Presseinformation
Nr. 19 vom 11. Februar 2000
Viadrina-Völkerrechtler Prof. Theodor Schweisfurth stellte in Öffentlicher Abschiedsvorlesung SBZ-Konfiskationen rechtlich in Frage
In seiner öffentlichen Abschiedsvorlesung von der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) stellte der in den Ruhestand gehende Völkerrechtler Prof. Dr. Theodor Schweisfurth die These auf, dass die Konfiskationen in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) völkerrechtswidrig waren. Eine Besatzungsmacht, die dem zwingenden Verbot der Konfiskation privaten Eigentums entgehenhandele, stehe auf der gleichen Stufe wie ein Pirat, so seine Schlussfolgerung. Thema seines Vortrages war "SBZ-Konfiskationen privaten Eigentums 1945 bis 1949 - völkerrechtliche Analysen und Konsequenzen für das deutsche Recht".
Im einzelnen unterlegte Prof. Schweisfurth seine These in folgenden Schritten:
- Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die "völkerrechtlichen Gesichtspunkte" der SBZ-Konfiskation nie geprüft.
- In den Jahren 1945 - 1949 war die Sowjetunion gegenüber Deutschland an die Haager Landkriegsordnung (HLKO) gebunden.
- Die HLKO enthält menschenrechtsschützende Normen, darunter den Art. 46 (2), dessen allein maßgeblicher authentischer französischer Text (La propiété ne peut pas être confisquée) lautet in deutscher Übersetzung "Das Privateigentum kann nicht konfisziert werden". Das BVerfG hat seiner "Bodenreform"-II-Entscheidung vom April 1996 eine fehlerhafte deutsche Übersetzung zugrundegelegt.
- Die vom BVerfG der sowjetischen Besatzungsmacht zugerechneten Landkonfiskationen ("Bodenreform") und Industriekonfiskationen verstießen gegen Art. 46 (2) HLKO; sie stellten völkerrechtliche Unrechtshandlungen dar.
- Die Wirkung der Konfiskationen bestand nur im Besitzentzug, da es der sowjetischen Besatzungsmacht rechtlich unmöglich war, das Eigentum zu entziehen. Die Konfiskationsbetroffenen waren Eigentümer geblieben und hatten gegenüber der DDR einen Herausgabeanspruch.
- Die Konfiskationsbetroffenen hatten (Eigentümer-)Rechtspositionen, die erst 1990 durch Art. 41 (1) Einigungsvertrag entzogen worden sind. Erst 1990 wurden die Betroffenen zu "Alteigentümern". Der Eigentumsentzug 1990 stellt "gegenwärtiges Unrecht" dar.
- Art. 41 (1) EV und Art. 143 (3) GG sind völkerrechtswidriges Landesrecht, da sie völkerrechtliches Unrecht, das durch Verstoß gegen zwingendes Völkerrecht (Art. 46 (2) HLKO) geschaffen wurde, aufrechterhalten. Die Bundesrepublik Deutschland (der Bundestag) ist völkerrechtlich verpflichtet, dieses völkerrechtswidrige Landesrecht in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht zu bringen.
- Bei Berücksichtigung des Völkerrechts können das "Bodenreform"-Urteil und der BVerfG-Beschluß vom April 1996 nicht aufrechterhalten werden.
- Gestützt auf völkerrechtliche Argumente können neue Verfassungsbeschwerden gegen den Restitutionsausschluss erhoben werden.
Prof. Schweisfurth war einer der ersten ernannten Professoren der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) und hatte den Lehrstuhl für öffentliches Recht, insbesondere ausländisches (osteuropäisches) Verfassungsrecht und Verfassungsvergleich sowie Völkerrecht inne.
Bei Rückfragen:
Tel.: 0335 / 5534 914 - Fax: 0335 / 5534 915
Criteria of this press release:
Law, Politics
transregional, national
Research results
German
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