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12/01/1999 16:23

Kantendetektion und Bilderkennung

Peter Pietschmann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Ulm

    Kanten mit Zweidrittelmehrheit
    »Dominante opponente Inhibition« - ein Verfahren zur Verbesserung der Bildverarbeitung

    Technische Bildverarbeitung und Bildverstehen (Computer Vision) haben zum Ziel, aus Bildern bestimmte Informationen zu gewinnen, beispielsweise Gesichter zu erkennen oder die Entfernung eines Objektes zu bestimmen. Bei solchen Aufgaben sind Farbe oder Helligkeit im Bild oft Störfaktoren, wenn es etwa gilt, ein nach dem Sommerurlaub sonnengebräuntes Gesicht wiederzuerkennen. Aus diesem Grunde werden bei vielen Anwendungen von Computer Vision die Bilder zu einer Linienzeichnung der Objektkonturen aufbereitet, ähnlich einer Schwarz-Weiß-Karikatur.

    Mitentscheidend für die Zuverlässigkeit dieser sogenannten Kantendetektion ist, daß sie nur dort Antworten liefert, wo im Bild wirklich Konturen zu finden sind - ein Kriterium, das herkömmliche Verfahren leider oft nicht erfüllen. Sie interpretieren bereits minimales Rauschen im Signaleingang, verursacht durch kleine Helligkeitsunterschiede, wie sie z. B. auf jeder weißen Wand zu finden sind, irrtümlich als Kanten. Wie David H. Hubel und Torsten N. Wiesel in ihrer 1981 nobelpreisgekrönten Arbeit gezeigt haben, arbeiten nun interessanterweise auch viele Zellen im visuellen System von Säugetieren als »Kantendektoren« - und zwar offenbar erheblich korrekter. So läßt sich die menschliche Wahrnehmung, wie jedermann täglich feststellen kann, durch besagte Helligkeitsschwankungen im allgemeinen nicht irritieren.

    Robust gegen Rauschen

    Die neuroinformatorische Forschung zur Computer Vision befaßt sich aus diesem Grund unter anderem mit dem visuellen System von Lebewesen. Das Forschungsspektrum reicht von naturwissenschaftlicher Grundlagenforschung bis zur ingenieurmäßigen Anwendung in Hard- und Softwaresystemen. Ziel ist es herauszufinden, welche Prinzipien der visuellen Informationsverarbeitung das Gehirn beim Sehen anwendet, und diese Prinzipien in technischen Systemen einzusetzen. In der Abteilung Neuroinformatik der Universität Ulm hat Prof. Dr. Heiko Neumann ein biologienahes Verfahren zur Kantendetektion entwickelt, das von Diplominformatiker Thorsten Hansen um einen Mechanismus der »Dominanten opponenten Inhibition« erweitert wurde.

    Das Prinzip ähnelt dem der Zweidrittelmehrheit bei wichtigen Abstimmungen: damit ein Gesetz genehmigt wird, müssen auf jede Gegenstimme mindestens zwei Pro-Stimmen kommen. Auf diese Weise wird sichergestellt, daß bei knappen Ergebnissen nicht zufällige Schwankungen eine Entscheidung herbeiführen können. Analog wird in Neumann/Hansens neuem Verfahren eine Kante erst dann signalisiert, wenn die Anzeichen für eine Kante mindestens doppelt so stark sind wie die gegen das Vorhandensein einer Kante sprechenden Anzeichen. Durch diesen Mechanismus wird das Verfahren wesentlich robuster gegenüber Rauschen.

    Ausgangspunkt der Entwicklung war eine physiologische Studie, deren Ergebnisse mit dem neuen Mechanismus zum ersten Mal in einem Computermodell simuliert werden konnten. Dieses auf neurobiologischen Daten basierende Modell haben Hansen und Neumann dann, verknüpft mit einem nachgeschalteten Klassifikationssystem, zur Objekterkennung mittels Computer Vision eingesetzt. Im Vergleich zu Standardverfahren ergab sich hierbei eine wesentlich zuverlässigere Bestimmung von Kanten und daraus resultierend eine wesentlich verbesserte Erkennungsrate.

    Auf der 4. Fachtagung der Gesellschaft für Kognitionswissenschaft (KogWis99) vom 28. September bis 1. Oktober 1999 in Bielefeld haben die Ulmer Neuroinformatiker ihre Ergebnisse unter dem Titel »A Neural Model of Dominating Opponent Inhibition in Visual On and Off Pathways for Robust Contour Extraction« vorgestellt. Hansen wurde dafür mit dem »KI/Kognitionspreis« für den besten Beitrag eines jungen Wissenschaftlers ausgezeichnet.


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    Criteria of this press release:
    Information technology
    transregional, national
    Research results
    German


     

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