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11/24/1999 12:44

Neue Dimensionen in der Versicherungskalkulation

Peter Pietschmann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Ulm

    Neue Dimensionen in der Versicherungskalkulation
    Verleihung des SCOR-Preises 1999

    Zum ersten Mal bundesweit ausgeschrieben war in diesem Jahr der SCOR-Preis für Aktuarwissenschaften, bis dahin auf Ulmer Wirtschaftsmathematiker begrenzter Förderpreis des Versicherungsunternehmens SCOR Deutschland. Aus insgesamt 20 eingereichten Arbeiten kürte die Jury den Beitrag von Kerstin Schmidt (Universität Marburg), »Ein stochastisches Modell zur Ertragsmessung in der privaten Krankenversicherung«, als beste (DM 8000,-). Börge Thiel (Universität Hamburg) erhält für seine »Kalkulation der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung auf der Grundlage der Theorie der Markov-Ketten« den zweiten Preis (DM 5.000,-). Rang drei (DM 3.000,-) belegt der Ulmer Andreas Koch mit der Arbeit »Der Einfluß des Versicherungsvertrags auf die Rechnungslegung des Lebensversicherungsunternehmens«. Die Preisverleihung findet am 25.11.1999 statt.

    Ende des Dornröschenschlafs

    Vor wenig mehr als fünf Jahren noch waren Maßnahmen zur Ertragskalkulation für deutsche Versicherungsunternehmen kaum ein Thema, der Gestaltungsspielraum für etwaige neue Versicherungsprodukte eng begrenzt. Mit der Deregulierung des Versicherungsmarktes im Juni 1994 hat sich die Situation geändert. Um die neu gewonnenen Freiheiten zur Entwicklung konkurrenzfähiger Produkte ausnutzen und gleichzeitig betriebswirtschaftlich sinnvoll handeln zu können, sind nun möglichst exakte, mathematisch fundierte Verfahren zur Ertragsmessung gefragt, die es erlauben, den Einfluß einzelner Verträge ebenso wie ganzer Bestände zu bewerten und die Auswirkungen einer Änderung der relevanten Parameter auf die Erträge zu analysieren. Hierauf aufbauend können Umgestaltungen an Versicherungsprodukten beurteilt und Unternehmensstrategien, beispielsweise eine Konzentration auf ertragsstarke Vertriebswege oder Kundengruppen, entwickelt werden. Mit dieser Problematik befassen sich die Preisträgerarbeiten, speziell mit Verfahren zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Renten- und Krankenversicherungsprodukten.

    Kerstin Schmidt hatte sich mit sogenannten »Profit Testing«-Systemen auseinandergesetzt und untersucht, inwieweit sich diese in den angelsächsischen Ländern seit den fünfziger Jahren praktizierten wirtschaftsmathematischen Verfahren zur Ertragsmessung auch für die Analyse von privaten Krankenversicherungen eignen. Prinzipiell sei die Eignung zu bejahen. Allerdings sei es auch erforderlich, daß die derzeit genutzten, aus dem Bereich der Lebensversicherung adaptierten Systeme verfeinert werden, um den spezifischen Erfordernissen der deutschen privaten Krankenversicherung optimal zu entsprechen.

    Preisträger Börge Thiel erwartet ein baldiges Ende des gegenwärtigen methodischen Dornröschenschlafs in der Kalkulation von Berufsunfähigkeits- und Berufsunfähigkeits-Zusatz-Versicherungen (BZ/BUZ). Auch dieses Marktsegment beginnt sich, motiviert durch die wachsende Verunsicherung der Arbeitnehmer in Sachen gesetzliche Rentenversicherung, zu differenzieren. Individuell für den Kunden maßgeschneiderte Absicherungskonzepte sind gefragt. Deren Kalkulation wirft Probleme auf. Um das BUZ-Risiko in allen Aspekten vollständig zu erfassen, hat Thiel beispielhaft eine Kalkulation auf der Grundlage des komplexen Modells der diskreten Markov-Ketten durchgeführt - ein mathematisch anspruchsvoller Ansatz.

    Planungsinstrument

    Der Ulmer Beitrag über den »Einfluß des Versicherungsvertrags auf die Rechnungslegung des Lebensversicherungsunternehmens« nimmt Bezug auf einen Mißstand in der gebräuchlichen Bilanzierungspraxis der Versicherer. Die Werte der Gewinn- und Verlustrechnung werden hier, bedingt durch die Besonderheiten der Versicherungsbuchhaltung, anders als im industriellen Rechnungswesen erst im Rückschluß aus der Bilanz abgeleitet. Die auf diese Weise ermittelten Resultate sind für eine vorausschauende Unternehmensplanung weitgehend untauglich.

    Andreas Koch hat nun versucht, den tatsächlichen Einfluß eines einzelnen Versicherungsvertrages auf die interne Rechungslegung mathematisch darzustellen. Am Beispiel ausgewählter Erlebens- und Todesfallversicherungen wurde der jeweilige Vertrag über die Jahre hinweg buchungstechnisch verfolgt: Welche Spuren hinterließ er in der Bilanz? - Wenn sich der Verantwortliche Aktuar des Versicherungsunternehmens nach dieser Methode mit den Charakteristika seiner Bestände vertraut macht, erklärt Koch, verfügt er über ein leistungsfähiges Kontroll- und Planungsinstrument, sowohl im Hinblick auf die richtige Berechnung der Deckungsrückstellungen, der »eisernen Reserve«, die das Versicherungsunternehmen in jedem Geschäftsjahr zurückzuhalten verpflichtet ist, als auch zur Rationalisierung anderer Buchungsabläufe.

    Einen Sonderpreis erhält der Dr. Christoph Brömmelmeyer, Humboldt-Universität Berlin. Seine Studie »Der Aktuar in der Lebensversicherung« beantwortet eine Reihe bisher ungeklärter Rechtsfragen, die mit der Einführung eines für die Berechnung der Prämien und Deckungsrückstellungen verantwortlichen Mathematikers im Versicherungsunternehmen, des »Verantwortlichen Aktuars«, verbunden sind, u.a. die nach dessen Rechtsposition gegenüber dem Lebensversicherer, nach seinen Kontrollbefugnissen und nach der zivilrechtlichen Haftung.


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    Criteria of this press release:
    Economics / business administration, Mathematics, Physics / astronomy
    transregional, national
    Research results
    German


     

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