Stark beeinträchtigte Opfer einer Gewalttat reagieren negativ auf Medienberichte über ihre Geschichte. Nur sehr wenige Opfer freuen sich, wenn über ihr Trauma berichtet wird, wie Prof. Andreas Maercker, Universität Zürich, in einer Untersuchung herausgefunden hat. Medien sollen deshalb Interviewpartner nach einem traumatischen Erlebnis sorgfältig auswählen. Die Studie erscheint in der Zeitschrift "European Psychologist" (Heft 2, 2006).
Gewaltopfer stehen im Fokus der Medien. Jetzt wurde erstmals erforscht, was passiert, wenn die Opfer ihre Geschichte in der Zeitung lesen oder im Fernsehen sehen. Prof. Andreas Maercker, Leiter der Abteilung für Psychopathologie und Klinische Intervention der Universität Zürich, und seine Koautorin Astrid Mehr haben 63 Opfer auf ihre psychologische Reaktion untersucht. Diese Personen waren Opfer von Raubüberfällen mit und ohne Körperverletzungen sowie Opfer häuslicher Gewalt mit Körperverletzung. Über ihre Erlebnisse hatten die Print- oder TV-Medien berichtet. Die beiden Forscher untersuchten die Traumaopfer zweimal psychologisch, erstmals 5 Monate nach der Tat und nochmals 11 Monate nach der Tat.
Ihre Studie belegt, dass sich nur sehr wenige der Traumaopfer über den Medienbericht freuten (5 Prozent) oder sich durch ihn unterstützt fühlten (11 Prozent). Negative Reaktionen überwiegten, z.B. Traurigkeit, Ärger oder ein Gefühl des Ausgeliefertseins. Zwei Drittel der Personen waren traurig (65,6 Prozent), nachdem sie den Bericht gelesen, gehört oder gesehen hatten. Die Hälfte der Personen (48 Prozent) fühlte sich erschrocken, ein Drittel (31 Prozent) war wütend und nur 10 Prozent liess der Medienbericht indifferent. Diese überwiegend negativen eigenen Reaktionen waren auch bei Gewaltopfern zu finden, welche die Medienberichte über sich selber insgesamt eher als zutreffend einschätzten. Diejenigen, die diese Berichte als eher falsch einschätzten (ca. 1/3 der Betroffenen) zeigten etwas höhere negative Reaktionen.
Gewaltopfer mit stark ausgeprägten Symptomen der Posttraumatischen Belastungsstörung reagierten überwiegend negativ auf die Medienberichte über sich selbst - und zwar unabhängig davon, ob sie die Berichte als zutreffend oder unzutreffend empfanden. "Aus psychologischer Sicht ist es deshalb nicht vertretbar, stark beeinträchtigte Opfer in die Medien zu bringen", folgert Prof. Andreas Maercker. "Auch stützen unsere Resultate die These nicht, wonach Opfer durch Medienberichte soziale Anerkennung und eine positive Form der Unterstützung erfahren, welche die Genesung erleichtert."
Kontakt:
Prof. Andreas Maercker, Universität Zürich, Psychologisches Institut
Tel. ++41 (0)44 634 52 20
E-Mail: maercker@psychologie.unizh.ch
Criteria of this press release:
Media and communication sciences, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Psychology, Social studies
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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