Jena/Waltershausen (19.01.00) Die Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena hat die berühmte Bibliothek der Salzmann-Schule Schnepfenthal aus dem Besitz der Familie Ausfeld erworben. Die rund 8.000 Bände, die in diesen Tagen von ihrem bisherigen Standort auf Schloss Tenneberg bei Waltershausen in Jena eintrafen, zählen zu den wertvollen historischen Buchbeständen im Freistaat Thüringen und werden nun einer unmittelbaren Erschließung der Wissenschaft zugänglich gemacht. Sie umfassen einen wesentlichen Teil der Bibliothek, die der Schnepfenthaler Pfarrer und Reformpädagoge Christian Gotthilf Salzmann (1744-1811) sammelte und für die von ihm gegründete philanthropische Schule sowie für die Volksaufklärung einsetzte. Die Mittel für den Erwerb der Bibliothek stellten die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Freistaat Thüringen zur Verfügung.
"Salzmann zählt zu den wichtigen und überregional wirksamen Pädagogen Thüringens", erläutert Prof. Dr. Leonhard Friedrich. "Von besonderem Interesse für die Erziehungswissenschaften sind vor allem die Bestände zum historischen Philanthropismus." Der emeritierte Pädagoge hatte sich vehement für den Ankauf der Salzmannschen Bücher durch die Jenaer Universität eingesetzt. Auch der Landkreis Gotha und die Stadt Waltershausen mit ihrem Bürgermeister Michael Brychcy waren rasch dafür eingenommen, die Salzmann-Bibliothek für die interdisziplinäre Forschung an die Jenaer Universität zu übergeben.
"Sie wird wie andere bedeutende Sondersammlungen unserer Universitäts- und Landesbibliothek bewahrt und für eine wissenschaftliche Nutzung bereitgestellt", erläutert Direktorin Dr. Sabine Wefers. "Aber zunächst müssen wir die sorgfältig gepackten Kisten aus Schloss Tenneberg behutsam öffnen, den Bestand ordnen und katalogisieren." An der inhaltlichen Erschließung wird sich auch Prof. Dr. Dr. Ralf Koerrenz, der historische Pädagogik an der Uni Jena lehrt, beteiligen.
Die Salzmannschen Bestände eröffnen einen für diese Zeit ungewöhnlich breiten Wissenshorizont. Dazu gehören neben der theologischen Literatur des 18. Jahrhunderts mit einem deutlich reformerisch-aufklärerischen Ansatz vor allem die klassischen und neueren Sprachen, Naturwissenschaften, Geschichte und natürlich die Pädagogik. Salzmanns eigene Schriften wie z. B. die "Christliche Hauspostille" und seine volksaufklärericshe Zeitschrift "Der Bote aus Thüringen" und historische Standardwerke wie Johann Christoph GuthsMuths "Gymnastik für die Jugend" (1793) gehören dazu.
Eine ganze Reihe der Bücher hatte der Reformpädagoge für seine Schnepfenthaler Schule von Sponsoren erhalten; so stiftete 1790 Baron Melchior von Grimm, Mitarbeiter an der Pariser "Encyclopédie des Sciences, des Arts et des Métiers, "200 Livres", weil es laut Schulnachrichten "unserer Bibliothek noch immer an einem ordentlichen Fonds fehlt". Für die Schnepfenthaler philanthropische Lehrstalt kam den Büchern eine Schlüsselrolle zu. Sie standen Lehrern und Schülern gleichermaßen zur Verfügung, denn als heftiger Kritiker des autoritären Erziehungssystems seiner Zeit setzte sich Christian Gotthilf Salzmann für eine natürliche Ausbildung von Körper und Geist und vertrauensvolles Miteinander der Lehrer und ihrer Schützlinge ein. Nicht nur für angehende Pädagogen unserer Tage, sondern auch für Theologen, Philologen und Geschichtswissenschaftler bietet damit die Salzmann-Bibliothek eine schiere Fundgrube für die historische und vergleichende Forschung.
Friedrich-Schiller-Universität
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Criteria of this press release:
History / archaeology, Language / literature, Philosophy / ethics, Religion, Social studies, Teaching / education
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