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06/20/2006 13:57

Reformvorschlag zur Pflegeversicherung: Kasseler Professoren empfehlen Rückgriff auf Nachlass

Ingrid Hildebrand Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Kassel

    Zur Finanzierung der Pflegekosten sollte der Nachlass von Pflegebedürftigen herangezogen werden. Das ist der Vorschlag der Kasseler Professoren Dr. Andreas Hänlein und Dr. Jochen Michaelis zur Reform der defizitären Pflegeversicherung.

    Kassel. Zur Finanzierung der Pflegekosten sollte der Nachlass von Pflegebedürftigen herangezogen werden. Das ist der Vorschlag der Kasseler Professoren Dr. Andreas Hänlein und Dr. Jochen Michaelis zur Reform der defizitären Pflegeversicherung.

    "Die gegenwärtige Regelung bringt erhebliche Vorteile für die Erbengeneration mit sich", argumentieren Hänlein und Michaelis und verweisen zum Vergleich mit den defizitären aktuellen Verhältnissen auf diejenigen vor Einführung der Pflegeversicherung. Damals wurden Lücken zwischen dem Pflegeaufwand und den vorhandenen Eigenmitteln des Pflegebedürftigen in erster Linie durch Leistungen der Sozialhilfe gedeckt. "Diese trat nur dann ein, wenn ein Pflegebedürftiger den Aufwand aus seinem Einkommen und Vermögen nicht finanzieren und wenn der Aufwand auch von unterhaltspflichtigen Angehörigen nicht erbracht werden konnte", erinnert der Sozialrechtsexperte Hänlein. Schon damals hatten die Sozialhilfeträger in beschränktem Umfang die Möglichkeit, nach dem Tod des Pflegebedürftigen ihre Ausgaben für den Pflegeaufwand aus dem Nachlass des Verstorbenen zu finanzieren. Mit der geltenden Neuregelung wurde zwar das Ziel der Entlastung der Kommunen als Träger der Sozialhilfe erreicht, dasjenige der Stärkung der familiären bzw. häuslichen Pflege dagegen deutlich verfehlt. Zu beobachten ist stattdessen eine Verschiebung der kostengünstigeren ambulanten zur teureren stationären Pflege: Während nach der Einführung der Pflegeversicherung die Zahl der Leistungsempfänger um 31 Prozent gewachsen ist, hat ihre Anzahl in stationärer Pflege um 79 Prozent zugenommen. "Wenn die Pflegeversicherung heute bei vollstationärer Pflege Aufwendungen von bis zu 1432 Euro im Monat übernimmt, so werden bis zur Höhe dieses Betrags die Eigenmittel des Pflegebedürftigen Monat für Monat geschont. Zugleich sinken die von den Kindern zu tragenden Pflegekosten", rechnet der Volkswirt Michaelis.

    Die Kasseler Wissenschaftler haben dagegen ein Modell entworfen, das die Pflege wieder stärker in der Familie verankert und die Erbengeneration durch die Einführung eines Ersatzanspruchs der Pflegeversicherung zunächst stärker belastet. Der Vorschlag ist an dem Ziel orientiert, einerseits einen Anreiz zur familiären Pflege zu schaffen und gleichzeitig in den gewollten volkswirtschaftlichen Effekt der Ersparnisbildung und Vererbung nicht übermäßig einzugreifen. Er sieht daher einen Ersatzanspruch gegen die Erben nur für solche Pflegekosten vor, die ein Volumen übersteigen, das der maximalen Höchstausgabe der Pflegeversicherung für drei Jahre entspricht.

    "Unsere Beispiele zeigen, dass das vorgeschlagene Instrumentarium zwanglos zu den in der Rechtsordnung bereits vorzufindenden Wertungen passt", sagen Hänlein und Michaelis. Damit wäre der Ball bei der Politik. Sie hat zu entscheiden, diesen Vorschlag in die Praxis umzusetzen - oder andere Wege zu beschreiten, bevor die Finanzreserve der Pflegeversicherung voraussichtlich im Jahr 2010 aufgebraucht sein wird.

    Hänleins und Michaelis? Vorschläge sind erschienen in: Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, 2006, S. 250-255

    jb
    3.140 Zeichen

    Info
    Universität Kassel
    Prof. Dr. Andreas Hänlein
    Fachbereich Wirtschaftswissenschaften
    tel (0561) 804 3148/-3137
    fax (0561) 804 3227
    e-mail haenlein@uni-kassel.de

    Prof. Dr. Jochen Michaelis
    Fachbereich Wirtschaftswissenschaften
    tel (0561) 804 3562/-3071
    fax (0561) 804 3083
    e-mail Michaelis@wirtschaft.uni-kassel.de


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    Criteria of this press release:
    Economics / business administration, Law, Politics, Social studies
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

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