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06/22/2006 15:16

Einzigartiges Kompetenzzentrum zur Naturstoffforschung: Uni kooperiert mit BASF, Boehringer Ingelheim und IBWF

Petra Giegerich Kommunikation und Presse
Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Universität gründet neues Naturstoffsynthese-Zentrum zur chemischen Herstellung von potentiellen Wirkstoffen für Medizin und Pflanzenschutz.

    Die BASF Aktiengesellschaft und Boehringer Ingelheim, das Institut für Biotechnologie und Wirkstoff-Forschung in Kaiserslautern (IBWF) und die Johannes Gutenberg-Universität Mainz werden in der Erforschung von Naturstoffen zusammenarbeiten. Sie gründen zu diesem Zweck einen Forschungsverbund: Mit ihm entsteht ein in Deutschland einmaliges Kompetenzzentrum zur integrierten Naturstoff-Forschung, dessen Konzept auch im internationalen Vergleich innovativ ist. "Mit diesem Verbund entsteht eine Forschungskette, die bei der Gewinnung von Naturstoffen aus biologischem Material beginnt und über die Aufklärung der Struktur dieser Stoffe, deren chemische Nachbildung und Abwandlung bis hin zur biologischen Prüfung der gewonnenen Substanzen nahtlos ineinander greift", erläutert Univ.-Prof. Dr. Horst Kunz vom Institut für Organische Chemie der Mainzer Universität. "Indem wir ausgehend von den Naturstoffen deren Strukturen gezielt verändern, sollten sich Wirkstoffe finden lassen, deren gewünschte Wirkung verstärkt, deren unerwünschte Nebenwirkungen aber vermindert sind. So werden Leitlinien aufgedeckt, nach denen wirksame und selektive Pflanzenschutzmittel und Arzneistoffe für die Zukunft entworfen werden können."

    Naturstoffe sind organisch-chemische Verbindungen, die von lebenden Organismen gebildet werden und eine lange Historie in der Heilkunde haben. Bekannte Naturstoffe sind z. B. das Penicillin zur Behandlung von Infektionskrankheiten oder Ergotamine aus Mutterkornpilzen zur Migräne-Therapie. Die Naturstoff-Chemie hat in Deutschland eine lange Tradition und ist eng mit dem Aufbau der pharmazeutischen Chemie verknüpft. Auch heute spielen Naturstoffe eine wichtige Rolle als Wirkstoffe: 30 Prozent der weltweit umsatzstärksten Pharmaka sind Naturstoffe, Naturstoffderivate oder von Naturstoffen abgeleitete Syntheseprodukte. Auch im Pflanzenschutz haben Wirkstoffe, die sich von Naturstoffen ableiten, eine große Bedeutung. Beispielhaft hierfür sind die Strobilurine. Sie wurden von Prof. Dr. Timm Anke vom IBWF Kaiserslautern Anfang der 80er Jahre aus Pilzkulturen isoliert, zusammen mit Prof. Wolfgang Steglich (damals Universität Bonn) und von der BASF AG strukturell abgewandelt und als Pflanzenschutzmittel zur Bekämpfung von Pilzerkrankungen mit großem Erfolg auf den Markt gebracht. "Wir freuen uns, dass in unsere langjährige Kooperation mit der BASF und Prof. Kunz nun auch Boehringer Ingelheim eingebunden ist und hoffen, dass wir auch künftig hilfreiche Forschungsarbeiten zur Entwicklung neuer Produkte bei unseren Industriepartnern beisteuern können", erklärt
    Professor Anke.

