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01/26/2000 17:10

Ab 1. Februar 2000 ist die 35-Stunden-Woche in Frankreich Gesetz

Claudia Braczko Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Institut Arbeit und Technik

    Bloß auf dem Papier oder mit echten Beschäftigungseffekten? - Institut Arbeit und Technik zu ersten Umsetzungserfahrungen der französischen Arbeitszeitpolitik

    Ab dem 1. Februar 2000 gilt in Frankreich die 35-Stunden-Woche als gesetzliche Arbeitszeit, lediglich Kleinbetrieben mit weniger als 20 Beschäftigten wird noch eine Galgenfrist von zwei Jahren gewährt. Erklärtes Ziel des Gesetzesvorhabens ist es, das Beschäftigungswachstum spürbar zu beschleunigen und Arbeitslosigkeit abzubauen. "Die Aussichten auf Erfolg stehen gut - wenn die Beschäftigten selbst mitmachen", meint der Arbeitszeitforscher Dr. Steffen Lehndorff vom Institut Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen). Mit einem ausgeklügelten System von Belohnungen und Sanktionen sollen mit dem Gesetz die Verhandlungen der Tarifpartner zu Arbeitszeitverkürzung und -flexibilisierung vorangetrieben werden.

    Vom Übergang zur 35-Stunden-Woche erhofft sich die sozialdemokratisch geführte Regierung Frankreichs einen zusätzlichen Beschäftigungszuwachs in der Privatwirtschaft um etwa 700 000 Personen. Ob das mithilfe der 10-prozentigen Arbeitszeitverkürzung gelingen kann, oder ob in der betrieblichen Realität der Effekt verpufft und einfach mehr - vielleicht auch noch unentgeltliche - Überstunden geleistet werden, scheint vielen Skeptikern fraglich. Allerdings hat die französische Arbeitsmarktpolitik mit dem "Policy-Mix von Angebots- und Nachfrageorientierung" in den Vorjahren bereits zu greifen begonnen. 1998 ging erstmals nach langer Zeit die registrierte Arbeitslosigkeit - auf immer noch hohem Niveau - zurück auf 11,7 Prozent gegenüber dem Höchststand von 12,4 im Jahr 1996.

    Zur Vorbereitung der 35-Stunden-Woche wurde ein Fördermechanismus entwickelt, der den Abschluss von Betriebsvereinbarungen, die Arbeitszeitverkürzung mit Neueinstellungen verbinden, durch eine Ermäßigung der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung belohnt. Bereits im Vorfeld des Gesetzes wurden so bis September 1999 für rund 10 Millionen abhängig Beschäftigte Branchentarifverträge über die Umsetzung der 35-Stunden-Woche abgeschlossen. Konkrete Arbeitszeitvereinbarungen auf betrieblicher Ebene gab es für fast zweieinhalb Millionen Beschäftigte, das sind mehr als ein Viertel aller Vollzeitbeschäftigten in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten. In über 50 Prozent aller Unternehmen sind Verhandlungen mittlerweile zumindest in Gang gekommen.

    Vor allem Betriebe mit überdurchschnittlichen Umsatzzuwächsen und hoher Wettbewerbsfähigkeit haben bisher Betriebsvereinbarungen über die 35-Stunden-Woche abgeschlossen. Zwischen einem Drittel und 40 Prozent des rechnerisch möglichen Beschäftigungseffektes wurden zwar durch Produktivitätserhöhungen geschluckt, die von der Arbeitszeitverkürzung selber ausgelöst wurden. Die verbleibende Wirkung wird - im September 1999 - mit insgesamt rund 100 000 zusätzlichen Beschäftigungsverhältnissen beziffert. Immerhin 46 Prozent der neu Eingestellten waren zuvor arbeitslos.

    Das Gesetz, das in wenigen Tagen in Kraft treten wird, baut nicht in erster Linie auf Dirigismus, sondern enthält ein umfangreiches System finanzieller Anreize, Betriebsvereinbarungen über die Umsetzung der 35-Stunden-Woche abzuschließen. Den Unternehmen wird nun eine jährliche Ermäßigung der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung um mindestens 1200 bis maximal 6500 DM pro Beschäftigtem gewährt. In den Betriebsvereinbarungen muss ein konkretes Ziel bezüglich der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen festgeschrieben sein, das auch überprüft wird, außerdem müssen Arbeitszeitsysteme definiert werden, die tatsächlich auf die 35-Stunden-Woche zugeschnitten sein. Um Überstunden zu vermeiden gibt es Zuschläge von 25 Prozent bei mehr als 35 Wochenstunden (50 Prozent bei mehr als 39 Wochenstunden). Auch für die Beschäftigten steigt der Druck, auf Betriebsvereinbarungen hinzuwirken: Ohne solche erhalten sie nämlich nur 15 Prozent Überstundenzuschlag. Die Differenz wird in einen Fonds eingezahlt, aus dem die staatlichen Zuschüsse für die Unternehmen mit Betriebsvereinbarungen finanziert werden.

    Für weitere Fragen steht Ihnen zur Verfügung:
    Dr. Steffen Lehndorff, Durchwahl: 0209 / 1707-146


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    Criteria of this press release:
    Economics / business administration
    transregional, national
    Research results
    German


     

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