulleitungen die Rahmenbedingungen und Anreizstrukturen so zu gestalten, dass der bisherige Kooperationsumfang aufrechterhalten werden könne. MinDir Hans Dietrich Lehmann vom BMZ betonte, dass der tertiäre Sektor für die Entwicklungszusammenarbeit eine wichtige Rolle spiele, da nachhaltige Armutsminderung, die Lösung weltweiter Probleme und die Förderung von guter Regierungsführung ohne Einbindung der Hochschulen kaum möglich seien. Eine denkbare Ausweitung der Bundesmittel für Entwicklungszusammenarbeit dürfe keinesfalls lediglich zurückgehende Landesmittel kompensieren.
Professor Dr. Ernesto Medina, bis Anfang April Rektor der Nationaluniversität von Nicaragua-León und DAAD-Alumnus, berichtete, dass in den Hochschulen des Südens ebenfalls Prozesse der Profilbildung und strategischen Fokussierung in den Hochschulen im Gang seien. Auch dort sei es künftig wichtiger, die Kooperation von Wissenschaftlern in die Gesamtstrategie der Hochschulen einzubinden. Er forderte die Workshopteilnehmer ausdrücklich auf, sich weiter für eine Kooperation mit Hochschulen in Entwicklungsländern zu engagieren, da deren Rolle in der Entwicklung ihrer Gesellschaften stetig zunehme.
Der ressortübergreifende Dialog wurde von allen Teilnehmern sehr begrüßt. HRK und DAAD werden sich weiter dafür einsetzen, dass solche Gespräche regelmäßig stattfinden und das entwicklungspolitische Engagement der Hochschulen und der Bundesländer erhalten bleibt.
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