    Das Anliegen des neuen Forschungsverbundes mit der Bezeichnung "Naturstoffe als Wirkstoffe und Wirkstoffmodelle" ist es, zunächst Naturstoffe zu finden, die neuartige biologische Eigenschaften besitzen und sich als Ansatzpunkte für Heilmittel oder Pflanzenschutzmittel eignen. Die Bereitstellung neuer Naturstoffe ist die Aufgabe des IBWF Kaiserslautern, das für die Isolierung und Strukturaufklärung von Naturstoffen eine langjährige Erfahrung aufweist. Interessante Kandidaten werden dann am neuen Naturstoffsynthese-Zentrum Mainz, das unter dem Dach des Instituts für Organische Chemie entsteht, chemisch nachgebildet bzw. in abgewandelter Form aufgebaut und von Boehringer Ingelheim für pharmazeutische Anwendung und von der BASF AG für Pflanzenschutz-Anwendung sorgfältig charakterisiert. Von den interessanten Naturstoffen sollen Struktur-Abwandlungen am Naturstoffsynthese-Zentrums in Mainz hergestellt werden. Durch die strukturellen Abwandlungen werden Moleküle mit neuen Eigenschaften erhalten, z.B. mit neuen Wirkprofilen, mit stärkerer Wirksamkeit oder besserer Verträglichkeit. Damit ergeben sich neue Chancen für die Wirkstoff-Forschung. Das Projekt verknüpft die klassische Stärke der Naturstoff-Chemie zur Auffindung neuartiger Moleküle mit interessantem Wirkprofil mit der Stärke der Synthese-Chemie, Moleküle mit "maßgeschneiderten" Eigenschaften herzustellen. Die Profilierung der Naturstoff-Abwandlungen geschieht bei den Partnerfirmen und soll Ansatzpunkte für neue Therapeutika und Pflanzenschutz-Präparate liefern. Langfristig ist geplant, die pharmakologischen Wirkungen der synthetisierten Naturstoffe auch in pharmakologischen Untersuchungen und klinischen Therapiestudien an der Johannes-Gutenberg-Universität zu prüfen.

    Erste Aufgaben
    In dem neuen Projekt werden sich die Partner vorerst auf die Arbeit mit Wirkstoffen aus Pilzkulturen konzentrieren und später auch pflanzliche Wirkstoffe einbeziehen. "Für unsere Doktoranden und Wissenschaftler am Naturstoffsynthese-Zentrum wird es eine stimulierende und spannende Herausforderung sein, auf diesem Gebiet zu arbeiten", sagt Kunz. Ihre erste Aufgabe ist es, die ausgewählten Stoffe durch chemische Synthese im Labor identisch nachzubauen. Eine solche Synthese kann ohne weiteres aus mehr als 25 Einzelschritten bestehen, bevor am Ende das Ebenbild des betreffenden Naturstoffes gewonnen ist. Die zweite Aufgabe ist es dann, die naturidentischen Substanzen in neuen Syntheseprogrammen strukturell so abzuwandeln, dass sie ihre positiven Wirkungen möglichst ohne unerwünschte Nebenwirkungen entfalten können: ein Ziel, das gerade in der Humanmedizin besonders erstrebenswert ist. Im Pflanzenschutz stellt darüber hinaus ein Ziel dar, die Stoffe stabiler gegen Licht, Wärme oder Feuchtigkeit zu machen.

    Das Naturstoffsynthese-Zentrum Mainz ist zumindest in der Aufbauphase in das Institut für Organische Chemie integriert. Zur Durchführung der Synthesearbeiten werden etwa zwölf Wissenschaftlerstellen für Doktoranden und Postdoktoranden geschaffen. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte das Zentrum über die bisherigen Aufgaben hinaus wirken und Schwerpunktforschung im interdisziplinären Bereich zwischen der Chemie und der molekularen Biologie und Medizin anstoßen und
    vorantreiben.

    Das Institut für Biotechnologie und Wirkstoff-Forschung in Kaiserslautern (IBWF), ein An-Institut der Universität Kaiserslautern, hat sich in den sieben Jahren seines Bestehens in der Naturstoff-Forschung etabliert und international prominent positioniert. Hier arbeiten sechs promovierte Wissenschaftler, elf Doktoranden, zwei Diplomanden, elf technische Mitarbeiter und studentische Hilfskräfte, häufig in Kooperationen mit nationalen und internationalen Partnern.

    Boehringer Ingelheim und BASF, beide in Rheinland-Pfalz ansässig, zählen zu den bedeutenden, international agierenden Firmen für Pharmazeutika und Pflanzenschutz-Präparate. Sie haben beide eine lange und erfolgreiche Tradition in der Suche nach neuen Wirkstoffen, ihrer Entwicklung und Vermarktung.

    Kontakt und Informationen:
    Univ.-Prof. Dr. Horst Kunz
    Institut für Organische Chemie
    Johannes Gutenberg-Universität Mainz
    Tel: 06131 39-22334 und 39-22272
    Fax: 06131 39-24786
    E-Mail: hokunz@uni-mainz.de


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    Criteria of this press release:
    Biology, Chemistry, Economics / business administration, Information technology, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research projects, Transfer of Science or Research
    German


     

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