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12/02/1999 10:56

Ein merkwürdiger Stern in unserer Milchstraße

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Jena. (02.12.99) Einen Exoten unserer Milchstraße haben Astrophysiker der Friedrich-Schiller-Universität nun wesentlich besser kennenge-lernt. Gemeinsam mit einem internationalen Forscherteam stellten die Jenaer für das gewaltige galaktische Doppelstern-System Eta Carinae erstmals spektroskopische Messungen über die gesamte infrarote Bandbreite an und erhielten somit wichtige Hinweise auf die chemische Zusammensetzung des Systems. Außerdem wiesen sie ein sehr massereiches Torus-Gebilde nach, das den Stern umgibt. Darüber berichtet das Wissenschaftsmagazin "Nature" in seiner aktuellen Ausgabe (2.12.).

    Eta Carinae ist eines der hellsten Objekte des Südhimmels und etwa 8000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Das weit entwickelte stellare System besteht vermutlich aus zwei räumlich nahe liegenden Einzelsternen. Im 19. Jahrhundert, 1843 und 1890, beobachteten Astronomen mit ihren Teleskopen erhebliche Lichtemissionen in diesem Areal, die heutige Wissenschaftler als starke Eruptionen deuten. Mit ihrer Schwerkraft kamen sich die beiden Sterne offenbar derart ins Gehege, dass nun ein Materieaustausch zwischen ihnen stattfindet; genau dafür könnten die beiden Explosionen die ,Initialzündung' gewesen sein. Daraus entstanden Staub- und Gaswolken, die nun beide Sterne wie zwei Hemisphären umgeben. Um das schmale Zentrum des Systems kreist außerdem eine Staubscheibe.

    Klar ist den Jenaer Astrophysikern, dass dieser Materiefluss Eta Carinae irgendwann aus dem Gleichgewicht stürzen wird. Ob durch die gewaltige Explosion, die dann einen grellen Lichtblitz durchs Weltall zucken lässt, eine hell leuchtende Supernova oder aber zwei Materie verschlingende Schwarze Löcher entstehen, hängt von der verbleibenden kritischen Masse ab. "Über die nahe Zukunft von Eta Carinae, die sich in zehn Minuten oder erst in 1000 Jahren ereignen wird, können wir im Augenblick nur spekulieren", bemerkt Prof. Dr. Thomas Henning, "sicher ist nur, dass unsere Erde davon weit genug entfernt ist, um irgendetwas abzubekommen." Das beruhigt, obwohl es sich bei dem fernen Doppelstern um einen wahrhaft galaktischen Riesen handelt: Auf das mehr als 50fache Gewicht unserer Sonne schätzen die Fachleute die Einzelmasse der Sterne, das entspricht etwa 10 hoch 29 Tonnen (eine Eins mit 29 Nullen).

    Für ihre Messungen haben die Astrophysiker nun Daten und Bilder ausgewertet, die mit Hlilfe des Weltraumteleskops Hubble, den Infrarot-Spektrometern eines ESA-Satelliten und der Infrarotkamera TIMMI des 3,6m-Teleskops an der Europäischen Südsternwarte auf dem chilenischen Berg La Silla gemacht wurden. Dabei wiesen sie an Hand der Infrarot-Aufnahmen erstmals ein Objekt nach, dessen Existenz die Forscher lange nur vermuteten: Beide Sterne sind von einem Torus, einem pfannkuchenähnlichen Gebilde, umgeben, das sich aus dem ,Abfall' des Materiestroms speist. Inzwischen ist dieser Torus auf über 15 Sonnenmassen angewachsen. Wenn seine Aufnahmekapazität erschöpft ist, kommt es zu dem erwarteten Crash des gesamten Systems.

    Interessant ist aber auch die chemische Zusammensetzung von Eta Carinae. "Unsere Messungen im Spektralbereich von 2 bis 200 Mikrometer Wellenlänge haben einen sehr hohen Anteil von Sulfiden, insbesondere Eisensulfiden ergeben", berichtet Thomas Henning. "Diese Verbindung kommt in unserer Galaxie recht selten vor; Eta Carinae ist ein echter Exot in unserer Milchstraße." Möglich wurden diese Messungen nur vom Weltall aus, weil die infrarote Strahlung in diesen Wellenlängenbereichen vollständig von der Erdatmosphäre absorbiert wird. Daneben wiesen die Wissenschaftler eine hohe Zahl "sehr interessanter Festkörperbanden" nach, deren chemische Zusammensetzung gegenwärtig noch nicht identifiziert ist. Auch sonst gibt Eta Carinae noch manches Rätsel auf. So stellten die Forscher zwar die angesichts des fortgeschrittenen Sternenalters erwarteten großen Mengen Stickstoff fest, aber keine Stickstoffverbindungen. "Den Grund dafür kennen wir noch nicht", nennt Henning Perspektiven für die weitere Forschung.

    Foto: seds-Archiv, vgl. 2. externre Link

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. Thomas Henning
    Astrophysikalisches Institut und Universitätssternwarte der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Tel.: 03641/947530, Fax: 947532
    E-Mail: henning@astro.uni-jena.de

    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Wolfgang Hirsch
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931031
    Fax: 03641/931032
    e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


    More information:

    http://www.nature.com
    http://ftp.seds.org/pub/images/hst/WFPCEtaCar.jpg


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    Criteria of this press release:
    Mathematics, Physics / astronomy
    transregional, national
    Research results
    German


     

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